Netzwerk Freiheit für alle politische Gefangenen Hamburg
Musa Aşoğlu ist wegen § 129b (Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung) zu 6 Jahren und 9 Monaten verurteilt worden. Vorgeworfen wird ihm die Mitgliedschaft in der „DHKP-C“ (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front), auf dieses Staatsschutzkonstrukt wird später noch mal genauer eingegangen!
Am 2. Dezember 2016 wurde er in Hamburg verhaftet und befand sich über 9 Monate in Totalisolation im Hamburger Untersuchungsgefängnis (UG) Holstenglacis. Das heißt, er war 23 Stunden am Tag in der Zelle eingesperrt und es wurde ihm verwehrt, an Gemeinschaftsaktivitäten im Knast teil zu nehmen.
Weitere Repression gegen Musa
Er ist seit dem 25.2.2020 im Knast Hamburg- Billwerder in sogenannter Strafhaft. Er kommt so mit mehreren Gefangenen nur auf „seiner “ Station zusammen, um mit ihnen kommunizieren und kochen. Die Unterdrückung durch die Klassenjustiz, besonders durch die Anstaltsleitung, besteht aber weiter: In einem Gespräch mit Musa von Juni 2020 sagte die Abteilungsleiterin Frau Candan: „… Sowohl die 2/3 Entlassung, als auch der offene Vollzug und die gelockerten Maßnahmen sind für Sie ausgeschlossen. Ihre gesamte Strafe werden sie unter strengen Haftbedingungen verbüßen.“ „So erscheinen mir die Befehle von oben“.
Strenge Haftbedingungen:
Musa kann Sport nur alleine ausüben, Besuchszeiten werden willkürlich gekürzt und die Zensur wird weiter verschärft: Verzögerung bzw. Nichtaushändigung von Briefen von und an ihn, Zeitungen und Postkarten.
Beispiele der Zensur:
- Poster können ihn nur noch über Buchläden geschickt werden.
- Informationen in holländischer Sprache über die Isolationsfolter von Gefangenen aus der RAF hat er bisher selbst über den Buchladen nicht erhalten
- Eine Antifa-Broschüre aus Göttingen wurde beschlagnahmt. Ebenso eine Brochüre des Verfassungsschutzes (VS).
- Ein Brief vom 14.Juni wurde erst einmal angehalten. Die Sicherheitsabteilung hat bis zum 5.August gebraucht und ihm erst am 10.8. mitgeteilt, das die Sendung beschlagnahmt worden ist. Die sogenannte Überprüfung dauert 57 Tage, ohne allerdings Musa mitzuteilen, was genau einbehalten worden ist.
Das ist dann für drinnen und draußen ein mühsames Herausfinden, der dann auch noch mal mehr als ein Woche dauerte, bis klar war, was eingesackt wurde: Es handelt sich um türkische Texte aus dem medizinischen und juristischen Bereich
von Ahmet Taskin und Dr. Ayferi Göze, die er endlich erhalten hat.
Wegen Internetausdrucke wurde am 10.9.21 ein Brief erst einbehalten und verspätet ausgehändigt. - Musa hatte geschrieben, er sei im UG 39 Monate in Isolationshaft gewesen. Für die Klassenjustiz sei diese Behauptung, dass in deutschen Gefängnissen Isolationshaft praktiziert wird, „grob unrichtig!“. Außerdem sei in den Gesetzen der Hansestadt so etwas auch nicht vorgesehen, berichtete Musa! Angehalten!!!
- Ebenso soll er sich nicht als politischen Gefangenen bezeichnen, da es in einem Rechtsstaat wie die BRD so etwas nicht gäbe und diese Behauptung ebenfalls „grob unrichtig!“ sei. Angehalten!!!
Hintergrund dieser Angriffe
Die gesamten Sonderhaftbedingungen zielen gegen Musas Kommunikation, um eine sinnvolle Auseinandersetzung zu erschweren bis verunmöglichen. Sie sind damit auch ein Angriff gegen das Zusammenkommen von drinnen und draußen und Musas politische Identität! Er selbst betonte wiederholt, dass es ihm nicht um eine Sonderbehandlung gehe, er aber entschlossen ist, erkämpften Rechte zu verteidigen. Er sagte des Weiteren, das es nicht um eine Kampagne gehe, welche sich nur mit seiner Person befasst, sondern um bessere Bedingungen für alle politischen Gefangenen!
In der BRD ist die „DHKP-C“ seit 1998 verboten. Ein Jahr später kam es in den USA und in der EU 2002 zum Verbot.
Vom VS werden verschiedene Organisationen der „DHKP-C“ zugeordnet:
Die Musikgruppe Grup Yorum und die Anatolische Förderation (AF) werden
„als Tarnorganisation der DHKP-C“ „ bezeichnet. „In diesem Zusammenhang veranstaltet AF Demonstrationen. Schwerpunkte der Kampagnenarbeit seinen die Themen „Antirassismus“ und „Gefangenenbetreuung.“ ( VS Bericht 2017)
Musa ist u.a. auch für solche Aktivitäten verurteilt worden.
Gegen ihn wurde zusätzlich von den USA und der Türkei per Kopfgeld gefahndet: Angeblich wegen Planung von militanten Angriffen gegen USA-Einrichtungen in der Türkei.
Musa hat deshalb in in „seinem“ Verfahren interveniert, d.h. er hat neben Prozesserklärungen weitere politische Erklärungen abgegeben, um die Konstrukte und Diffamierungen der Anklage und des Gerichts zu entlarven.
Wichtig ist festzuhalten, dass es die „DHKP-C“ so nicht gibt, denn es ist ein Konstrukt des VS, wie es Musa Aşoğlu im Prozess treffend dargelegt hat.
In seiner Erklärung beschuldigte Musa den Staatsschutzsenat mit diesem Konstrukt zu arbeiten. »Es gibt keine Organisation mit der Bezeichnung DHKP-C«, sagte er. Zwar existierten die DHKP (Revolutionäre Volksbefreiungspartei) und die DHKC (Revolutionäre Volksbefreiungsfront, der militärische Arm). Wenn die Anklage aber von einer festen Organisation mit dem Namen DHKP-C mit einer »strengen Hierarchie und zentralistischem Aufbau« ausgehe, sei das falsch. (junge Welt vom 13.4.2018)
Einschätzung
Die DHKP ist eine marxistisch- leninistische Organisation, die in der Türkei für Sozialismus und eine Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung kämpft. Geahndet wurden hier von den Repressionsorganen u.a. öffentliche Vereinstätigkeiten, wie Veranstaltungen und Konzerte.
In den Verfahren werden all diese politischen Tätigkeiten einer politisch-militärischen Organisation wie der „DHKP-C“ zugeordnet. Alle Aktivitäten einem bewaffneten Zusammenhang zuzuordnen, ist nichts Neues in der Widerstandsbekämpfung.
In der BRD wurde z.B. in den achtziger Jahren das Engagement für die isolierten Gefangenen aus der RAF als „RAF-Tätigkeit“ durch den § 129a verfolgt. Viele, die die Weggesperrten aus der Guerilla kontaktierten oder Öffentlichkeit zu ihnen herstellten, kamen dafür jahrelang in den Knast.
Warum wir demonstrieren
In anderen Ländern wie z.B. USA, Italien, Peru oder Palästina ist die Repression gegen einige politische oder rebellische Gefangene teilweise noch rigider.
Viele hunderte Gefangene in der Türkei sind schwer erkrankt und werden sterben, wenn sie nicht aus den Gefängnissen entlassen werden.
So erging es auch Gonzalo, Vorsitzender der Kommunistischen Partei Perus, der fast 30 Jahre auf der Marinebasis Callao fast immer in totaler Isolationshaft weggesperrt war. Da bis zu seinem Lebensende von 86 Jahren an seiner politischen Identität (Volkskrieg) festhielt, wurde ihm selbstverständlich bürgerliche Grundrechte und medizinischer Versorgung verwehrt. Wir bezeichnen dieses gezielte Vorgehen der imperialistischen Konterrevolution gegen Gonzalo als Hinrichtung und Mord!
Musa hat immer zum Widerstand gegen die Isolationsfolter und Vernichtungshaft weltweit aufgerufen und wird deshalb bis zum Haftende unterdrückt, um zu verhindern, das er selbst im Knast weiterhin seine Stimme gegen die Repression erhebt.
Christa Eckes hat 1988 als Gefangene aus der RAF damals festgestellt:
„Wenn die Post nach der Urteilsrechtkraft über die Knast ( aber auch Extra-) Zensur geht, ist die zeitliche Verzögerung im Allgemeinen nicht mehr so extrem, aber es laufen dann gezielte Vorstöße gegen konkrete Brief- und Besuchskontakte. Und außerdem bildet sich darin, wie sie damit verfahren, auch immer was von der allgemeinen politischen Situation und Kräfteverhältnis ab. Die Gefangenen sind immer greifbar, und Manipulationen bei brieflichen Kommunikation sind ein einfaches und einschneidendes Mittel gerade uner den Bedingungen der Isolation.“ (1) Briefwechsel: Christa Eckes Hüsseyin Celebi -edition cimarron
Zuletzt demonstrierten wir am 20.März anlässlich des 18.März, den Tag für die Freiheit des politischen Gefangenen, vor dem Knast in Billwerder und am 19.Mai vor dem OLG HH, weil dort in einer nicht öffentlichen Verhandlung seine Entlassung aus dem Knast nach 2/3 seiner Haftzeit, was von der Klassenjustiz natürlich abgelehnt wurde.
Viele Gründe für uns, nicht locker zu lassen, bis sich was bei Musa was ändert und er freikommt, und wir auch selbst so auch stärker werden!
Netzwerk Freiheit für alle politische Gefangenen Hamburg