lieber ….
danke für die briefmarken immer, danke für deine solidarität.
ich sitze hier abends nach einschluss im loch und will noch für das gi schreiben. heute war es wieder soweit: die injektion (Depotspritze Red.) war fällig. die tage hier sind sehr lang und ich verfluche staat und knast. der laden „forensik 1“ ist die hölle. hohe dosis arznei und hoher wirkstoff der injektion. der neue anstaltsleiter verhält sich passiv. ich bin noch in haus 2 in einer einzelzelle. das heiße wasser läuft. das fenster und das licht kann ich selber regeln.
in bayern im knast wird um 22 uhr das radio in der wand abgedreht. da liegst du dann im dunkeln. als ich 85 in der alten jva in kempten saß, wurde das licht und das radio um 22 uhr ausgemacht. alle hatten mitbekommen, dass ich bei der demo in nesselwang gefangen wurde und keiner schlug mich während des hofgangs. als ich dann aufhörte zu essen, legte man mich wegen suizidgefahr mit zwei männern zusammen in eine dreier zelle, wo ich das obere bett bezog. es waren aber zwei schweine. nachts zogen sie mich aus dem bett, sodass ich mit dem kopf runter knallte und sich ein hirnödem bildete. ich wurde in das örtliche krankenhaus auf die intensivstation verlegt. ich stand in der intensivstation auf, zog meine kleidung an und verließ das hospital. dann, am bahnhof in kempten, verhaftete mich eine streife und brachte mich zurück zur jva. dort sperrten sie mich aber nicht ein, sondern ich bekam 50 DM und wurde wieder weggeschickt. die 50 DM waren durch ein loch in der hosentasche ein opfer für die strasse. ich verlor das entlassungsgeld.
1985 war das. auf dienstflucht vor dem zivildienst. ich war totalverweigerer, kommunist, anarchist, ein „reisender gewalttäter“, wie es die presse nannte.
ich bin seit 1979 bei der bewegung. 1984 ging ich auf flucht vor der bundeswehr nach kolumbien. ich arbeitete dort auf mehreren bananenfincas und bekam, als junger europäer, zusammen mit dem ingenieur der finca, unterkunft. die leute dort sind/waren sehr arm. Ich hatte die trikont ideologie, also ich wusste, was metropole und peripherie waren.
ich war china orientiert und fand den kbw und albanien gut. ich hatte mao als vorbild und die freiheit. also sympathisierte ich mit dem anc und der raf. die sache nahm ihren lauf – wer den kampf gegen das kapital aufnimmt kann dabei gewinnen oder verlieren. wer den kampf nicht aufnimmt, hat schon verloren.
um noch mal auf das thema anarchie zu kommen: ich finde mao auch als vorbild und das ist auch heute noch so 2022. moa war ein harter, zäher bursche und hat mir mit dem langen marsch imponiert. ich war mehr peking, als moskau orientiert. im konzept stadtguerilla, das papier der raf-gründer, sind so einige dinge von mao.
der lange marsch durch die institutionen den rudi dutschke propagierte und den viele der 68er dann ja auch machten. darum die berufsverbote. die berufsverbote waren ja ein einschnitt in die grundwerte und beschneidung der human rights. der staat duldet keinen widerstand, der den staat stürzt. che guevara sagte: wo wir stark sind, greifen wir an. wo wir schwach sind, ziehen wir uns zurück.
das ist die guerillataktik, die die partisanen gegen hitler machten und die guerilla wie sendero luminoso und die farc machen.
35 jahre knast sind mord. ich kann nicht mehr und es ist damit zu rechnen, dass es nicht beim armbruch bleibt, sondern das ich umkomme. man darf im knast nicht krank werden.
briefe und karten heben die stimmung, drum schreibt.
ich bin gefangen und sterbe mit jedem weiteren tag ein bisschen mehr. ich will raus. ich bin revolutionär und kämpfe bis zum tod. ein klein beigeben oder selbstaufgabe meiner idole wie kropotkin, durruti oder che guevara, kommt für mich nicht in frage.
ich habe vor, zum fit halten, nun das lateinstudium zu besuchen und hoffe, dass die mauern der knäste fallen und la paz und anarchie und freiheit sind.
eine zusammenarbeit mit den justizorganen kommt für mich nicht in frage.
anna und arthur haltens maul.
ich finde es jetzt, 2022, wichtig weiter das info zu lesen. ich hoffe, dass das info weiter besteht. ich will gesund bleiben, denn krank ist alles scheisse.
anarchistische grüße
w. bleib gesund und o auf meine gesundheit.
rainer loehnert
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Rainer Loehnert
Haus 1, Station F 2.1
Südlicher Rundweg 20A
47551 Bedburg-Hau
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