Auf den Spuren des militanten Antifaschismus in der Geschichte der revolutionären Bewegung – Teil I

Wir nehmen das bald anstehende Urteil gegen die Genossin Lina im „Antifa-Ost-Verfahren“ (www.soli-antifa-ost.org) zum Anlass, uns mit einer Artikel-Serie in dieser Zeitung auf die Spuren des militanten Antifaschismus in der Geschichte der revolutionären Linken zu begeben. Lina wurde im November 2020 verhaftet und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Seit dem 08.09.2021 wird am Oberlandesgericht Sachsen in Dresden gegen sie und weitere Genossen verhandelt, mittlerweile in fast 60 Prozesstagen. Vorgeworfen werden den Genoss:innen Mitgliedschaft bzw. Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung (§129), sowie verschiedene Angriffe auf Faschisten und deren Strukturen. Dabei offenbart dieses Verfahren den absoluten Verurteilungswillen seitens der Staatsgewalt, eine Bagatellisierung faschistischer Gewalt bei gleichzeitiger Kriminalisierung antifaschistischer Selbstschutzpraxis und ein massives Zusammenspiel von Faschisten, Staatshütern und bürgerlichen Medien. Schon im vergangenen Jahr wurden die Antifaschisten Jo und Dy (www.freiheit-fuer-jo.org) in Stuttgart zu 5 Jahren und 6 Monaten und 4 Jahre und 6 Monate Haft verurteilt. Lina, Yo und Dy stehen exemplarisch für die vielen ungenannten Antifaschist:innen in der BRD, die von Strafbefehlen, Bewährungs- und Haftstrafen betroffen sind. Dabei hat die Kriminalisierung antifaschistischer Strukturen in den letzten Jahren massiv zugenommen und eine neue Qualität erreicht.
Während die Geheimdienste an der Entwicklung faschistischer Strukturen beteiligt sind und diese als integrale Bestandteile der Aufstandsbekämpfung begriffen werden müssen, bekämpft der Staat den Aufbau realer Gegenmacht von unten durch die revolutionäre Bewegung. Dies ist auch nicht verwunderlich, ist doch der Faschismus eine kapitalistische Herrschaftsform, die in Zeiten kapitalistischer Krisen und revolutionärer Aufschwünge zur Anwendung kommt.
Aus Sicht der revolutionären Bewegung bleibt militanter Antifaschismus notwendig und muss umgekehrt fester Bestandteil klassenkämpferischer Politik sein. Das dem schon immer so war und auch in Zukunft sein wird, ist Kontext dieser Artikelreihe. Wir werden uns in mehreren Beiträgen mit der Geschichte militanten Antifaschismus auseinandersetzen. Beginnen werden wir mit einem Schwerpunktartikel über den militärpolitischen Apparat der KPD 1919 bis 1937.

Antifaschistischer Selbstschutz in der Geschichte der kommunistischen Bewegung – der militärpolitische Apparat der KPD 1919- 1937

Nach der Niederschlagung des Spartakusaufstandes und der verschiedenen Räterepubliken (z.B. in München, Bremen, Braunschweig und anderen Städten), setzte ein blutiger Terror gegen die revolutionäre Arbeiter:innenbewegung und insbesondere die gerade entstandene KPD ein. Deren erste Vorsitzende Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und Leo Jogiches wurden, wie tausende andere revolutionäre Arbeiter:innen, durch Freikorps-Angehörige, im Auftrag Scheidemanns (SPD) und der deutschen Bourgeoisie ermordet, die revolutionären Arbeiter- und Soldatenräte aufgelöst und viele tausend Menschen in die Kerker des Kapitals geworfen. Die Herrschende Klasse betrachtete die KPD seit Beginn ihres Bestehens als ihre größte Bedrohung und entsprechend hoch war die Repression ihr gegenüber. Immer wieder wurde sie verboten. Tausende Gefängnis- und Zuchthausstrafen wurden gegen ihre Mitglieder verhängt. Durch den bürgerlichen Staat wurden von Anfang an die militaristischen und später faschistischen Organisationen in den Kampf gegen die KPD mit einbezogen. In Reaktion auf diese Unterdrückung, zum Schutz der eigenen Partei und zur Vorbereitung auf eine siegreiche Revolution, schuf sich die KPD 1919 einen geheimen Abwehrapparat, welcher in der Folgezeit zu einem militärpolitischen Apparat (M- Apparat) anwuchs. Es entstanden eine Kampforganisation (KO), ein Nachrichtendienst, eine Kurierzentrale und eine Passabteilung. Wenig später kamen weitere Abteilungen für Quartiersbeschaffung, sowie für Waffen und Munition dazu. Der M-Apparat war von Anfang an klandestin organisiert, war also nicht jedem einfachen KPD- Mitglied bekannt, und unterstand direkt dem ZK, der M-Abteilung der Zentrale und später teilweise auch den Bezirksleitungen. Er bildete das Rückgrat sowohl des kommunistischen Beitrags zur militärischen Niederschlagung des reaktionären Kapp-Putsches (1920), als auch aller Aufstandsversuche und -vorbereitungen, wie dem mitteldeutschen (1921) und dem Hamburger (1923) Aufstand, sowie der militanten Auseinandersetzungen mit der faschistischen Bewegung zum Ende der Weimarer Republik. In diesem Rahmen sicherte er nicht nur das Überleben der Partei(-mitglieder), sondern legte auch Waffenlager an, führte Sprengstoffanschläge durch, bestrafte Spitzel, Bullen und Faschisten, verhinderte Verhaftungen, befreite Gefangene (wie z.B. Otto Bauer aus dem Knast Moabit durch Olga Benario und Genoss:innen), vermittelte klandestine Arbeitsweisen im Faschismus und vieles mehr. Der M-Apparat entwickelte sich kontinuierlich weiter und passte sich den sich verändernden Bedingungen an.
Wie erwähnt, wurde im Rahmen des M-Apparates frühzeitig ein Nachrichtendienst aufgebaut. Anfangs konzentrierte sich dieser auf die Spitzelabwehr und Feindaufklärung in Polizei, Reichswehr und Freikorps. Er warnte überwachte Parteimitglieder und erarbeitete im November 1919 eine erste Liste von 48 Spitzeln und V-Leuten mit Personalien und Personenbeschreibung, welche an die KPD- Ortsgruppen weitergeleitet wurde. Hauptquellen der Informationsbeschaffung waren die Parteibasis und Sympathisanten.
Jede Parteigruppe wurde aufgefordert ein Mitglied für die Nachrichtenarbeit einzusetzen. Die Parteimitgliedschaft wiederum wurde aufgefordert, Augen und Ohren offenzuhalten und relevante/ interessante Informationen an den/die zuständigen Kader ihrer Parteiorganisation weiterzugeben. Besondere Bedeutung hatten dabei die Informationen die von den Arbeiter:innen sensibler Bereiche wie der Post, der Reichsbahn und ähnlichem kamen. Die Informationen wurden in der Nachrichtenzentrale konzentriert und zusammen mit weiteren öffentlich zugänglichen Informationen aus Zeitungen, Flugblättern und ähnlichem ausgewertet und verarbeitet. Begann die Nachrichtenzentrale 1919 mit zwei hauptamtlichen Mitarbeitern wuchs sie bis 1922 schnell auf 10 Mitarbeiter:innen an, baute die Nachrichtenarbeit auch in der unteren Parteigliederung weiter aus und professionalisierte sich aus den gewonnenen Erfahrungen immer mehr. Es entstanden Archive und Beobachtungsgruppen, Schulungsmaterial und Lehrgänge wurden erarbeitet. Ab 1921 fanden regelmäßig Schulungskurse für Verantwortliche in den Bezirken und Unterbezirken statt. Im Zeitraum von 1921 bis 1922 konnten durch die Nachrichtenarbeit weitere 124 Spitzel und V- Leute der Bullen und Freikorpsverbände enttarnt werden. Ab dieser Zeit wurde in regelmäßigen Abständen ein sogenannter Spitzelalmanach erarbeitet und parteiintern verbreitet. Ein wichtiges Mittel der Nachrichtenarbeit waren klandestine Hausdurchsuchungen und fingierte Razzien. Des Weiteren gelang es allmählich in feindliche Organisationen einzudringen und eigene Leute zu platzieren, wodurch genauere Erkenntnisse über Innenstrukturen und Vorhaben dieser Organisationen beschafft werden konnten.
Ab 1923, dem Jahr sowohl des Hamburger Aufstandes, als auch des Hitler- Ludendorff- Putsch intensivierte der Nachrichtendienst seine Arbeit zu den erstarkenden faschistischen Organisationen. Deren geschichtliche Entstehung aus den Freikorpsverbänden wurde genauestens analysiert. Primäre Ziele der Informationsbeschaffung waren Ausbreitung, Stärke, Schlagkraft, militärische Gliederung und personelle Zusammensetzung, besonders der Führung. Deren Geldquellen und Verbindungen zu Regierungsstellen, wurden versucht zu ermitteln, Treffpunkte und Versammlungslokale beobachtet. Aus dieser Analyse ergaben sich die weiteren Aufgaben für den militärpolitischen Apparat, sich auf eine erneute Zuspitzung der Klassenkämpfe und bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen vorzubereiten. Die gewonnenen Informationen wurden fortan auch in der Öffentlichkeitsarbeit verwertet. Der M- Apparat wurde im selben Jahr um- und ausgebaut. Es wurde ein Ordnerdienst (OD) zum Schutz von Versammlungen, Demonstrationen und Parteieinrichtungen geschaffen. Erste Kader wurden militärisch in der Sowjetunion ausgebildet. Angedacht war, 20% der Parteimitglieder im OD zu organisieren, was allerdings nicht gelang. Im M-Apparat wurde eine zusätzliche Arbeitsgruppe zur Zersetzung feindlicher Organisationen (Reichswehr, Bullen, Freikorps und faschistische Organisationen usw.) geschaffen, die sogenannte Zersetzungsabteilung. Zusätzlich wurden Partisanengruppen gebildet und die sogenannten proletarischen Hundertschaften aufgebaut, welche allerdings umgehend verboten wurden und in den folgenden Monaten wieder zerfielen. Neben dem Selbstschutz und der Verhinderung reaktionärer Putsche, dienten diese Maßnahmen eigenen revolutionären Aufstandsversuchen. In diesem Kontext erfolgte ebenfalls 1923 die Gründung der parteiinternen Zeitschrift „Vom Bürgerkrieg“. In dieser wurden die Parteimitglieder über faschistische Organisationen, (schwarze) Reichswehr, (Einsatz-)Taktiken der Polizei, militärpolitische Erkenntnisse zu Aufstand und Bürgerkrieg, praktische Tipps für den (antifaschistischen) Kampf und vieles mehr informiert. Die Zeitung wurde allerdings Ende 1925 eingestellt. Ab Mitte 1926 erschien die Zeitschrift „Oktober“ mit derselben Ausrichtung. Beide Zeitschriften waren illegal und mussten klandestin hergestellt und vertrieben werden.

Vom Roten Frontkämpferbund zur Antifaschistischen Aktion

Im Sommer 1924 wurde der Rote Frontkämpferbund als proletarische Schutzorganisation gegen die Übergriffe der Polizei und konterrevolutionären Banden aufgebaut. Darüber hinaus sollte der RFB als eine antimilitaristische und antiimperialistische Propaganda- und Kampforganisation wirken. Den Grundstock für diese Massenorganisation bildeten die ehemalige oder illegale proletarische Hundertschaft und der Ordnerdienst, welcher bis 1926 komplett im RFB aufging. Der Rote Frontkämpferbund erreichte eine hohe Ausstrahlungskraft auf die revolutionäre Arbeiter:innenschaft und reichte weit über die KPD hinaus. In ihm waren 150.000 Menschen organisiert, von denen 60% keine KPD- Mitglieder waren, sondern Anhänger:innen der Kommunistischen Arbeiter Partei (KAP), Linke Sozialdemokraten, Anarchist:innen (ab 1930 gründeten diese mancher Orts eigene Wehrverbände – die Schwarzen Scharen) und vor allem parteilose Arbeiter:innen . Neben eigenen öffentlichen Demonstrationen und Kundgebungen, auf denen der RFB uniformiert auftrat, unterstützte er die Kompagnien der KPD, der Roten Hilfe und anderer Arbeiter:innenorganisationen. Er schützte Demonstrationen und Veranstaltungen der proletarischen Klasse vor Angriffen der Polizei und Faschisten und schlug die Übergriffe der SA und dem Stahlhelm in den Arbeitervierteln zurück. Teilweise intervenierte er auch bei Zwangsräumungen von Wohnungen u. ä., Alarmbereitschaft und Patrouillen in den Arbeiterbezirken gehörten zur alltäglichen Praxis. Der Rote Frontkämpferbund schulte seine Mitglieder sowohl politisch (z.B. durch regelmäßige Seminare, Schulungsabende u. ä.), als auch militärisch (durch Geländeübungen, Kleinkalieberschießen, Ausmärschen und Sport) und gab die Zeitung „Rote Front“ heraus.
Strukturiert war der RFB in Gruppen, der kleinsten Grundeinheiten, welche aus 9 Personen bestand. Jede Gruppe wählte einen Führer. Vier Gruppen bildeten einen Zug, an dessen Spitze ein Zugführer stand. Drei Züge wiederum bildeten eine Kameradschaft mit einem Kameradschaftsführer an der Spitze. Mehrere Kameradschaften bildeten eine Abteilung, mehrere Abteilungen die Ortsgruppe. Ortsgruppen gab es allerdings nur in den großen Städten, wie Berlin, Hamburg, Leipzig, Dresden usw. An anderen Orten waren die Abteilungen und Ortsgruppen auf Bezirksebene zusammengefasst. Zu den Abteilungen bzw. Ortsgruppen gehörten die organisatorisch selbstständigen Abteilungen des Roten Jungsturm (Jugendverband des RFB für Jugendliche von 16 bis 21 Jahren, später bis 23 Jahren). Die Gruppen, Züge, Kameradschaften und Abteilungen wurden so eingeteilt, dass alle Mitglieder möglichst schnell alarmiert und zusammengezogen werden konnten (gebunden an Straßen, Stadtteilen oder Betrieben). Zu jeder Gruppe gehörte ein Hornist, der im Alarmfall im Wohngebiet der Gruppenmitglieder ein bestimmtes Signal blies, das alle verpflichtete, sich sofort am vereinbarten Treffpunkt zu sammeln. Es gab Zug- und Abteilungslokale, in denen monatliche Versammlungen und sonstige regelmäßige Zusammenkünfte stattfanden. An der Spitze der Abteilungen und Ortsgruppen standen kollektive Führungen, die sich wie folgt zusammensetzten: Politischer Führer (gesamtverantwortlich für die Einheit), Technischer Führer (verantwortlich für Organisation, Ausmärsche, Wehrsportübungen), Bildungsobmann, Gegnerobmann, Kassierer, Politischer Führer der RJ und Technischer Führer der RJ. Die Führer und Leitungen wurden von unten nach oben gewählt, bedurften aber der Bestätigung durch das jeweils übergeordnete Organ. An der Spitze des Roten Frontkämpferbundes stand die auf den Reichskonferenzen gewählte Bundesführung, zu der auch die Reichsführung der RJ gehörte. Die Bundesführung war Teil des M-Apparates und unterstand der M-Abteilung des ZK der KPD.
Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise ab 1929 verschärften sich auch in der Weimarer Republik die Klassenkämpfe und die Zeichen standen auf Revolution. Während immer größere Teile der deutschen Bourgeoisie zur Sicherung ihrer Herrschaft auf den Faschismus setzte, erstarkte auch die kommunistische Bewegung, getragen von den Kämpfen unserer Klasse. In dieser Phase fiel dem militärpolitischen Apparat der KPD einerseits die Aufgabe zu die logistischen und strukturellen Voraussetzungen für einen erfolgreichen revolutionären Prozess zu schaffen bzw. auszubauen. Andererseits mussten auch die Bedingungen für die Illegalität unter einer offen faschistischen Diktatur hergestellt werden. Aus diesem Grund wurden verstärkt Parteikader militärpolitisch ausgebildet, die Zersetzungsarbeit intensiviert, klandestine Arbeitsweisen zur Vorbereitung auf die Illegalität in der Partei vermittelt, illegale Büros, Wohnungen und Vervielfältigungsmöglichkeiten geschaffen und vieles mehr. Allein in Berlin wurden über 60 solcher Quartiere organisiert, welche sich auch nach dem Machtantritt der Nazis 1933 als sicher erwiesen und eine längere Zeit für die illegale Arbeit genutzt werden konnten.
Nach dem Verbot des Roten Frontkämpferbund 1929 schaffte sich die KPD mit dem Kampfbund gegen den Faschismus wieder eine legale überparteiliche Massenorganisation mit ca. 100.000 Mitgliedern, welche hautsächlich aufklärerisch wirkte, aber auch den SA- Kolonnen den Zutritt in die Arbeiter:innenviertel gewaltsam verwehrte. Der Kampfbund ging 1932 in die größere Antifaschistische Aktion über. Des Weiteren wurde ein Parteiselbstschutz (PSS) aufgebaut. Der PSS wurde zum Demonstrations-, Versammlungs-, Objekt- und Personenschutz, sowie für Sondereinsätze eingesetzt. Seine Kader wurden militärisch geschult. Voraussetzungen für eine Aktivität im Parteiselbstschutz waren körperliche Eignung, mindestens 2-jährige Mitgliedschaft in der KPD und absolute Zuverlässigkeit. Er war in 5er Gruppen organsiert und zu Abteilungen zusammengefasst. Der PSS lieferte sich regelmäßig (auch bewaffnete) Auseinandersetzungen mit Faschisten und Repressionskräften. Der Aufbau beider Strukturen (Kampfbund und PSS) wurde durch den illegal weiterexistierenden Roten Frontkämpferbund maßgeblich unterstützt. Der RFB bestand in der Illegalität fort und verfügte über ca. 40.000 Mitglieder. Nach mehreren Umstrukturierungen war er in die genannten 5er Gruppen aufgeteilt, da man sich in dieser Stärke in Wohnungen treffen konnte und so keine Versammlungslokale oder ähnliches mehr nötig waren. Diese Gruppen waren an Straßen/ Stadtteile/ Orte gebunden oder Betrieben zugeordnet. Drei Gruppen bildeten einen Zug und 3 Züge einen Trupp. Ein Trupp stellte einen Führer und einen Stellvertreter, einen Verantwortlichen für Organisatorisches, einen für Massenarbeit, einen für Gegnerarbeit, mehrere Fahrradfahrer als Kuriere und Melder, sowie 2 Sanitäter. Drei Trupps wiederum bildeten eine Abteilung.

Der militärpolitische Apparat im Widerstandskampf gegen den Faschismus

Nach jahrelanger finanzieller Hochrüstung der NSDAP entschied sich Anfang 1933 das deutsche Großkapital, aus Angst vor einem weiteren Erstarken der Arbeiter:innenbewegung und revolutionären proletarischen Erhebungen, endgültig für den Faschismus. Hindenburg übergibt am 30. Januar 1933 die Macht an Hitler, trotz oder gerade wegen dem Verlust von über 200.000 Wählerstimmen für die NSDAP von 37,3% bei den Wahlen im Juli 1932 auf 33,1% bei den letzten freien Wahlen im November 1932. KPD (Knapp 6 Millionen Stimmen) und SPD (über 7 Millionen Stimmen) erhielten zusammen 1,5 Millionen Stimmen, mehr als die NSDAP. Folgerichtig war die erste Amtshandlung des an die Macht gekommenen Faschismus, die völlige Zerschlagung der Linken, als Voraussetzung für alle dann folgenden Verbrechen und imperialistischen Abenteuer.
Mit dem Machtantritt der Faschisten kommt es zu teilweise massiven Abwehrkämpfen der Arbeiter:innenbewegung, die auch bewaffnet geführt werden. In ihnen spielte die Antifaschistische Aktion und mit ihr der illegale Rote Frontkämpferbund eine maßgebliche Rolle. Zu größeren antifaschistischen Demonstrationen und Kundgebungen kommt es am 30. und 31. Januar 1933 in Braunschweig, Breslau, Chemnitz, Düsseldorf, Elberfeld, Halle (Saale), Hamburg, Köln, Leipzig, Mannheim, München, Stuttgart, Potsdam und anderen deutschen Städten. In Hamburg und Lübeck kommt es zu massiven Zusammenstößen mit Polizei und SA. In Düsseldorf wird ein Angriff von über 300 Faschisten auf das Parteihaus und die Druckerei der KPD abgewehrt. Bei vielen dieser Abwehraktionen kommt es zu blutigen Zusammenstößen und Feuergefechten.
Im Februar 1933 werden SA, SS und der Stahlhelm zu Hilfspolizisten ernannt und bewaffnet. Dem massiv einsetzenden blutigen Terror ist die Arbeiter:innenbewegung nicht gewachsen. Im März 1933 wird die KPD endgültig verboten.
Der militärpolitische Apparat der KPD versuchte nach Kräften die Partei auf den Weg in die Illegalität zu unterstützen und deren Überleben zu sichern. An die Parteimitglieder ergingen die Instruktionen, alle Büros der Partei zu räumen und die Arbeiten in ihnen einzustellen bzw. in illegale Räume zu verlegen. Alle Archive, Ablagen, Büros und Wohnungen waren zu säubern und Parteimaterial zu vernichten. Es wurde verboten, bekannte Tagungsorte aufzusuchen. Die Parteizellen wurden auf maximal 5 Personen reduziert. Jeder leitende Funktionär hatte wegen eventueller Verhaftung einen Vertreter zu benennen. Es wurde zu klandestinen Arbeitsweisen angehalten, wozu unter anderem gehörte, dass die aktiven Parteimitglieder nur noch über ihren eigenen Arbeitsbereich informiert wurden. Unzuverlässige Parteimitglieder wurden von der Parteiarbeit ferngehalten.
Die KPD war allerdings zu dieser Zeit eine große Massenpartei mit über 300.000 Mitgliedern und konnte unmöglich als Ganzes in die Illegalität überführt werden, weshalb es ab 1933 zu tausenden von Festnahmen, Folter und Totschlag an Kommunist:innen durch die Nazis kam. Auch der militärpolitische Apparat war von der massiv einsetzenden Repressionswelle betroffen, wenn auch wegen seinen schon vorher klandestinen Arbeitsweisen weit weniger als andere Bereiche der Partei. Dennoch ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die KPD trotz der brutalen Unterdrückung, gerade der kommunistischen Bewegung, trotz der enormen materiellen und vor allem menschlichen Verluste, in den folgenden Jahren die einzige noch handlungsfähige Partei im faschistischen Deutschland war. Dies war hauptsächlich der Arbeit des M-Apparates zu verdanken. Er stellte intakt gebliebene Kommunikations- und Verbindungskanäle, beschaffte illegale Quartiere, warnte vor Spitzeln, schaffte gefährdete Funktionäre außer Landes, verbesserte kontinuierlich die klandestinen Arbeitsmethoden der Partei und überprüfte die Einhaltung der Sicherheitsregeln durch die Mitglieder. Nach Verhaftungen stellte er eigene Nachforschungen an, warum es zu den Repressionsschlägen kommen konnte, was die Gestapo dadurch erfuhr, um dann entsprechende Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. In manchen Fällen ging er gegen Gestapoagenten, Spitzel und Verräter militant vor. Von 1933 bis 1935 gab der militärpolitische Apparat eine Vielzahl an Tarnschriften heraus (z.B. „Unser Kampf gegen die geheime Staatspolizei – wichtige konspirative Regeln, die alle Antifaschisten beachten müssen“; „Ratschläge für das Verhalten bei der Polizei und vor Gericht“; „11 Gebote für Verhaftete“; „Achtung Gestapo beobachtet“; „Die Methoden der politischen Polizei und ihre Abwehr“; „Über Gestapomethoden und Konspiration“ usw.).
Ende 1933 wird das ZK der KPD ins Ausland verlegt und eine zusätzliche Landesleitung geschaffen. Auch die Führung des militärpolitischen Apparates wird ins Ausland verlegt. Der M-Apparat baut sogenannte Grenzstützpunkte auf, welche für bestimmte Inlandsektoren/ Regionen verantwortlich sind und die dortigen Genoss:innen unterstützen, sowie die Spitzelabwehr in der Emigration organisieren. Diese Grenzstützpunkte gab es in Kopenhagen, Amsterdam, Zürich, Prag und anfänglich Saarlouis (zu diesem Zeitpunkt noch französische Besatzungszone). In Prag befand sich die Zentrale des militärpolitischen Apparates, wo die Informationen zusammenliefen und ausgewertet wurden.
Trotz aller Bemühungen riss der Aderlass an kommunistischen Aktivist:innen und Parteifunktionär:innen durch den faschistischen Terror nicht ab. Davon war auch der M-Apparat betroffen. Ende 1935 wird der militärpolitische Apparat schrittweise in einen reinen Abwehrapparat aufgelöst. Dieser hatte die Aufgaben, die Arbeitsmethoden der Gestapo zu studieren und Konsequenzen daraus zu ziehen, Ursachen für Verhaftungen zu prüfen, Verbindungen in die Knäste und KZ aufzubauen/ zu halten, Parteikader zu überprüfen, sowie (wichtige) Treffen abzusichern. Der Abwehrapparat arbeitet dabei mit sogenannten Instrukteuren, Kader die in der militärpolitischen Schule bei Moskau ausgebildet wurden, die in die verschiedenen Parteibezirke/ Sektoren geschickt wurden, um den örtlichen Genoss:innen beim Wiederaufbau der Partei zu unterstützen und die klandestinen Arbeitsweisen zu verbessern.
Ab Mitte 1937 mussten auch der Abwehrapparat und die Grenzstützpunkte aufgelöst werden. Die meisten seiner Kader gingen nach Spanien und beteiligten sich dort am antifaschistischen Abwehrkampf gegen den Frankismus.

… Fortsetzung folgt