Auszüge aus 2 Briefen von Rainer Löhnert

01.09.2023

Lieber … ,

danke für die Briefmarken und danke für das Info.
Danke auch für die Bilder aus dem Thälmann-Museum. (Anm. d. Red.: Karten vom Hamburger Aufstand von 1923)
Danke für die Briefumschläge.
Ich schreibe an Dich, weil Du mir Umschläge geschickt hast. Dass Musa und Thomas ‚raus sind, ist doch gut.
Meine Augen sind schon sehr schlecht. Lesen geht gar nicht, trotz starker Brille.
Das sind wohl das Alter und die Medikamente.
Ich hoffe, nicht zu erblinden. Zudem kommt, dass ich eingesperrt bin.
Ich bin wach und stehe morgens auf. Ich bin ein Krüppel.
Es ist Freitag, der Krieg dauert an.
Ich bin ein Anarcho. Ich bin gegen Faschismus. Ich bin gegen den Staat und gegen Psychiatrien und Knast.
Scheisse, der Richter hat mich nicht entlassen. Ein weiteres Jahr. nicht ‚raus und muss weiter kämpfen. Kämpfen muss ich, weil sonst der Gegner gewinnt, der Staat.
Ich finde, die Anarchie ist proletarisch, weil die Arbeit gegen Geld getauscht wird.
Kropotkin war gegen die Feudalherrschaft und ich bin auch gegen die Herrschaft des Adels.
Die Anarchie ist, wie Kropotkin sie dachte, gegen Knechtschaft, Patriarchat und Hierarchien.
Ich beginne zu entdecken, was Lenin Intelligenzja als Schicht herausfand.
Knast, das ist Schmerz und Schmutz.
Das sagte Jacques Mesrine, der in Kugelhagel starb. Auf dem Beifahrersitz saß seine Braut.
Ich habe eine neue Bekanntschaft aus Dresden. Mal sehen, ob sie mir antwortet.
Das dauert noch etwas.

Ich liebe die Natur wie Carmen Forderer….. Eine gute Frau.



03.09.2023

Lieber … ,

ich gehe jetzt voran. Dir vielen Dank. Ich weiß, dass ich mich auf Dich verlassen kann. Ja, das weiß ich.
Ich schreibe an das Network.
Aushalten kann ich, aber wenn ich nicht bald ‚rauskomme, dann sieht es schlecht aus.
Ich bekomme Psychodrogen in hoher Dosis … Ich brauche Freiheit.
Du kennst mich seit 2014/15. Jetzt ist schon 2023.
Die TAZ lese ich. Das ich ist aber komplett alles, was ich lese.
Meine Augen sind schwach, weil die Arznei auf die Augen wirkt.
Sehstörungen.
Einen Augenarzttermin habe ich beantragt.
Musa schrieb mal, ohne Hass kein Kampf.
Das stimmt. Liebe und Hass, Amore et Odio, das wussten die Lateiner schon immer.
Die Römer waren Imperialisten, das ist doch klar.
Rom war ein Imperium. Ich schreibe Dir, weil Du mich ja erst besucht hast und weil Du mir Briefmarken geschickt hast. Danke für Deine Solidarität.
Freiheit, die Anarchie, wird kommen, das wusste schon Marx.
Dass die freie, klassenlose Gesellschaft kommt.
Als Engländer sage ich: So long! (Anm. d. Red.: Er hatte einen englischen Vater)
Genosse Löhnert