Zwei Briefe von Rainer Loehnert April und Mai 2021

Aus einem Brief von Rainer Loehnert vom 12.04.2021

Lieber … ,

ich will wieder was für’s Info schreiben. Der Staat und der Knast müssen weg! Ich werde dieses Jahr 60 und ich sehe die Forensik als Blinddarm der Gesellschaft – zu nichts nütze.Es nervt, eingesperrt zu sein!
Man ist in einer Gruppe von Menschen, die Sexualdelikte begangen haben. Die Drogensüchtigen klauen dir Kleidung, Kaffee und brauchen neuen Stoff. Ich nehme die Arznei und rauche. Ich bekomme „meine“ Drogen vom Arzt. Ich habe einen „Spannmann“ (Freund). Wir sind Kumpel, das hilft. Derzeit hänge ich echt durch. Morgen Risperdal-Spritze, 50 mg, und dann der kalte Frühling.Die Forensik hat ihre eigenen Gesetze.
Manni (Peter) hat ja für sich und für uns Klartext geschrieben. Durch ihn wurde ebenso wie der Tod von Ahmed Bremen Ost viel offen (in der Forensik). Manni hat das ja gesagt, wer was darf, ob Colafertigpulver oder Vitamalz, das bestimmt der Stationsleiter. Ich bin schwer herzkrank, bekomme aber Alte-Herren-Pillen.Ich habe schon Kämpfe gewonnen. Meist landete ich danach in Iso, in die ich kam wegen Schlagens oder Stechens. Meine Zelle wird mehrmals am Tag durchwühlt.n Als die Bullen (2013) kamen, war ich drei Tage und drei Nächte fixiert und bekam Spritzen; 7 Stück.
Dann kam endlich die Order vom LVR (Landesverband Rheinland): Macht ihn los. Ich sagte das schon an anderer Stelle, aber die Bullen vom SEK waren nicht gerade sanft. Ich blutete an den Füßen. Danach musste ich barfuß gehen. Die Sonderbehandlung ging weiter. Durch eine Psychologin, die okay war, wurde ich dann nach 3 Monaten Bunker in eine Gitterzelle verfrachtet. Na, alte Kamellen sind solcher Bullenterror nicht.
Gerade für mich nicht und in die Rigaer geht auch das SEK ‚rein und schaut mal vorbei. Selbst vor Kindern haben solche Schweine keinen Respekt. Ich kann nur sagen, Forensik nutzt niemanden und ist ebenso wie der Knast abzuschaffen. Ich wünsche mir die Freiheit so sehr, aber der Staat hasst mich und ich hasse den Knast und das Schweinesystem.
Aber Musa (Asoglu) hat gesagt, er sei freier Gefangener. Ich bin Anarchist und auch freier Gefangener.
In Gedanken bin ich auch damals beim G20-Gipfel (2017 in HH) gewesen.
Als Beckurts (1) 1986 als erster durch eine Sprengfalle starb, das war auch bei mir gelandet. Da war ein großer Feuerball als Titelbild des Sterns.
Da sprachen mich Gefangene an und sagten, die Aktion, den Knast Weiterstadt (2) zu sprengen, war korrekt. Gefangene, die noch was merken und begreifen.
Ich werde jetzt Schluss machen. Die Zeit reicht im Knast!

Rainer Loehnert, 12.04.2021
Es lebe die Anarchie!

(1) Beckurts war Siemens-Manager und u.a. für die Bereiche Militärtechnik und
Überwachung zuständig. Ein Kommando Mara Cagol der RAF tötete ihn am
06.07.1986
(2) Der sich im Bau befindliche Knast Weiterstadt wurde 1993 durch das Kommando Katharina Hammerschmidt der RAF gesprengt.

Radiointerview mit Rainer Loehnert vom 4. Mai 2021:
https://www.freie-radios.net/108895

Neue Adresse:
Rainer Loehnert
Haus 1, Station 2/1
Südlicher Rundweg 20A
47551 Bedburg-Hau

 

Aus einem Brief von Rainer Loehnert vom 30.05.2021

Lieber …,

ich sitze hier Sonntagvormittags und will dir mein Update aufschreiben. Derzeit befinde ich mich auf einer Station für Minderbegabte, was aber die Psychiater so sehen, ich nicht!! Viele, die hier sind, haben gesundheitliche Gebrechen, wie Bein ab, oder haben mit Gehbehinderungen zu tun und sind auf die Hilfe der Pfleger angewiesen. So hat M. das Problem starken Milchschorfs, kann schlecht gehen, darf nicht rauchen und scheißt, wenn er nicht aufpasst, in die Buchse. Ich bin auf einer Therapiestation.
Bei mir ist es der Tinnitus, der mich plagt und ich stehe nachts unter strenger Beobachtung. Das heißt, ich werde beobachtet durch eine große Luke. Als der Pfleger um halb 3 morgens und dann nochmal um 5 Uhr die Luke öffnete, schnauzte ich ihn an. Das wurde dann morgens als unverschämt dargestellt.
Das alte Problem Wohngruppe bei mir: immer muss ich hier in NRW mit einer Krisenstation rechnen. Ich habe in Eikelborn das Problem gehabt: Nazis. Ich habe in Düren das Problem gehabt: Sicherheit und fremdaggressiv, und hier zeichnet es sich erneut ab. Das liegt am Ministerium und was man vogelfrei nennt.
Ich bleib ruhig, zünde nicht an und gehe meinen revolutionären Weg weiter. Nichts wird vergessen, oder wie Eva Haule sagte: „Wir lassen jetzt nicht mehr los“. Ich
werde auch das durchstehen.
Im Herzen der Bestie.
Ich schreib an dich. Danke für die Marken und Umschläge.
Ich hoffe bald östlich nach Dortmund-Herne-Herten verlegt zu werden, näher an Bielefeld heran. Ich hoffe, du kannst das verstehen. Ich bleibe ruhig und überlasse das Rechtliche der Rechtsanwältin.
Die Zelle wird täglich mehrfach kontrolliert und ich beachte das gar nicht. Ich bekomme drei Essen: das Frühstück, das Mittagessen und das Abendbrot, dazu die
Psychodrogen und Einreibungen des Hautpilzes. Ich bin letzte Woche durch die Hautärztin am Fuß operiert worden und bekomme Physiotherapie. Ich bin links taub und habe keine Zähne und ich bin herzkrank, hoher Blutdruck.
Ich bekomme Chemie. Derzeit bin ich in einer Einzelzelle und kann schreiben.
Die stellvertretende Stationsleitung fragte mich, was denn mit dem Schlaf wäre. Ich sagte ihr, ich habe mich beschwert gegen das Beobachten nachts.
Die Maschine macht nicht mehr lang. Eine alte Olympia. Sonst kann ich nirgends schreiben, der Stationscomputer ist kaputt. Ich kann diesen Brief noch schreiben. Danke für deine Solidarität und Grüße an die Rigaer94 und die Kaderschmiede. Trinkt auf meine Gesundheit.
Venceremos

Rainer Löhnert
Bedburg Hau, 30.05 2021
Es lebe die Anarchie

Rainer Loehnert
Station F 2.1
Südlicher Rundweg 20A
47551 Bedburg-Hau