Das 40. Jahr. Eine armselige Rache.

Yusuf Taş, 5. September 2017

Merhaba liebe Freundinnen und Freunde, auch ich möchte etwas zum 40. Jahrestag der *** der RAF-Gefangenen etwas sagen und ihnen gedenken. Das Blut, das durch die verschlossenen Türen und die geheimen Akten sickert, welche sie zu schließen versuchen, ist noch nicht getrocknet. Kein Ereignis, das sich nicht mit dem Gewissen vereinbaren lässt, kann verjährt werden. Auch dieses als „Selbstmord” geschmückte *** nicht.
Dreieinhalb Jahre lang trennten mich nur einige Meter von dem vor 40 Jahren verübten ***. Heute werden einige immer noch als Zellen und einige andere als Hobby-Räume genutzt.
Dass die DEMOKRATIE, von der die Imperialisten unentwegt in jeder Angriffs- und Rechtsberaubungsphase gegen die Bevölkerung reden, nur eine Demokratie der Bourgeoisie ist, hat sich seit 40 Jahren mehrfach bestägt.
Das Glitzern in ihrer Vitrine blendet die Augen der Bevölkerung und hindert sie daran, die Realität, die gleich neben ihnen liegt, wahrzunehmen. Dieses trügerische Glitzern ist das Glitzern des Kapitals, welches sich durch Ausbeutung vermehrt. Das Glitzern einer wilden Profitgier und der Spaltung der Massen. Ein Glitzern, welches die Bevölkerung gegeneinander aufhetzt, den Rassismus nährt und dafür sorgt, dass die Hände, die sie angreifen, unerkannt bleiben.
Und diese Worte, die ununterbrochen aus den Lautsprechern schallen, welche vor ihrer Vitrine postiert sind: „Noch mehr Sicherheit”, „Maßnahmen gegen den Terror”, „Um unsere Mitbürger zu schützen”, „Wer verschließt die Augen vor den radikalen Linken“, „Sie greifen die Polizei an, die ihre Pflicht tut“, „Das ist Terror und keine Meinungsfreiheit“, „Zur Vorkehrung müssen mehr Daten gesammelt, das Privatleben stärker beobachtet und überall Kameras angebracht werden“, „Strafen müssen erhöht werden“, „Stimmt, auch die Rechten machen Ausschreitungen, aber wegen den Linken und den terroristischen Ausländern, die eigentlichen Vorkehrungen müssen gegen sie getroffen werden“, „Mehr Polizei, mehr Befugnisse, mehr Personal für die Nachrichtendienste; viele Befugnisse reichen nicht, deshalb uneingeschränkte Befugnisse“, … Diese Liste zieht sich immer weiter durch die Lautsprecher.
Und was ist mit den so heiligen Werten, die in dem Grundgesetz verankert wurden. Im ersten Artikel steht, dass die „Menschenwürde unantastbar“ sei. Demnach seien alle Menschen „gleich vor dem Gesetz“, es gäbe „richterliche Unabhängigkeit“ und Gefangene hätten ein Recht auf Verteidigung sowie auf seelische und körperliche Unversehrtheit.
Der Imperialismus hat all diese Ausbeutung und das angesammelte Kapital weder mit „Menschenrechten“ gemacht, noch mit den Artikeln aus dem Grundgesetz. Er hat es mit Völkermord, mit Massakern, mit menschenverachtenden Experimenten und mit gesundheitsschädigenden Arbeits- sowie Lebensbedingungen gemacht.
Das Hass- und Rachegefühl sind so dermaßen groß, dass nichts, was sich gegen sein Regime, sein Kapital und seine Ordnung richtet, unverfolgt geblieben ist. Er hat weder seine eigenen Gesetze beachtet, noch seinen Schwindel vom „Rechtsstaat“. Er hat sich im wahrsten Sinne des Wortes in sein wirkliches, wildes Wesen zurückverwandelt.
Je mehr die Stimme aus dem Lautsprecher von“Selbstmord“ redet, umso mehr verliert es an Glaubwürdigkeit. Und eine weiteres Mal verstehen wir, dass „bürgerliche Regierungen lügnerisch, mörderisch, ausbeuterisch und menschenfeindlich sind“. Solange es ihm etwas nützt, liebt es die Rassisten, die es selbst erschaffen hat. Er liebt nicht die Demokratie selber, sondern das Gerede darüber. Er liebt seine eigenen Organisierungen, aber nicht die der Bevölkerung; er liebt sie, wenn sie individuell bleiben. Er liebt feudale, mörderische, faschistische Staaten, die ihm ihre Märkte öffnen. Allen anderen möchte er Demokratie bringen und deswegen nährt er Banden und organisiert Militärcoups.
Das wahre Gesicht des bürgerlichen Staates und des Imperialismus waren nur einige Meter von mir entfernt.
Neben meiner eigenen Gefangenschaft war die Gefangenschaft von dutzenden revolutionären Gefangenen sowie das Pfeffergas und die auf den Köpfen von Tausenden explodierenden Polizeiknüppel in mir drin. Und die durch die heutigen Nazis gelegten Brände sowie ihre Angriffe, deren Zahl über Zehn- und Zwanzigtausend liegt, sind in dem Feuer, das in mir brennt.

Ich umarme Euch alle mit meinem Glauben an eine schöne und freie Zukunft.

Mit Grüßen und in Liebe, Yusuf