FÜR DIE ANTI-KNAST-TAGE

Lisa, August / September 2017

Es gibt wohl Kaum einen Ort wie der Knast, in der sich Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Unterdrückung so zu spitzen. Auch wenn sich manches im Vollzug angeblich gebessert und gelockert haben soll im Vergleich zu Jahrzehnten zuvor,, ist das im Regelvollzug, also dem geschlossenen Vollzug überhaupt nicht spürbar. Oft sind die Zustände in vielen Knästen eher sogar noch schlimmer als z.B. vor 10 Jahren. Es gibt nach wie vor allgemein nur 1 Stunde im Hof, wenig oder gar keine Arbeit, unglaublich wenig Kommunikationsmöglichkeiten nach draußen (vor allem in U-Haft), eine Katastrophale medizinische Versorgung, eine Verwahrlosung von psychisch und körperlich kranken Gefangenen, große Schwierigkeiten für Ausländer*innen, Nicht-Deutschsprachigen und Analphabet*innen, die eine große Anzahl der Gefangenen bilden, kaum Aus- und Weiterbildungsoptionen oder Aktivitäten, immer mehr Vergitterung und „Sicherheitsmaßnahmen“…
Es wird zwar ständig von Resozialisierung gesprochen, aber letztendlich heißt das nur die Gefangenen in ein Arbeitssklavensystem innerhalb oder dann auch außerhalb des Knastes einzubinden und sie dort als unselbstständige und domestizierte Ausgebeutete zu halten, ansonsten wird immer mit Strafe und Verschlechterung ihrer Situation gedroht und sie dann natürlich auch durchgesetzt. Es ist schon bemerkenswert wie das Knastbestrafungssystem über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte zwar immer makellos weiterentwickelt wurde, aber dabei im Wesentlichen genauso funktioniert wie seit seiner Einführung. Es wird heute in Deutschland weniger geschlagen und gefoltert, dafür wird einem/r das wenige genommen, das nicht sowieso schon geraubt wurde. Es können Besuche oder Anrufe gestrichen , der Kontakt mit Mitgefangenen, Arbeit oder Aktivitäten entzogen, der Fernseher aus der Zelle genommen oder Mensch im Bunker oder Sicherheitstrakten isoliert und weggesperrt werden. Die Drohungen sind ständig da, die Ausführungen auch; dem Knast geht es einfach nur darum jede Art von freien, rebellischen oder einfach nicht „anpassungsfähigen“ Menschen zu brechen und zu trimmen, es soll erzogen oder ansonsten bestraft werden. Natürlich wird jede Form von sozialem Einsatz, Solidarität oder Organisierung mit anderen gegen diese täglichen Ungerechtigkeiten besonders geahndet, sofort wird immer alle smit „Aufstand“ und „Meuterei“ versehen, auch wenn es um lächerliche Kleinigkeiten oder sogar ganz grundsätzliche Rechte geht.
Die Isolation als ständiges Mittel für alles kommt auch nicht nur als Strafe vor, sondern auch in anderen Fällen, natürlich ständig gegen politische Gefangene, die „gefährlich“ sein können oder „gefährliche Bewegungen“ hinter sich stehen haben, allgemein in der U-Haft wenn es sogenannte „Tätertrennungen“ gibt und normale Gefangene in normalen Hafthäusern von anderen Mitgefangenen grundsätzlich isoliert werden, oder auch wenn jemand eine ungeklärte eventuell ansteckende Krankheit haben könnte oder sich vom Arzt nicht kontrollieren lassen will, dann eine Art „Quarantäne“ im normalen Hafthaus gesteckt wird, und mit niemandem in Kontakt treten darf, somit komplett isoliert und ausgegrenzt wird. Gefangene werden einfach wie ein Stück Scheiße behandelt, das nichts wert ist. Dem Knast geht es ja nur um die eigene Ordnung und dass nichts schief läuft, also auch wenn alle menschlich kaputt gehen, solange sich niemand umbringt, alles ok ist.
Die Gesetze, Vorschriften und Regeln sind im allgemeinen sehr streng, die zugestandenen Rechte minimal. Das lässt den Schließern oft einen riesengroßen Spielraum, die sie mit ihrer Willkür selbst ausfüllen können. In gewissen ruhigen Phasen wird oft mehr zugelassen, allerdings auch damit sich die Gefangenen an einen lockeren Vollzug gewöhnen und somit immer erpressbar sind, also es auch sofort wieder gestrichen werden kann, falls sie sich nicht so verhalten wie vom Knastsystem gewünscht. Die Scheiß-Vorschriften lassen ja alles zu.
Natürlich gibt es viel Rassismus, Ausbeutung und patriarchale Gewalt im Knast unter Mitgefangenen. Im Frauentrakt trifft es fast immer die größte und diskriminierteste ethnische Gruppe, die Sintis und Romas, aber auch andere Gruppen und Minderheiten kann es treffen.
Macht wird ständig benutzt und ständig missbraucht von Seiten derjenigen die sie haben, deshalb herrscht auch auf Seiten der Gefangenen, die unten stehen eine unglaubliche Macht – und Hilfslosigkeit, was bei einigen zur Vereinzelung oder Depression führt, bei vielen anderen zu einer totalen Unterwürfigkeit und Egoismus. Es sind leider nur wenige Gefangene in der Lage sich solidarisch etwas gegen dieses ständige Unrecht zu stemmen. Oft werden ja genau diese solidarischen Einsätze unterbunden oder zerschlagen, Leute in andere Hafthäuser verlegt und getrennt, etc. Deshalb ist es wichtig sich intelligent und trotzdem würdig durch diese ganze Schikane zu bewegen, klar zu wissen welche Konsequenzen tragbar und es wert sind und überlegt entscheiden. Sonst wird mensch hier einfach kalt gemacht. Trotzdem ist es genauso wichtig nicht einfach alles zuzulassen, sondern sich einzusetzen und zu kämpfen, denn ansonsten bleiben einem ernsthafte menschliche Schäden. Aber es ist überhaupt nicht leicht zwischen diesen zwei Linien zu balancieren.
Das Knastsystem steht nicht außerhalb der Gesellschaft, sondern ist ein fundamentales Element von ihr ohne die der Staat und sein Herrschafts- und Unterdrückungssystem gar nicht existieren könnte. Es wird mit Strafe und Knast gedroht, damit sich die Menschen in diese miserable Welt einfügen, bloß nicht über ihre vorgesehenen Grenzen hinausschreiten und sich selbst kontrollieren und zähmen sollen, ansonsten eben eingesperrt werden. Ständig wird von der Gefährlichkeit von Sexual- und Gewaltverbrechen gesprochen, das ganze Bestrafungssystem damit gerechtfertigt und die Gesellschaft eingeschüchtert. Dabei sitzen die meisten Gefangenen wegen Geld-, Wirtschafts-, und Eigentumsdelikten und genau das wird geahndet, besonders hart, wenn es um Eigentum der Reichen und Mächtigen geht. Viele Gefangene kommen aus ärmsten und miesesten Verhältnissen und versuchen einfach ein etwas würdevolleres Leben führen zu können. Die Frauen trifft zudem auch die patriarchale Gewalt und Ausbeutung, oft auch ein Grund weswegen sie im Knast landen.
Auch in unseren politischen Zusammenhängen soll Repression und Knast als Abschreckung dienen, damit wir bloss nicht zu wild, rebellisch oder organisiert werden und vor allen Dingen dem System keine Gefahr bieten. Dabei wird Knast oft immer noch mit der totalen Isolation, der Einsamkeit, der Langeweile und dem ständigen Eingesperrtsein verbunden, was zwar auch alles der Fall sein kann, aber nicht das Einzige sein muss. Auch hier drinnen ist es wichtig das Beste und Stärkste aus jeder Situation zu machen, den Widerstand kreativ und vielfältig auszuüben, soziale Kontakte aufzubauen, viel von anderen wie auch von sich selbst zu lernen und niemals aufzugeben.
Es ist so verdammt wichtig die eigene und kollektive Angst vor diesem Scheiß-Knastsystem zu bekämpfen und Stärke aus den Erfahrungen, dem Überleben und dem Widerstand zu ziehen, trotzdem niemals zu leichtfertig oder unbewusst mit der eigenen Freiheit zu spielen. Aber das Leben und der Kampf gehen auch im Knast und nach der Knastzeit weiter. Gerade sind es oft die harten Erfahrungen in unserem Leben, die uns viel stärker sensibilisieren, radikalisieren, zusammenschweißen und eine Kraft und Entschlossenheit geben, die wir sonst niemals gehabt hätten.
Hiermit schicke ich euch solidarische und kämpferische Grüße nach Berlin zu den Anti-Knast-Tagen. Ich hoffe sehr von spannenden Diskussionen und Debatten zu hören, und dass viele weitere Projekte und Komplizenschaften entstehen.

Passt auf Euch auf! Macht weiter! Und lasst Euch niemals bändigen! Viel Kraft allen, die durch den Knast durch müssen!

Auf dass alle Knäste niedergestürzt werden und jede Form von Herrschaft und Autorität zerschlagen wird!

FÜR REBELLION, FREIHEIT UND ANARCHIE!