Die Frauenfrage

Die Ermordung von Frauen, die Massenvergewaltigungen in den Kriegen (Bosnien, Afrika, Stammeskriege, ISIS), ihre Benutzung als Kriegsbeute, lebendiges Begraben der Frauen und gesteinigt werden, das Massenbeschneiden der Frauen durch stumpfe Messer zur Vermeidung der sexuellen Lustempfindung, das Verheiraten junger Frauen an alte Männer gegen Geld, die Ermordung der Frau durch Familienangehörige nach Vergewaltigung, weil ihre Ehre beschmutzt sei, der Verkauf der Frauen auf den Märkten durch grausame ISIS Banden, die Zwangsprostitution und Kinderpornographie als ein großer Sektor, die Psychiatrien, die voller Frauen sind, die in jungen Jahren vergewaltigt wurden, dass überall auf der Welt Frauen psychischer, ökonomischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind, dass sie keinen gleichen Lohn für die gleiche Arbeit bekommen können, dass sie vom sozialen Leben durch die Hausarbeit und das Aufpassen auf die Kinder abgeschnitten werden und ihnen der Zugang zum Recht auf Bildung erschwert wird, dass Männer über ihre Körper entscheiden, dass Kapitalisten ihre Körper als Werbemittel benutzen um ihre Produkte zu verkaufen und dass sie noch vielen weiteren noch nicht aufgezählten Formen von Gewalt zum Opfer fallen, dass ihnen das Recht auf Leben eingeschränkt wird… all dies können wir als Frauen bezeugen, all dies erleben wir selbst.

Die Entstehung der Frauenfrage, die Entstehung von Klassen und Staat

Die Frauenfrage ist zu einem unterschiedlichen Grad an Gewalt und Schwere auf der Welt in jeder Gesellschaft zu erleben. Ihre Entstehung ist weder, wie in der Welt der Männer erklärt, dem biologischen Unterschied zwischen Männern und Frauen, noch dem Zufall geschuldet. Die Unterdrückung und Ausbeutung der Frau ist durch eine klare historische Entwicklung entstanden und dauert bis heute fort. Diese Entwicklung trennte die Menschheit in Unterdrücker und Unterdrückte, die Klassen entstanden auf diese Weise und in der frühen Zeit wurden die ersten Staatsapparate mit der Aufgabe, den unterdrückenden Klassen zu dienen, errichtet.
In der Zeit des Matriarchats, das die Frau wegen ihrer Fruchtbarkeit als heilig empfand, waren Männer und Frauen in jedem Sinne gleichgestellt, es gab keine Ausbeutung, Klassen oder Kriege. Als die matrizentrische Gesellschaft endete, wurde die Gesellschaft in Unterdrücker und Unterdrückte oder in Sklavenhalter und Sklaven aufgeteilt, eine neue historische Epoche begann. Die Frau verlor in dieser Zeit ihren Platz und ihr Ansehen in der Gesellschaft und sie wurde in ihrer Verantwortung darauf beschränkt, Kinder zu gebären, großzuziehen und die Hausarbeit zu erledigen.
Die bis heute überlieferten Mythologien sind einige der wenigen Beweise, die es uns ermöglichen, manche Abschnitte der Geschichte zu kommentieren. Die sumerische Mythologie beinhaltet in diesem Sinne Angaben darüber, wie Hierarchie, Patriarchat und die Versklavung von Männern und Frauen entstanden sind. Sie erzählen von der Verdrängung der Frau aus dem eben, des Verlustes ihres Ansehens und der Vernichtung der weiblichen Elemente im Leben und in der Gesellschaft, der Einordnung der Gesellschaft in weibliche und männliche Identitäten, in die Formen von „Ehefrau und Weib“ und hegemonialem Mann. Der Niedergang der Gesellschaft begann mit dem Sturz der Frau.
Die Gründungslegende von Uruk, das Gilgamesch-Epos, ist die Geschichte, wie die männliche Identität aufhört, eine natürliche Identität zu sein und damit begonnen wird diese als ein zentrales Mittel zu benutzen, damit Männer über andere Männer und Frauen Herrschaft ausüben können und die Gesellschaft unterworfen wird.
Um den „Bergmenschen“ namens „Enkidu“ zu einem Stadtmenschen zu erziehen, wird ihm unter Benutzung der weiblichen Sexualität eine Falle gestellt. Männlichkeit ist nun zur Ideologie geworden, es ist Teil der Herrschaftsideologie, die man Gilgamesch anwenden lässt, Frauen nicht als Menschen, sondern als Objekt, das man zum Vergnügen benutzt, zu sehen. Es wird von Entfremdung vieler Individuen aus den auf der Natur basierenden Stammesgesellschaften, ihrer Entfernung von ihrer freien Existenz, ihrer Versklavung und ihrer Gewöhnung an ein enteignetes Leben, von der Geburt des Staates, der Schaffung der Männerherrschaft im Sinne der Könige und der Objektivierung der Frau erzählt. So kann das Gilgamesch-Epos auch als eine Erzählung von Assimilation oder erste Geschichte von Vertreibung und erzwungenem Verlassen der Dörfer gesehen werden.
Es ist vielleicht auch das erste historische Beispiel der Grausamkeit, wie wir sie heute im Mittleren Osten erleben. Das ISIS-Bewusstsein, das sich heute als ein vergewaltigender Männerimperialismus zeigt, ist die Konkretisierung der am Beispiel von Uruk im Mittleren Osten geschaffenen Männerideologie. In Anbetracht der Tatsache, dass die Menschheit in Unterdrücker und Unterdrückte gespalten worden ist, stellt es keinen Zufall dar, dass die Struktur „Staat“ entstanden ist, um dieses System im Sinne der Herrschenden/Unterdrücker zu bewahren. Staaten sind Institutionen, die dazu dienen, im Sklavensystem die Sklaven, im Feudal-System die Leibeigenen und die arme Landbevölkerung, im kapitalistisch-imperialistischen System die Arbeiter niederzuhalten und, wenn nötig, mit Gewalt zu unterdrücken, um die Herrschaft der unterdrückenden Klassen zu sichern. Die Polizei-, Militär- und Rechtssysteme, die Gefängnisse und Militärstationen der Staaten, stellen eine Fortsetzung dieser Unterdrückung sicher.
Der Sklavenhalterstaat hat den Kauf und Verkauf von Sklaven und ähnliches von Gesetzen abhängig gemacht. Wenn er ein Staat der Unterdrückten, also der Sklaven gewesen wäre, dann hätte er die Aufstände der Sklaven nicht mit Gewalt und Massakern niederwerfen können, er hat überall auch den herrschenden Klassen im Feudalsystem gedient, um von der Dorfbevölkerung unbezahlbare Steuern einzutreiben.
Heute wird auf der ganzen Welt, der 8. März, der Tag der werktätigen Frauen gefeiert. Dieser Tag bezieht sich auf den 8. März 1857, als in einer Textilfabrik in New York 128 Frauen, die für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne streikten, von den Sicherheitskräften des amerikanischen Staates umgebracht, verbrannt wurden. So wurde das Feuer des Widerstands entzündet.

Familie – Staat – Religionen

Das Zeitalter, in dem die Frau und die Heiligkeit der Frau aus den Seiten der Geschichte gerissen wurde, die Klassen entstanden sind und sich die Strukturen des Staates bildeten, entspricht in etwa dem, in dem das System Familie und die monotheistischen Religionen auftraten. Es wird ein Frauenbild vertreten, in dem Eva Adam zur Sünde verführt und zum Grund für die Vertreibung des Mannes aus dem Paradies gemacht wird. In der „heiligen“ Familie spielt die Frau eine passive Rolle. Sie hat keine Rechte, ist eine Gebärmaschine, die auch für das Aufziehen der Kinder verantwortlich und dem Mann zu Dienst und Gehorsam verpflichtet ist.
Das Religions- und Familiensystem spielt in der Vergangenheit wie in der Gegenwart eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Ideologie der herrschenden Klassen der Staaten, durch die den unterdrückten Klassen und insbesondere den Frauen Gehorsam auferlegt wird. Die Religion legt den Unterdrückten nahe, sich gegenüber dem Staat, den Königen, den Herren und den Gesetzen zu beugen und spricht die Unterdrückten folgendermaßen an: „So viel Leid und Schmerz ihr auf der Welt erfahren mögt, wenn ihr geduldig seid, euch nicht dagegen stellt, werdet ihr im Himmel eine ebenso große Belohnung erhalten.“ Wie auch in der Vergangenheit, so erfüllen auch heute die Religionen und das Familiensystem die Rolle eines ideologischen Mittels, um den Unterdrückten und den Frauen Geduld und Unterwerfung zu lehren und sorgen damit für die Fortsetzung des ausbeuterischen Systems.

Die Struktur des Staates der Republik Türkei und die Frauenfrage in der Türkei

„Eine Sprache, eine Nation, eine Fahne und eine Religion“ – die auf diesem Verständnis rassistischer, chauvinistischer, sexistischer und kemalistischer Ideologie gegründete Republik Türkei erkennt das Recht für „Andere“, also Kurden, Griechen, Lasen, Aleviten, Eziden, Armenier, Christen, Assyrer, Frauen und Menschen verschiedener sexueller Orientierung auf Leben nicht an. „Entweder du verleugnest deine Identität und akzeptierst in der Form zu leben, wie ich es vorgesehen habe, oder du hast kein Recht auf diesem Boden zu leben.“ Diese Haltung zeigt sich deutlich in den in der türkischen Geschichte kontinuierlich andauernden Massakern und Angriffen auf die aufgezählten Gesellschaftsgruppen.
Die Herrschaftsideologie des türkischen Staates, ein Mittel der Kompradorenbourgeoisie und der Großgrundbesitzer, um die anderen Klassen (Beamte, Arbeiter, Dorfbevölkerung, Kleinbürger usw.) zu unterdrücken, ist der als faschistisch zu bewertende Kemalismus.
Unter den Menschen, die für ihe Erschießung vor einem Maschinengewehr in einer Reihe aufgestellt wurden, tritt ein alter Mann hervor und ruft zu seinen Henkern: „Ihr werdet uns sowieso töten, tötet zumindest zuerst unsere Frauen und Mädchen und dann die Männer.“ Denn er fragt sich wahrscheinlich: „Was würden sie meiner Frau, meiner Tochter antun, nachdem ich gestorben bin?“
Diese Worte stammen weder aus Hitler-Deutschland noch aus Franco-Spanien, sondern aus dem Dersim-Massaker, das im Jahr 1938 von der angeblich modernen und laizistischen Türkischen Republik begangen wurde.
Sie offenbart ihre faschistische Ideologie, indem sie bei jeder Gelegenheit die Freiheit, Identität, Körper und Arbeitskraft der Frauen angreift. Sie reduziert die Frauen auf ihren Körper und bildet sich ein, durch die Zurschaustellung ihrer Körper sie vom Kampf abhalten zu können. Aus diesem Grund wurden Leichen ermordeter kurdischer Frauen geschändet und auf Internetseiten nackt zur Schau gestellt.
Taybet, eine Frau, die in Kurdistan vor ihrem Haus von einer Kugel getroffen wurde, verblutete. Ihre Leiche blieb eine Woche lang vor ihrem Haus liegen, denn jedes Mal wenn ihre Familie das Haus verließ, um ihr zu helfen, ging ein Kugelhagel los. Krankenwagen wurden an der Einfahrt in den Stadtteil gehindert. Ihre Kinder und ihr Mann mussten eine Woche lang ihr beim Sterben und danach ihrer Leiche zusehen.
Die Mutter eines Jungen, der in Cizre in einem Keller am lebendigen Leibe verbrannt wurde, sagt folgendes: „Mein Sohn war noch Schüler. Er wurde zusammen mit anderen Zivilisten im Keller eines Hauses ermordet. Später nannten sie ihn einen ‚Terroristen‘. Tagelang suchte ich nach seiner Leiche, schließlich wurde sie gefunden. Beamte gaben mir einen Müllsack und sagten, ohne sich zu schämen: ‚Hier, dein Sohn.‘ Es waren die Überreste seines verbrannten Körpers, die sie mir gaben.“
Am Muttertag des Jahres 2016 schenkten sie den Müttern Qualen, Gräueltaten, Tränen und geschändete, verbrannte Leichen ihrer Kinder. Ohne sich zu schämen, gratulierte Recep Tayyip Erdogan im Fernsehen zum Muttertag und trug mit Krokodilstränen in seinen Augen Gedichte über die Heiligkeit der Mutterschaft vor.
Eine 75-jährige kurdische Frau sagte: „Weder türkische Soldaten noch kurdische Guerillakämpfer_innen sollen sterben“ und hielt als menschlicher Schutzschild Wache. Sie wurde wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation in Gewahrsam genommen und verhaftet.
Der Staat betrachtete den Putschversuch im Juli 2016 als eine Chance, um seine Angriffe zu intensivieren, und der Krieg richtete sich nun nicht mehr nur gegen die Kurd_innen, sondern gegen die ganze Opposition. Revolutionär_innen, Demokrat_innen, Sozialist_innen, Feministinnen, also alle oppositionellen Kreise wurde zu „Terrorist_innen“ erklärt und sollen somit ausgeschaltet werden. Vor allem wurde der Angriff auf den Kampf und die erkämpften Rechte der Frauen intensiviert.
Der türkische Staat, der den Ausnahmezustand ausrief, ließ mithilfe von Dekreten die Stadtverwaltungen, die von der HDP und DBP regiert wurden, durch Zwangsverwalter übernehmen. Die Rathäuser wurden von Hunderten Polizist_innen überfallen – natürlich mit dem Ziel, die demokratischen Kanäle der Politik zu blockieren. Die erste Tat der eingesetzten Zwangsverwalter war, die Frauenzentren und -häuser zu schließen und die Antragsformulare für Frauen, die häusliche Gewalt erfahren, zu beschlagnahmen. Die Zentren, die Frauen Bildungsveranstaltungen und Kurse zu vielen verschiedenen Themen anboten, die Werkstätten, die Kindertagesstätten, die muttersprachliche Bildung anboten, die städtischen Theater wurden geschlossen und ihre Mitarbeiter_innen gekündigt oder in andere Abteilungen zwangsversetzt.
Die faschistische, sexistische und patriarchale Ideologie, die sich der Stadtverwaltungen, die gegen Gewalt an Frauen vorgingen und sich um eine aktivere Beteiligung der Frauen am Gesellschafts- und Arbeitsleben bemühten, bemächtigte und die Frauenzentren schloss, führt die Gesellschaft Schritt für Schritt in die Dunkelheit.
Asli Erdogan, die als eine der besten fünfzig Schriftsteller_innen der Zukunft bezeichnet wird und Mitglied des Redaktionsbeirats der Zeitung Özgür Gündem ist, ist nur eine von Hunderten Journalist_innen, Intellektuellen, Akademiker_innen, Wissenschaftler_innen und Künstler_innen, die der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation verdächtigt und festgenommen wurden. Asli Erdogan, die keine Waffe außer ihrem Stift hat, sitzt zur Zeit im Gefängnis. Ihr Grußwort an die Frankfurter Buchmesse, deren diesjähriges Hauptthema Meinungsfreiheit ist, lautet: „Die Literatur besiegt alle Diktatoren!“
Die Türkei ist ein Land, in dem es in der jüngsten Vergangenheit 17.000 in Haft und Verschwundene gab, jeder weiß, dass die Täter der „Morde unbekannter Täter“ das Militär und die Polizei des Staates sind. Die Aussagen einiger Soldaten und Polizisten. die in die schmutzigen Ereignisse dieser Zeit verwickelt waren, bestätigen dies. Jeden Samstag protestieren seit langen Jahren am Galatasaray Platz in Istanbul Frauen in einem friedlichen Sitzstreik, um zu erfahren, wo sich ihre Kinder, ihre Partner befinden oder wenigstens wo ihre Gebeine sind, um ihnen ein Grab errichten zu können. Diese Proteste, der von der Presse und der Bevölkerung „Samstagsmütter“ genannten Gruppe, enden mit Angriffen der Polizei mit Knüppeln und mit Pfefferspray und der Festnahme der Mehrheit der Protestierenden und immer wieder auch ihrer Inhaftierung. Es wurde häufig in der Presse dokumentiert, wie 70-80 Jahre alte Frauen an ihren Haaren über den Boden geschleift, mit Knüppeln verprügelt und festgenommen werden. Eine der wichtigen Figuren bei diesen seit 1995 bis heute andauernden Aktionen ist Mutter Berfo, die ihr Haus seit 33 Jahren nicht neu streichen ließ, damit ihr Sohn (Cemil Kirbayir) es wieder erkennt, wenn er zurückkommt, oder die Tür nicht abschließen konnte, wenn sie rausging, da ihr Sohn Cemil zurück kommen könnte und er nicht vor geschlossener Tür bleiben sollte. Berfo Ana wurde seit dem Verschwinden ihres Sohnes, seit 33 Jahren, vom Staat jeden Tag, jede Sekunde aufs Neue getötet. Ihr letzter Wunsch war es, mit den Gebeinen ihres Sohnes beerdigt zu werden; sie starb ohne dass er erfüllt wurde, am 21. Februar 20I6. Sie überließ den anderen Müttern und Frauen dieses Testament: „Es ist mein Vermächtnis, dass ich, wenn ich sterbe, ohne dass der Ort, an dem mein Cemil begraben ist, gefunden worden ist, nicht begraben werde. Bringt meine Leiche nicht weg, ich möchte mit meinem Sohn auf demselben Friedhof begraben werden.“
In den letzten 6-7 Monaten hat der faschistische Staat der Republik Türkei unter dem Vorwand des „Kampfes gegen den Terror“ einen umfassenden Krieg gegen das kurdische Volk begonnen. Die Funktionärinnen der kurdischen Frauenorganisationen Pakize Nayir, Fatma Uyar, Seve Demir und viele andere Frauenaktivistinnen, die für eine politische friedliche Lösung eintraten, wurden bewusst ausgewählt und ermordet. Danach wurden sie in der Presse als „im Kampf getötete PKK Militante“ dargestellt. Die Aussagen von Augenzeugen und die Autopsieberichte beweisen, dass es sich nicht um einen Kampf gehandelt hat, sondern dass die Frauen aus kurzer Entfernung erschossen worden waren.
Nachdem die Guerillakämpferin Ekin Wan umgebracht worden war, wurde ein Bild ihres gefolterten. nackten Körpers auf der Internetseite der Soldaten der Türkischen Republik gezeigt. Die historische Wut der Männer, die auf dem „Körper einer feindlichen Frau“ mit Armeestiefeln posieren, ist wohl bekannt, so wie der leblose Körper von Zoya Kosmodemyanskaya, die sich trotz aller Folter geweigert hatte, den Nazis gegenüber auszupacken, tagelang aufgehängt am Galgen präsentiert wurde oder die Mirabal-Schwestern, die nachdem sie von den faschistischen Soldaten der Dominikanischen Republik vergewaltigt worden waren, grausam umgebracht worden sind. Die Gier, die Herrschaft über die leblosen Körper der Frauen zu errichten, die sie über die lebenden, Widerstand leistenden Frauen nicht herstellen konnten und die feigen Angriffe auf die Würde der Frauen durch Zurschaustellung ihrer nackten Körper kommen dabei zusammen. Das ist die Botschaft, die die bewaffneten Kräfte des Staates der Republik Türkei abgeben möchten: „Wenn ihr euch gegen uns stellt. werden wir morden, wir werden nicht beim Morden stehen bleiben, wir werden euer Elend, eure nackten Körper zur Schau stellen.“
Die Beispiele die ich hier aufgezählt habe, sind nur ein paar von hunderten, tausenden Beispielen der Frauenfeindlichkeit der Republik Türkei und der Angiffs- und Unterdrückungspolitik gegenüber dem Kampf, den Frauen an Demokratie leisten.

Die ideologischen Mittel des Staates der Republik Türkei und deren Beziehung zur Frauenfrage

Das Ziel des Staates ist, die Herrschaft einer Klasse über die andere zu errichten. Wenn man sich die Form anschaut. so muss die herrschende Klasse die materiellen, ideologischen und politischen Bedingungen für ihre Existenz immer wieder neu produzieren. Darum und um die eigene Ideologie zu verbreiten und eine passende Gesellschaft zu schaffen wurden die entsprechend dienlichen ideologischen Mittel geschaffen. Diese sind die religiöse Ideologie. das Familiensystem, das Bildungssystem, die Welt der Wissenschaft, die Medien, Kunst, Kultur und der Sport.
In der Republik Türkei spielen das Militär, die Polizei und das Rechtssystem eine wichtige Rolle bei der Unterdrückung der Frauen und erfüllen diese Aufgabe nach Kräften und umfassend. Das türkische System setzt diese Aufgabe direkt ideologisch fort. Wo man auch in der türkischen Presse hinsieht, jeden Tag gibt es Berichte von Frauen, die von Männern ermordet werden. Die Mörder erhalten eine Milderung wegen „Provokation“ oder wegen ihrer „guten Haltung vor Gericht“ und bekommen eine viel geringere Strafe als sie verdienen.
Wenn in Fällen von Vergewaltigung die Kleidung der vergewaltigten Frau „nicht den Normen der Gesellschaft entspricht“, also wenn sie den Vergewaltiger provoziert haben soll, dann bekommt der Vergewaltiger eine Strafminderung. Das heißt, Frauen, die kein Kopftuch tragen oder sich nicht im Sinne der reaktionären Mentalität kleiden, werden im Falle einer Belästigung und/oder Vergewaltigung vom Justizsystem des Staates zum Schweigen gebracht, was die Taten auch noch legitimiert. Wenn das vergewaltige Kind oder die Frau einwilligte. den Vergewaltiger zu heiraten, dann war der Vergewaltiger vor Strafe gerettet. Auch wenn die Frau diese Ehe um keinen Preis wollte, sie war gezwungen diese aufgrund gesellschaftlichen und familiären Drucks einzugehen. Obwohl dieses Gesetz annulliert worden ist, so wird gerade über seine Wiedereinführung diskutiert.
Auch an einem anderen in der Presse erschienenen Ereignis ist es möglich, die Sichtweise von Staatsanwälten und Richtern der Republik Türkei auf Frauen zu erkennen. Die Hinterbliebenen einer Frau, die tot aufgefunden wurde und von der behauptet wurde, sie habe Selbstmord begangen, hatten sich an die Staatsanwaltschaft mit dem Hinweis gewandt, dass möglicherweise ein Mord vorläge. Der Richter wies die Untersuchung mit folgenden, beschämenden Sätzen ab:
„Diese Frau ist in einer den türkischen Bräuchen und Sitten nicht passenden Umgebung aufgewachsen, sie hat keine Aufmerksamkeit von ihrer Familie erfahren, hatte eine schwierige Kindheit und eine freie Jugend erlebt. Es wurde festgestellt, dass sie sich oft mit Männern traf, nachts ausging und dabei Alkohol konsumierte. Dass eine Frau, die so lebt, depressiv wird und Selbstmord begeht, ist ganz natürlich. Es ist nicht nötig, eine Morduntersuchung einzuleiten.“ Auch der Widerspruch von Angehörigen und Zeugenaussagen haben diese Entscheidung, die die Frauenfeindlichkeit des Staates widerspiegelt, bedauerlicherweise nicht geändert.
Die Mehrheit der Frauen, die mitten auf der Straße von ihrem Partner, ihrem Freund oder ihren männlichen Verwandten umgebracht werden, haben sich vor ihrer Ermordung an die Polizei oder die Staatsanwaltschaft gewandt und berichtet, dass sie bedroht werden. Dennoch wurde nichts unternommen, sondern sie sehenden Auges dem Tod überlassen, solche Nachrichten finden sich täglich in allen Zeitungen.
Das patriarchal eingestellte Justizsystem der Republik Türkei nutzt seine Macht dazu aus, die Vergewaltiger und Frauenmörder zu schützen oder ihnen die geringsten Strafen zu geben. Seine Gerichte, Staatsanwälte und Richter benutzen gleichzeitig ihre „guten Absichten“ mit Sicherheit nicht, wenn Frauen vor Gericht stehen. Wie bei der Nevin Yildirim, die unter Waffengewalt entführt und tagelang gefoltert und vergewaltigt worden war und ihren Peiniger tötete, und auch bei Cilem Dogan‚ die von ihrem Ehemann jahrelang Unterdrückung, Gewalt und Folter erfahren hatte und ihn tötete, nachdem er sie unter Androhung von Waffengewalt zur Prostitution zwingen wollte. Nevin Yildirim wurde zu lebenslang, Cilem Dogan zu 15 Jahren Haft verurteilt.
In der Türkei, in der unterschiedliche sexuelle Orientierungen, wie Homo- und Transsexualität als „Perversion“ und als zu behandelnde Krankheit angesehen werden, werden insbesondere Transsexuelle aus der Gesellschaft ausgegrenzt. Sie können keine Arbeit finden und werden so zur Prostitution gezwungen. Diese Personen, die über keinerlei Sicherheit verfügen, werden von Männern entführt und erleben Gewalt und Vergewaltigung oder werden auch ermordet. Die staatlichen Institutionen schließen die Fälle ungelöst ab und führen keine Morduntersuchungen durch, die Täter werden nicht gefasst. Gleichwohl sind diejenigen, die unter dem Verdacht der Prostitution festgenommen werden, Beleidigungen, Gewalt, Folter und auch Vergewaltigung durch Polizisten ausgesetzt.
Bis hierher habe ich versucht, anhand der Methoden des Staatsapparates der Republik Türkei, seinen bewaffneten Kräften, seinem Justizsystem, seinen Gesetzen und seinen Gerichten dessen patriarchales Bewusstsein und seine Frauenfeindlichkeit mit seiner Politik und seiner Praxis beispielhaft deutlich zu machen.

Das Familien- und Erziehungswesen als ideologisches Mittel der Republik Türkei

Eines der wichtigsten ideologischen Mittel, mit denen der faschistische, patriarchale Staat der Republik Türkei die Gesellschaftlichkeit der Frau unter seine Kontrolle bringt und sie unterdrückt, ist das Erziehungs- und Familiensystem.
Fast täglich wird Weiblichkeit und die traditionelle Frauenrolle angesprochen und in diesem Sinne durch „heilige“ Codes wie Mutterschaft, Nation und Vaterland konsolidiert Die Frauen, die die Macht haben, die Gesellschaft zu verändern, werden einerseits auf jede nur erdenkliche An und Weise zu Opfern von Unterdrückung und Gewalt oder es wird andererseits versucht, sie durch die Aufwertung mit Begriffen wie „heilige Familie“ oder „ehrenwert“ in der Familie, zwischen den vier Wänden der Wohnung gefangen zu halten. Das bedeutet, dass die Kräfte, die die Gesellschaft verändern können, somit verhindert werden und gleichzeitig die einengenden, traditionellen Familienrollen konsolidiert werden. So wird mittels einer beispiellosen Medienpropaganda versucht, Manchen dazu zu bringen, den großen Lügen der Staatsideologie zu glauben.
Die Gesellschaft, die dieser Schieflage, diesen Lügen ausgesetzt wird und keine andere Wahl hat, als diese Lügen zu glauben und sie immer wieder zu wiederholen, wird zum Mitschuldigen all dieser Verbrechen gemacht. Der Staat übt seine Gewalt gegen Frauen entweder direkt oder durch des Familiensystem, das Bildungssystem und über Männer aus, indem er Gewalt gegenüber Frauen legitimiert Die Statistiken für die Türkei über Gewalt gegen Frauen zeigen die gravierende Lage.
Ich sage jetzt noch einen Satz. der nicht aufgeschrieben ist und den Sie in der Übersetzung nicht finden. Nach den Angaben des statistischen Amtes der Republik Türkei aus dem Jahre 2008 erfahren 39.3 Prozent der Frauen in der Türkei durch ihre Ehemänner und 17‚8 Prozent der Frauen von Männern, die nicht ihre Ehemänner sind, physische Gewalt. Diese Zahlen geben nur die Fakten an, die offiziell festgehalten sind. In einer Umgebung, in der Staatsgewalt gegenüber Frauen ständig zunimmt, liegt es auf der Hand, dass die realen Zahlen deutlich höher liegen, als die hier genannten.
Wenn man die Ideologie des Herrschaftssystems der Republik Türkei richtig begreifen möchte, darf man den historischen Kontext nicht außer Acht lassen. In Zeiten, in denen die Gesellschaft oder insbesondere die Frauen opponieren und Widerstand leisten würden in Zeiten von ökonomischen oder politischen Krisen und Kriegen) wird durch verschiedene Formen von Propaganda- und Manipulationsmittel der Faschismus gefördert. Den Massen, deren eigentliche Werte man zu zerstören versucht, werden der Nationalismus, der Sexismus und der „heiligen Frau in der heiligen Familie“ nahegebracht. Das Italien Mussolinis, Hitler-Deutschland und auch die heutige Türkei bauen auf einer sexistischen Geschlechterpolitik gegenüber der Frau auf. Die Frau, die die niedrigste Stellung in der Gesellschaft einnimmt, wird zum Objekt der Propaganda und von der Gesellschaft abstrahiert zur Mutter des Vaterlandes gemacht.
Sätze des türkischen Staatspräsidenten Erdogan wie: „Wir werden unsere Nachkommen vermehren, unsere Nation vergrößern. Familienplanung und Verhütung sind mit einem muslimischen Familienverständnis unvereinbar“ oder „Eine Frau, welche die Mutterschaft ablehnt, welche es unterlässt den Haushalt zu machen, ist – wie erfolgreich sie auch immer im Beruf sein mag – nur ein halber Mensch, ihr fehlt etwas“ gleichen dem faschistischen Denken Hitlers wenn er sagte „Macht Kinder für den Führer“. Erdogan, der sich vor den Frauen, die immer als erste bei gesellschaftlichen Auseinandersetzungen reagieren, die am organisiertesten sind und ihre Stimme erheben, fürchtet, greift in jeder seiner Reden die Frauen an, indem er sie daran erinnert, dass es ihre vaterländische Pflicht sei, Kinder zu bekommen und indem er jedes Mal die Intensität seiner Angriffe auf den Körper, die Identität und den Willen der Frau steigert. Es ist vorgesehen, diese Diskurse in Gesetze zu gießen. Aus diesem Grund wird ein Gesetzentwurf vorbereitet, der vorsieht, dass jungen Frauen, die studieren – gerade in ihrer schöpferischsten Phase und ohne fertig studiert zu haben – heiraten, die Kredite für Studiengebühren erlassen werden sollen. Es wird dabei darauf abgezielt, dass durch die Entfernung der Frau aus dem öffentlichen Leben und dem Arbeitsleben das Problem der Arbeitslosigkeit vermindert wird. So wird ebenfalls an einem Gesetzesentwurf gearbeitet, nach dem arbeitende Frauen je nach Anzahl ihrer Kinder in den Vorruhestand gehen sollen.
Der Vorstand der Familie ist der Vater. Er trifft die Entscheidungen über seine Partnerin und seine Kinder, übt Druck aus und sorgt finanziell für den Haushalt. Die Mutter, deren Entscheidungen nichts zählen und die für das Aufziehen der Kinder und die Hausarbeit verantwortlich ist, kann nicht am Arbeitsleben teilnehmen, oder wenn doch, dann als Teilzeitkraft oder in Arbeiten ohne Sicherheit. Sie wird vom Sozialleben ferngehalten und ist ökonomisch abhängig, sie ist zu einem Leben zwischen den vier Wänden der Wohnung verurteilt. Diese „ideale“ Familienstruktur wird auch an den Schulen gelehrt. Auch in den Büchern der Grundschule wird die Familie so dargestellt. Die Mutter in der Küche kocht das Essen, wäscht das Geschirr, während der Vater entspannt auf dem Sofa sitzt und seine Zeitung oder sein Buch liest. Die Grundlagen der Erziehung und Bildung werden an der Grundschule gelegt und das Bild der Mutterschaft-Weiblichkeits- und der Männlichkeit-Vaterschafts-Rollen, die „ideale Familie“, auf diese Weise den Kindern oktroyiert.
Diese ökonomisch abhängige Frau, der schon von Kindheit an beigebracht worden ist, im Vergleich zu ihrem Partner passiv, ohne Selbstvertrauen und voller Angst nein zu sagen, zu sein und die sich nicht gegen dieses Unrecht stellt, ist dazu verurteilt, zwischen den vier Wänden der „heiligen Familie“ zu leben. Zu einem festen Bestandteil ihres Lebens wird zusätzlich zur ökonomischen, die physische, sexuelle und psychische Gewalt. Schon in den Kinderjahren wird damit begonnen, den Mädchen die gesellschaftlichen Geschlechterrollen aufzuzwingen. Sie müssen ab 4-5 Jahren „manierlich-schamhaft und fügsam“ sein und werden, um „ideale Frauen“ zu werden, in der Schulbildung auf die Hausarbeit ausgerichtet. In ländlichen Gebieten wird den Mädchen nach dem Ende der obligatorischen Grundschule verweigert, weiter in die Schule zu gehen. Eine der tragischsten Begebenheiten, die hier stattfinden, ist die Verheiratung von jungen Mädchen. Insbesondere Töchter von armen Familien werden schon im Alter von 12-13 Jahren gegen Brautgeld zwangsverheiratet oder besser gesagt, verkauft. Obwohl die Praxis dieser Zahlung, die als Brautgeld bezeichnet wird, und von der Familie des Mannes aufgebracht wird, sehr weit verbreitet ist und obwohl dies den staatlichen Stellen bekannt ist, wird hiergegen keinerlei Maßnahme unternommen. Die Mädchen, die sich gegen diese Situation wehren, werden zu Opfern von sog. Ehrenmorden, das heißt sie werden von ihren eigenen Familienangehörigen umgebracht. Diese Taten werden zum großen Teil als Selbstmorde verschleiert und die Untersuchungen eingestellt. Auch Vorfälle, von denen man denkt, dass es sich um Morde handelt, werden nicht emsthaft untersucht.
Das Justiz- und Staatssystem der Türkei, das Frauen, die an Demonstrationen teilnehmen und ihre ökonomischen und demokratischen Forderungen kundtun, verfolgt und unter dem Vorwurf „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ inhaftiert und mit Höchststrafen belegt, beherrscht es meisterhaft, Frauenmorde zu verschleiern oder wenn die Täter mal erwischt werden, sie mit Minimalstrafen davonkommen zu lassen.
Das heterosexistische Bewusstsein, die sexistischen Diskurse, die Zweitklassierung der Frau, ihre Abhängigkeit vom Mann, ihre Verpflichtung zum Gehorsam ihm gegenüber, sind die „wichtigsten“ und „grundlegendsten“ Informationen, die die Familien ihren Töchtern vermitteln. Was auch immer dem zu verheiratenden Mädchen zustoßen mag, ihr wird gelehrt, nichts gegen das Wort des Ehemanns zu sagen, auch der Sachverhalt der Scheidung kann nicht mit den türkischen Gesellschaftstraditionen in Einklang gebracht werden; das Mädchen verlässt als Braut das Haus „rein, ehrenhaft und jungfräulich“, aber kann nur im Leichentuch dorthin zurückkehren. Also auch wenn sie von ihrem Mann Gewalt erfährt, gibt es keine Möglichkeit der Trennung, zur Rückkehr ins Haus des Vaters. Frauen, welche diese Absicht haben, werden wiederum zu Opfern von Morden. Viele Frauen, die in der Ehe Gewalt erleben und nicht die Möglichkeit oder die Stärke zur Trennung besitzen, wählen als Ausweg den Suizid.
Eine der bezeichnendsten Codes, die die patriarchale Gesellschaft gegenüber Frauen benutzt, ist der Begriff der „Ehre“. Der Platz der Frau in der Gesellschaft wird zwischen ihre Beine gepresst und als Jungfräulichkeit bezeichnet. Frauen, die ihre Jungfräulichkeit vor ihrer Ehe verlieren – auch wenn es Folge einer Vergewaltigung ist – sind nun ehrlos und haben jegliche Art von Gewalt und den Tod verdient. Damit sei nicht nur ihre eigene Ehre. sondern auch die Ehre der Familie beschmutzt. Leider werden immer noch viele vergewaltigte Frauen von ihren eigenen Angehörigen ermordet. Die Ehre der Frau wird von den Männern geschützt und wenn man einen Mann verletzen will, braucht man “nur“ seine Mutter, Schwester oder Tochter anzugreifen.
Das wichtigste Mittel. das eine Gesellschaft hat. um die Ehre der Männer anzugreifen, ist es die Frauen der Gesellschaft zu vergewaltigen. In Kriegen verübte Massenvergewaltigungen stellen eine, auf die Körper der Frauen angewandte, Kriegsstrategie dar, die Frauen sind die Beute des Krieges. Ein Beispiel dafür ist der IS bei seinem Angriff auf Sengal im Jahre 2013. 5.000 Frauen wurden entführt und vergewaltigt, auf Märkten verkauft. Diese Bilder der Schande mussten wir auch im Krieg in Bosnien und in vielen Ländern Afrikas mitansehen.
Die Haltung, die Frauen als Gebärmaschinen betrachtet. zeigt sich im Familiensystem auch in der Verachtung, die Frauen entgegen gebracht wird, die keine Kinder bekommen können. Sie erleben Gewalt oder der Mann nimmt sich eine Zweitfrau. (Die Eheschließung mit der Zweitfrau ist in der Regel nicht standesamtlich offiziell, sondern findet als religiöse Eheschließung vor dem lmam statt.) Die Frau, die keine Möglichkeit hat sich zu trennen, ist zu diesem würdelosen Leben verurteilt. Eine wichtige Ursache für die fortgesetzte Zeugung von Kindern ist die Bedeutung, die männlichen Kindern zugewiesen wird. Frauen, die keinen Jungen zur Welt bringen, kann wiederum oben genanntes zustoßen. Bis sie einen Jungen zur Welt bekommen, werden sie gezwungen, 8-10 Geburten zu machen. Die Namen, die den neugeborenen Mädchen gegeben werden, reflektieren die Situation. Namen wie „Es reicht, Mädchen es reicht, oder Genug“ erinnern diejenigen, die diese Namen tragen, ein Leben lang daran, welchen „Wert“ und welche „Bedeutung“ ihnen ihre Familie beimisst. Es ist offensichtlich, wie es um das Selbstvertrauen und die Selbstliebe von Mädchen steht, die mit dieser Psychologie ihr Leben begonnen haben.
Eine weitere Haltung, die in Familien und Gesellschaft besteht: Frauen. die sich getrennt haben oder deren Partner gestorben ist, negativ zu betrachten, dient dazu, zu verhindern. dass sich die Frauen, denen die Abhängigkeit vom Mann und der Gehorsam ihm gegenüber beigebracht worden ist, sich von den Männern trennen. Insbesondere die Frau, die sich getrennt hat, kann nicht positiv betrachtet werden, da sie keinen Mann über sich hat. Jungen Mädchen wird verboten, sich mit ihnen zu treffen; sie werden traditionell aus der Gesellschaft ausgegrenzt. „Alleinstehende“ haben nicht die Möglichkeit sich so zu bewegen, wie die anderen verheirateten Frauen. Frauen, die sich getrennt haben und damit nicht unter der Obhut eines Mannes stehen, der ihre „Ehre“ schützt, können von Männern belästigt werden, auch wenn sie sich einvernehmlich mit dem Partner getrennt haben. Die dahinter stehende gesellschaftliche Haltung, dass die Frauen die „heilige Familie“ zerstört hätten und keinen Mann wollten, der ihre „Ehre“ beschützt und sie damit keine „respektablen, ehrbaren“ Frauen mehr seien, legitimiert Belästigung und Vergewaltigung. Bedauerlicherweise trifft diese Situation auch auf Frauen, deren Mann gestorben ist, oder die verlassen worden sind, zu. Insbesondere Frauen in jungen Jahren werden von ihren Familien mit viel älteren Männern verheiratet, die sie auf diese Weise der Obhut eines Mannes übergeben, der ihre „Ehre“ schützen soll. Die in der Gesellschaft, insbesondere in ländlichen Gebieten, überhaupt nicht seltenen Ereignisse verursachen, dass Frauen die ihnen angetane Gewalt – so schlimm sie auch sein mag – als ihre „Schicksale“ ertragen, um nicht das Etikett einer „alleinstehenden“ Frau zu erhalten. Sie möchten all diese Schwierigkeiten nicht selbst erleben oder im Falle eines Trennungswunsches nicht den Kugeln oder Messerstichen des Ehemanns zum Opfer fallen. Damit das gesellschaftliche System der Geschlechter und der gesellschaftlichen Rolle der Frau, das wir anhand obiger Beispiele zu erläutern versucht haben, und die Ausbeutung der Frau fortdauert, wird das patriarchale System von allen Institutionen des Staates unterstützt. Auch wenn die Kämpfe von revolutionär-demokratischen, feministischen Frauenorganisationen einige Korrekturen von Gesetzen hervorgebracht haben, so hat sich das Wesen der Mentalität nicht verändert. Diese Art von Herrschaftsausübung wird von Verantwortlichen des Staates und der Regierung bei jeder Gelegenheit zum Ausdruck gebracht Es wird versucht, „die gesellschaftliche Geschlechter- und Frauenrolle“ mit den Mitteln der Ideologie des Staates der Türkischen Republik der Gesellschaft zu diktieren. Die Worte, die der Parlamentspräsident in einer Rede gebrauchte „Schwangere Frauen sollten nicht auf die Straße gehen“, „Anständige Frauen lachen nicht laut“ oder die Äußerung eines Regierungsabgeordneten während einer Parlamentsdebatte „Du solltest als eine Frau schweigen“ und auch die Aussage des Republikspräsidenten Erdogan „Frauen sollen drei Kinder auf die Welt bringen“ stellen bezeichnende Beispiele des Diskurses bezüglich dieses Themas dar. Es wird der Gesellschaft vorgeschrieben, wie eine „anständige“ Frau zu sein hat; es werden Lehren erteilt, wie Frauen zu lachen haben. Das Recht der Bestimmung der Frauen über ihren Körper wird mit der Feststellung, wie viele Kinder sie zu bekommen haben, angegriffen. Die Machthaber sehen sich selbst als befugt an, über den Körper der Frau zu entscheiden.

Die religiöse Ideologie als ideologisches Mittel in der Republik Türkei

Eines der ideologischen Mittel, die die gesellschaftliche Rolle der Frau definieren, ist die Praktizierung der Religion des Islam.
Die Frau, die als Verführerin des Mannes zur Sünde dargestellt wird, muss unbedingt verschleiert werden; ihr Körper, ihre Haare, ihre Stimme und was auch immer sonst noch zur Frau gehört, mit zur Sünde auf. So ist es verdächtig, wenn sich Frauen in der Gegenwart von Männern befinden; sie müssen im Haus eingeschlossen werden und auf der Straße von Oben bis Unten verhüllt werden, ihre Stimme darf nicht zu hören sein. Die Reinheit eines jeden Mannes wird zerstört, wenn er eine Frau mit unverschleiertem Haupt sieht, ihre Stimme hört, sie berührt oder sie ihm die Hand schüttelt; dieser Mann muss sich unbedingt waschen, reinigen und rituell säubern.
„Der Himmel liegt unter den Füßen der Mütter“ ist ein Sprichwort, das sich der Islam zu eigen gemacht hat. Andererseits wird der natürliche, heilige Ausdruck von Mutterschaft, den die Natur der Mutter, der Frau gegeben hat und seine damit zusammenhängenden körperlichen Prozesse verflucht. Eine Frau, die ihre Regel hat, wird als „schmutzig“ betrachtet; sie darf nicht die Regeln des Islam befolgen. also nicht fasten, nicht beten, nicht in die Moschee gehen, keinen Koran in die Hand nehmen oder ihn lesen.
Die Frau ist in jeder Beziehung dazu verpflichtet, ihrem Partner zu gehorchen. Dem Ehemann zu widersprechen ist im islamischen Glauben Sünde. Die Frau ist damit belastet, die sexuellen Bedürfnisse des Ehemannes bedingungslos umsetzen zu müssen und es ist ihr verboten, Verhütungsmittel zu benutzen. So bleibt der in jungem Alter verheirateten Frau nichts anderes übrig, auch gegen ihren Willen viele Geburten zu erleben. Es sind sehr häufig gesundheitliche Probleme und Krankheiten zu beobachten, da Frauen – bevor ihre körperliche Entwicklung abgeschlossen ist – im Kindesalter immer wieder schwanger werden und Kinder bekommen. Aber in der islamischen Religion gibt es auch dafür ein Rezept. Der Ehemann einer Frau, welche ihre Gesundheit verloren hat, die nicht mehr ihre „Aufgaben“ erfüllen kann, die „verfault‘ ist, hat das Recht, mehr als eine Frau zu heiraten. Auch wenn Vielehelichkeit laut Gesetz verboten ist, so ist dies dennoch vor allem in ländlichen Gebieten immer noch Praxis und von Seiten der staalichen Institutionen wird nichts dagegen unternommen.

Die Probleme der in Europa lebenden Migrantinnen:

Wenn man das eigene Heim, die eigene Stadt, seine Bekannten, alles und jeden was man kennt, aus welchem Grund auch immer hinter sich lassen muss, um in ein fremdes Land zu emigrieren und in diesem Land, in dem einem alles fremd ist, dessen Sprache man nicht beherrscht, wird dies alleine schon von Psychiatern und Psychologen als Trauma für Betroffene bezeichnet. Wenn der Migrationsgrund Krieg, Massaker, Folter, Vertreibung, also die Bedrohung des Lebens und damit eine Flucht vor dem Tod, Vergewaltigung und Unterdrückung und Gräuel war, dann hat das Trauma schon vor der Migration begonnen und sich auf den Fluchtrouten wenn man es ohne in den Fluten des Mittelmeers, der Ägäis begraben worden zu sein nach Europa geschafft hat – noch weiter vertieft. Unter diesen Bedingungen beginnen sie in ungleicher Ausgangslage darum zu kämpfen, ein neues Leben aufzubauen. Es wäre nicht richtig, damit das Thema zu schließen ohne zu erwähnen, dass die zweifache historische Unterdrückung der Frau – als Klasse und als Geschlecht –, welche wir vorher herauszustellen versucht haben, sich im neuen Land in eine dreifache verwandelt. Migranten und insbesondere migrantische Frauen werden durch die Angst, die die fremde Umgebung hervorruft und aus Sorge, ihre Identität und Kultur zu verlieren, in ein nach innen gewendetes Leben gedrängt, bringt Nachteile beim Lernen der Sprache des neuen Landes, dem Kennenlernen der Kultur und der Teilnahme am sozialen Leben hervor. Die Integrationspolitik, die ohne Analyse dieser Tatsachen geformt wurde, die Diskurse, welche von falschen Erwartungen, ungerechtfertigten Kritiken und Fremdenfeindlichkeit getragen werden, die Islamophobie und die sich in der letzten Zeit ausweitende Gewalt gegenüber MigrantInnen und Flüchtlingen vertiefen dieses introvertierte Leben. Die Errungenschaften der Kämpfe. die seit langen Jahren in Europa für die Gleichberechtigung von Mann und Frau geführt werden, könnten ein Faktor dafür sein, die Integration migrantischer Frauen in Europa zu erleichtern. Aber für Frauen aus Ländern wie der Türkei, in denen der Frau zugeschrieben wird, Menschen zweiter Klasse zu sein, und für Frauen aus Ländern mit fatal strukturierten Familiensystemen gibt es kaum eine Möglichkeit, von diesen relativen Vorteilen zu profitieren. Zur Fortsetzung der traditionellen Familienstruktur in Europa werden die Kinder der Familien mit den Kindern von Verwandten, Partnern oder Freunden in der Türkei verheiratet. Die Frau, deren Aufgabe damit Kinder zu machen. diese aufzuziehen und die Hausarbeiten zu erledigen, umrissen wird, hat nur eine sehr geringe Chance, eine Arbeit zu finden. Dies wird auch durch Sprachbarrieren erschwert. Frauen, die die Sprache nicht können und bildungsfern sind, bleiben im Arbeitsleben benachteiligt. Sie sind dazu verurteilt, zu den geringsten Löhne unangenehme, schwere Arbeiten und flexible, saisonale und Leiharbeit zu erledigen. In Deutschland, wo Frauen 24% weniger Lohn als Männer erhalten. ist die Ausbeutung der migrantischen Frauen noch prekärer. Flexible Arbeit und Leiharbeit stellen die größten Hindernisse für eine gewerkschaftliche Aktivität dar. Trotz der doppelten Ausbeutung der Frauen werden ihnen ihre Möglichkeiten für ihre ökonomischen, demokratischen und sozialen Rechte zu kämpfen genommen. Die Mehrheit der ersten Generation von Migrantlnnen, die in den 50er und 60er Jahren nach Deutschland gekommen ist und gemeinsam mit ihren deutschen Arbeiterbrüdern 30-40 Jahre die schwersten Arbeiten ausgeführt und damit entscheidend zur Entwicklung Deutschlands beigetragen haben, ist mittlerweile alt geworden und viele sind pflegebedürftig. Aufgrund der Sprachprobleme fühlen sie sich in den Altersheimen nicht wohl und die Pflege dieser Senioren wird den Frauen, den Kindern oder den Freunden übertragen. Die Aufgabe des „Sozialstaates“ wird bedauerlicherweise wieder den Frauen aufgeladen. Dies verhindert entweder die Beteiligung der migrantischen Frauen am Arbeitsleben oder zwingt sie, in Teilzeit zu arbeiten.
Es ist eine unstrittige Tatsache, dass die migrantischen Frauen, die zu Hause und noch mehr am Arbeitsplatz ausgebeutet werden, ökonomisch von ihren Partnern abhängig sind. Wenn die Frage bzgl. diesen zwischen dem traditionellen Familienumfeld und dem Arbeitsplatz eingezwängten Frauen aufkommt, „Warum haben Sie, wo Sie doch lange Jahre in Deutschland sind, kein Deutsch gelernt“, ist es offensichtlich, wie weit diese Frage von der Realität entfernt ist und, dass häufig dahinter ein vorurteilsbeladener Blickwinkel steht.
Die migrantischen Frauen, die Sprachprobleme haben, können insgesamt nicht von den sozialen Institutionen profitieren. Die Frauen aus der östlichen Gesellschaft, welche ihre psychologischen Beschwerden, ihre Gefühle mit der Sprache des Körpers, mit Schmerzen ausdrücken, werden von den Ärzten nicht ausreichend verstanden; sie übersehen die traumatischen Ereignisse hinter den Schmerzen und den körperlichen Klagen und psychische Krankheiten, wie Depressionen. Damit werden diese Frauen zu Opfern von falscher Diagnose und Behandlung.
Dass die europäische und angloamerikanische wissenschaftliche Welt die Wertvorstellungen, Umgangsformen und Kulturen anderer Gesellschaften insbesondere bei der Systematisierung der Diagnosekriterien zu psychologischen Diagnosen nicht einbezieht, führt dazu, andere Handlungsweisen als unnormal und krank zu bewerten. Migration ist fast so alt wie die Menschheitsgeschichte. Solange wie das heutige kapitalistisch-imperialistische System und die Kriege, die Massaker, der Hunger, die Armut, die Ausbeutung und Unterdrückung weiterbestehen, wird die Flucht andauern. Es gibt nichts natürlicheres, als dass Menschen vor dem Tod und Vergewaltigung fliehen. Migrantlnnen werden zu Unrecht kritisiert, sie würden sich nicht integrieren, ihr Glaube, die Werte und die Kultur werden angegriffen und es werden Diskussionen geführt wie, ob der Islam zu Europa passe oder nicht. Anstatt die Zahl der Flüchtlinge zu begrenzen, die Abschiebungsbedingungen zu erleichtern, zwischen den Ländern Mauern zu bauen, Barrieren zu errichten, Menschen, die aus faschistischen Staaten, in denen die Mädchen systematisch beschnitten, Frauen durch Steinigung getötet werden und Massenvergewaltigungen erleben müssen, geflohen sind, sehenden Auges in die Unterdrückung und die Folter zurück zu schicken, wäre es viel richtiger, die Flucht dadurch aufzuhalten, indem man die Kriege und Armut beendet.
Dass eine solche Erwartung an die Staaten, die die herrschenden Klassen schützen, nicht realistisch ist, wird an der Tatsache deutlich, dass Waffenexporte durch an Krieg und Massakern profitierende Kapitalisten in Länder, die die grausame Vergewaltigerbande ISIS, die den Mittleren Osten in ein Blutbad verwandelt hat, am meisten unterstützen, wie Katar und die Türkei, in den Jahren 2015-2016 gestiegen sind. Mit der Türkei, die in Türkisch-Kurdistan einen schmutzigen Krieg führt, die Zivilbevölkerung mit Panzern und Flugzeugen bombardiert, mit chemischen Waffen Massaker begeht und Häuser und Arbeitsplätze niederbrennt und niederreißt, an einem Tisch zu sitzen und einen Deal über Flüchtlinge zu schließen, bedeutet vor dieser Grausamkeit die Augen zu verschließen, Komplize in diesem Krieg zu werden und nicht wahrzunehmen, dass damit die Flucht nach Europa in noch viel größerem Maße steigen wird.