AK Solidarität
Im Jahr 2015 startete in Belgien auf Initiative der Roten Hilfe Belgien die Kampagne „Revolutionäre Solidarität mit Rojava“, bei der Gelder für blutstillende Celox Verbände gesammelt werden, die an die KämpferInnen in Rojava geschickt werden. Mittlerweile hat sich die Kampagne auf Frankreich, die Schweiz, Italien und Deutschland ausgeweitet und es wurden bereits mehrere tausend Euro für Celox Verbände gesammelt und zahlreiche Veranstaltungen und Solidaritätsaktivitäten haben in diesem Rahmen stattgefunden. Wir konnten mit jemandem von der Roten Hilfe Belgien zur Kampagne sprechen.
Ihr habt die Kampagne „Revolutionäre Solidarität mit Rojava“ initiiert. Was war der Auslöser für die Kampagne und wie kamt ihr auf die Idee der Kampagne?
Zu Beginn wollten wir an der bereits existierenden Solidaritätsbewegung für Rojava teilnehmen. Wir nahmen an einigen Treffen teil, aber gerieten schnell an verschiedene Grenzen. Das Erste war, dass die Solidarität hauptsächlich humanitär und großteils auf Zivilisten (und v.a. Kinder) abzielte. Das Zweite war die Zusammensetzung der Solidaritätsbewegung an sich: wie in anderen Ländern haben Sozialdemokraten, Reformisten und Liberale auf der Basis einer humanitären Arbeit an der Solidarität teilgenommen. Aber es gab ein Spezifikum: Flämische Nationalisten haben auf der Basis der nationalistischen und reaktionären ebenfalls daran teilgenommen. Es war für uns nicht möglich eine Front mit so einer Organisation einzugehen. Eine dritte Grenze war die politische Motivation der Kampagnen: Wir wollten eine Bewegung, die Rojava unterstützt, lostreten, weil unserer Meinung nach dort eine Revolution stattfindet.
Die Kampagne weitete sich wahrscheinlich für euch überraschend schnell aus. Könnt ihr was zum Ausmaß der Kampagne sagen und wie erklärt ihr euch diese positive Resonanz?
Die Kampagne verbreitete sich schnell in Brüssel und in Frankreich bevor sie sich in die Schweiz, nach Deutschland und Italien durch die Rote Hilfe International ausweitete. Aktuell gibt es 30 Organisationen, die den Aufruf unterstützen. Wir haben zwischen 20.000 und 30.000 € gesammelt. Offensichtlich ist es so, dass nicht jeder gesammelte Euro angekommen ist, nicht jedes Celox es nach Rojava und nicht jedes Celox in Rojava es zum IFB geschafft hat. Das Embargo gegen Rojava ist scharf und die Geldsammlung ist technisch sehr schwierig.
Was die positive Reaktionen auf die Kampagne angeht, haben wir alle verschiedenen Typen der Unterstützung gesehen, die aus Europa für Rojava kam. Unsere Kampagne ist zu vielen unterschiedlich: Wir wollen eine politische Solidarität entfalten, die die revolutionäre Essenz der Erfahrung in Rojava betont. Für uns ist diese Erfahrung an einem Punkt an dem Widersprüche des Kapitalismus sind. Wir können das durch die Vielfalt der Kräfte, die in Syrien kämpfen, sehen und an der Bedeutung die die Region für die imperialistischen Kräfte hat. Einige Leute verstehen nicht warum die Rote Hilfe Verbände für KämpferInnen im Mittleren Osten kauft, während sie hier in Europa Hilfe bei Repression anbietet.
Für uns ist das die logische Entwicklung unserer Solidaritätsarbeit. Auf die gleiche Art und Weise wurden Krankenhäuser für die internationalen Brigaden in Spanien gebaut oder italienische AntifaschistInnen mit gefälschten Dokumenten ausgeschleust.
Ursprünglich war die Kampagne auf das IFB spezialisiert. In der deutschen, schweizerischen und italienischen Kampagne sind jetzt auch andere Kräfte im Fokus. Warum hattet ihr euch erstmal auf das IFB fokussiert? Und wie kam es zur Ausweitung auf andere Strukturen wie YPG, YPJ und andere Taburs?
Als wir die Kampagne gestartet haben, gab es nur zwei Strukturen für die InternationalistInnen in Rojava, unter ihnen das IFB. Wir wollten das IFB hervorheben, um die lokale Situation zu thematisieren. Es erlaubte uns sogar die Diskurse zu überwinden, die sagten, dass die fortschrittlichen Kräfte in Rojava nicht unterstützt werden müssten. Zum Beispiel wollen einige Bewegungen nicht die YPG oder die YPJ unterstützen, da sie behaupten, dass diese die Infantrie (die Bodentruppen) der USA (oder des syrischen, des iranischen oder russischen Regimes) seien. Andere Diskurse behaupten, dass die YPG und YPJ „autoritäre“ Milizen seien, während andere das genaue Gegenteil behaupten. Die Präsenz des Internationalen Bataillons, das kommunistische und anarchistische KämpferInnen sammelt, weist diese Diskurse ab und erlaubt uns eine komplexere und bewegendere Realität aufzuzeigen.
Wie geht es weiter mit der Kampagne? Was sind die nächsten Schritte und wann endet die Kampagne?
Der Kontext entwickelt sich schnell. Der Krieg in Rojava und in Syrien findet auch seinen Platz in der Türkei und im Irak. Wir müssen also vorsichtig mit den Fortschritten der SDF (Syrischen demokratischen Kräte, eine Koalition die von der YPG gegründet wurde) sein. Für den Moment machen sie einen riesigen Fortschritt und sie verletzen den Feind zutiefst. Aber diese Fortschritte werden nicht für immer halten. Für den Moment gibt es kein vorbestimmtes Ende für die Kampagne. Wir werden diese Analyse mit den anderen UnterstützerInnen machen. Ab einem gewissen Punkt werden die RevolutionärInnen in der Türkei unsere Solidarität mehr brauchen.
Wie kann man die Kampagne unterstützen?
Zuerst dadurch, dass ihr Geld spendet, so dass wir Celox kaufen können. Als zweites können politische Organisationen den Aufruf unterschreiben und die Kampagne politisch mittragen. Man kann auch den Aufruf verbreiten und die Informationen weiterleiten,…. Der Aufruf ist bereits in vielen Sprachen übersetzt, aber neue Übersetzungen sind natürlich auch willkommen.
Kontodaten: Rote Hilfe Schweiz, CH82 0900 0000 8555 9939 2, Vermerk: „Celox“
Weitere Infos unter: de.rojava.xyz, www.fb.com/rojava.xyz, www.rhi-sri.org