Prozessbeginn im ATIK Verfahren

Im April 2015 nimmt die deutsche Polizei 7 Mitglieder und Aktivistinnen der
Könföderation der Arbeiter aus der Türkei und Europa (ATIK), fest.

Deutschlandweit wurden parallel Hausdurchsuchungen in verschiedenen Städten durchgeführt. Aber auch in anderen Ländern gab es Razzien und Festnahmen. So wurde in der Schweiz, in Frankreich und in Griechenland jeweils ein Genosse verhaftet und nach einiger Zeit an die BRD ausgeliefert. Seitdem sind die AktivistInnen Erhan Aktürk, Sinan Aydin, Haydar Bern, Dr. Banu Büyükavci, Musa Demir, Müslüm Elma, Deniz Pektas, Sami Solmaz, Seyit Ali Ugur und Mehmet Yesilcali in Untersuchungshaft und mit Isolationshaft konfrontiert.

Der Vorwurf lautet, dass die Festgenommenen der, in der Türkei verbotenen, Partei TKP/ML (Türkische Kommunistische Partei/Marxistisch-Leninistisch) angehören würden.

Alle festgenommenen GenossInnen haben eine Anklage nach dem Schnüffelparagraphen 129b (Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung). Den verhafteten GenossInnen wird konkret die Unterstützung von Aktivitäten der Organisation in der Türkei, Sammeln von Geldern und die Rekrutierung von Kämpferinnen für Rojava vorgeworfen.

Diese Art von Repression ist leider nichts Neues.Dieses Verfahren ist ein weiterer typischer Fall von sogenannten Organisationsdelikten, die sich gegen linke migrantische Organisationen richten, so gibt es seit 2008 immer wieder Verfahren und Prozesse gegen angebliche PKK und DHKP-C Aktivistinnen. So ist nicht zu vergessen, dass der Angriff auf ATIK im direkten Zusammenhang mit dem Flüchtlingsdeal der Bundesregierung mit dem türkische AKP Regime gesehen werden kann.

Prozessbeginn in München

Am 17.06.2016 begann vor dem OLG München der bislang größte §129b Prozess gegen eine linke Organisation. Von Stuttgart aus gab es eine gemeinsame Busanreise zum Prozess. Vor dem OLG München fand den ganzen Tag auch eine Kundgebung statt mit verschiedenen Rednerinnen.

Vor dem Gerichtssaal fand eine Kundgebung mit ca. 500 TeilnehmerInnen statt. Die Reden, die Musik und die Parolen, die gerufen wurden konnten im Gerichtsaal gehört werden.

Vor Beginn des Prozesses sollten den angeklagten GenossInnen Fußfesseln angelegt werden, wogegen sie sich wehrten. Der Prozess verzögerte sich. Außerdem gab es technische Probleme, so dass der Prozess sich weiterhin verzögerte.

Von ProzessbesucherInnen wurden die Personalausweise kopiert und Leibesvisitationen durchgeführt. Die BesucherInnen mussten Stunden lang vor der Tür warten, um in den Prozesssaal hineingebracht zu werden. Der Saal war so aufgebaut, dass die ZuschauerInnen auf direktem Blickweg außer den Richtern niemandem zu Gesicht bekamen.

In den Saal passten insgesamt ca. 100 Zuschauer, so dass zahlreiche BesucherInnen nicht mehr in den Saal passten und draußen warten mussten.

Ungefähr 50 Delegierte aus verschiedenen Ländern waren am 1. Tag des Prozesses anwesend. Darunter HDP Abgeordnete Feleknaz Ucak und Figen Yüksekdag sowie CHP abgeordneter Hilmi Yarayici. Verschiedene Anwälte aus der Türkei sowie Delegierte des Menschenrechts Institut aus der Türkei waren vor Ort.

Die Gefangenen kamen erhobenen Hauptes und mit geballter Faust in den Saal und wurden mit Parolen und Solidaritätsbekundungen von den BesucherInnen begrüßt. Den Gefangenen konnte angesehen werden, dass ihr Wille und ihr Widerstand ungebrochen sind.

Die Bundesanwältin machte gleich zu Beginn des Prozesses ihre Einstellung klar mit dem Satz „wir sind in Deutschland, hier wird nur Deutsch gesprochen“.

Nach kurzer Zeit gab es die Mittagspause, in der die Abgeordneten aus der Türkei eine Pressemitteilung abgaben, in der Sie die Absurdität das Prozesses darlegten und zur Solidarität mit den Angeklagten aufriefen.

Yüksekdag sagte in ihrer Rede:

„Wir haben heute, obwohl Sie zeit Monaten unter schweren Isolation leben müssen, die Gesichter unsere Freunde gesehen die Widerstand leisten.Wir haben in dem Gesichter der Angeklagten den Mut gesehen der nicht zu brechen ist. Diesen Willen und dieses Bewusstsein der Revolutionäre die hier angeklagt sind begrüßen wir!“

Die Anklage konnte an diesem Verhandlungstag noch nicht verlesen werden, weil die Angeklagten Mehmet Yeşilçalı und Müslüm Elma über ihre VerteidigerInnen Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden Richter Dauster verlesen ließen und diese mit eigenen Erklärungen weiter ausführten.
ATIK 1

Solidaritätskundgebung in Stuttgart

Am Tag darauf gab es eine Kundgebung in Stuttgart auf dem Schlossplatz, bei welcher die Solidarität mit den Gefangenen kundgetan wurden. Es gab Redebeiträge von ATIK der Plattform §§129 abschaffen, in der sich verschiedene Organisationen organisieren, um gemeinsam gegen die §§129 vorzugehen, dem Arbeitskreis Solidarität, dem Offenen Treffen gegen Krieg und Militarisierung und der ver.di Jugend Stuttgart.

Im Anhang findet ihr noch die kurze Rede des Arbeitskreis Solidaritäts.

Schreibt den Gefangenen und zeigt eure Solidarität!
Die Adressen findet ihr auf Seite 19.
Freiheit für alle politischen Gefangenen!

In den nächsten Ausgaben des Gefangenen Info wollen wir die festgenommenen
Aktivstinnen der ATIK vorstellen.