Ahmad Sa’adat: Die lodernde Flamme des palästinensischen Widerstands wird niemals verglühen

Ahmed-Saadat
Ahmed-Saadat

Samidoun

Am 25. Dezember 2022 jährte sich zum 14. Mal die Verurteilung des palästinensischen Anführers Ahmad Sa’adat zu 30 Jahren Haft, durch die kriminellen Militär-Gerichte der zionistischen Besatzung. Ausschlaggebend für diese schandhafte Verurteilung war seine ruhmreiche Rolle als Generalsekretär der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP). Aber auch eine Rede, die Sa’adat als Antwort auf den Mordanschlag auf seinen Vorgänger Abu Ali Mustafa, durch das zionistische Regime, im August 2001 hielt, in der er erklärte, dass die Palästinenser die Ermordung ihrer Führer nicht akzeptieren und auf diese Verbrechen in gleicher Weise antworten werden.

Ahmad Sa’adat ist nicht nur ein politischer Gefangener eines kolonialen Systems, er ist ein internationales Symbol des Kampfes zur Befreiung Palästinas!

1953 geboren ist Sa’adat ein Kind palästinensischer Flüchtlinge, die aus ihrer Heimat Deir Tarif in der Nähe von Ramleh 1948 vertrieben wurden. Sie gehören zu den 7 Millionen Palästinensern, denen in Flüchtlingslagern außerhalb Palästinas und im Exil in der ganzen Welt, ihr Recht auf Rückkehr in ihre Häuser, Länder und Eigentümer verweigert wird. Genau wie ihr Recht sich zu organisieren und für ihre Freiheit, ihre Rückkehr und ihre Befreiung zu kämpfen.

Ausgebildet als Mathematiklehrer, ist Ahmad Sa’adat seit 1967 in der palästinensischen Freiheitsbewegung involviert. Laut eigenen Angaben trat er der Bewegung in dem Jahr bei, in dem das zionistische Regime die Westbank sowie den Gazastreifen nach der Naksa (dem Rückschlag 1967) besetzte. Nach dem Beitritt in die Studierendenvereinigung der PFLP wurde er 1969 zum offiziellen Mitglied der Volksfront, um gegen die zionistische Besatzung zu kämpfen. Primär entschied er sich für die Volksfront, um die Besatzung zu bekämpfen und für die nationale Befreiung der Palästinenser und Araber einzutreten. Aber als Teil der Geflüchteten, die die Konsequenz der Nakba (Palästinensische Katastrophe) erleiden mussten, sowie als Sohn eines Arbeiters entdeckte er die sozialistische, marxistische Ideologie für sich, die in der PFLP immer stärker vertreten war. Diese ideologische Entwicklung in der Partei, die in der Massenorganisation ihren Widerhall fand, war ein Schritt zum weiteren Wachstum der progressiven arabisch-nationalistischen Strömung und der damit verbundenen Ansätze innerhalb und außerhalb des besetzten Palästinas. Die Entwicklung des Programms der PFLP und die Zunahme ihrer Popularität erfolgten nach 1967 aufgrund der Niederlage der arabischen kleinbürgerlichen Kräfte nach dem Angriff der zionistischen Kräfte.

Die Volksfront zur Befreiung Palästinas ist immer noch die zweitgrößte politische Fraktion innerhalb der palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO). Als revolutionäre, marxistisch–leninistische Fraktion kämpft sie für die Schaffung eines demokratischen und säkularen Palästinas. Von Dr. George Habash und weiteren führenden Mitgliedern der Arabisch-Nationalistischen Bewegung gegründet, war die PFLP stets an vorderster Front im palästinensischen, politischen sowie bewaffneten Kampf für die Befreiung Palästinas.

Im Laufe seiner frühen Aktivität in der PFLP und der palästinensischen Freiheitsbewegung verbrachte Ahmad Sa’adat viele Jahre hinter israelischen Gittern, insgesamt 10 Jahre seines Lebens. In dieser Zeit wurde seine Verbindung zum Marxismus sowie seine Hingabe für den nationalen Freiheitskampf und der PFLP gestärkt. Er war bekannt für seine führende Rolle in der Gefangenenbewegung, seine Standhaftigkeit und seine Weigerung, unter Verhören ein Geständnis abzulegen, sowie für seine leitende Rolle bei der Ausbildung und Förderung inhaftierter junger Palästinenser.

Zum Generalsekretär der PFLP wurde Sa’adat 2001 gewählt, nach dem zionistischen Mordanschlag auf den damaligen Generalsekretär und PFLP-Mitbegründer Abu Ali Mustafa mit zwei US-amerikanischen Raketen, die am 27. August 2001 in sein Büro in Ramallah geschossen wurden. Ab diesem Zeitpunkt rückte er nur noch stärker ins Visier der zionistischen Besatzung.

Am 17. Oktober 2001 verübten Kämpfer des bewaffneten Flügels der PFLP als Vergeltung für die Ermordung von Abu Ali Mustafa ein Attentat auf den rechtsextremen und rassistischen Tourismusminister Rehavam Ze’evi im Hyatt Hotel in Jerusalem. Ze’evi war für seine wiederholten Aufrufe zum gewaltsamen „Transfer“ von Palästinensern nach Jordanien berühmt und galt als Symbolfigur für die zionistische extreme Rechte. Nach der Tötung von Ze’evi verfolgten die zionistischen Kräfte Sa’adat und seine Genossen und verlangten von der Palästinensischen Autonomiebehörde, sie im Rahmen der Vereinbarungen zur „Sicherheitskoordinierung“ des Osloer Abkommens zu festzunehmen und zu inhaftieren.

Die Gesamtheit dieser Ereignisse bahnte sich zum unheilvollen Höhepunkt am 15. Januar 2001, für den Generalsekretär an. Ahmad S‘adat nahm an diesem Tag an einem Treffen mit dem Sicherheitschef der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Tawfiq Tirawi, teil. Das Treffen galt nur als falscher Vorwand, um ihn auf Druck der zionistischen Besatzung und den USA zu entführen. Gebracht wurde er zuerst in das Muqata’a Gelände in Ramallah, der damalige Hauptsitz von dem ehemaligen Präsidenten Yasser Arafat. Durch ein Abkommen der imperialistischen Kräfte Israel, Großbritannien und den USA wurde Sa’adat daraufhin für vier Jahre in einem Gefängnis der Palästinensischen Autonomiebehörde festgehalten. Das Gefängnis wurde von britischen, US-amerikanischen, kanadischen und türkischen Soldaten bewacht, um zu verhindern, dass Sa’adat und seine Genossen fliehen oder freigelassen werden. Das macht es eindeutig, dass bei der Entführung des Generalsekretärs keineswegs palästinensische Eigenstaatlichkeit vorhanden war, sondern dass offensichtlich gegen sie verstoßen und nach den Forderungen Israels, den USA und Großbritanniens, mit voller Kooperation der PA, gehandelt wurde. Ahmad Sa’adat wurde in der Zeit für kein Verbrechen verurteilt. Ein PA-Gerichtsverfahren wurde immer wieder verschoben oder verzögert.

Die Bedingungen im Gefängnis zeichneten sich für Sa’adat und seine Genossen sowie Mitgefangenen durch die Trennung der Insassen, ein Verbot der Kommunikation, die Verweigerung des Zugangs zu Zeitungen, Büchern, Freigang sowie Besuchen, auch von ihren Familien, aus. Zudem wurden Wasser und Strom in ihren Zellen abgeschaltet und weitere Strafmaßnahmen durch die „bewachenden“ internationalen Kräfte implementiert, worauf Sa’adat und seine Mit-Insassen zwei Hungerstreiks aufstellten, um ein Ende des unmenschlichen Umgangs sowie ihre sofortige Freilassung zu verlangen.

Diese äußert rechtmäßigen Forderungen wurden seitens der imperialistischen Akteure nie beachtet, sondern das Gefängnis der PA in Jericho wurde am 14. März 2006 vom Militär der Besatzung gestürmt. Zu dieser Zeit stand die offizielle politische Vertretung der Palästinenser vor einem möglichen Machtwechsel, nachdem Unterstützer von Hamas und den palästinensischen Widerstand die Wahlen zum Palästinensischen Legislativrat in der Westbank und Gazastreifen im Januar 2006 gewonnen hatten. Am 26.01.2006 erklärte Ismael Haneyye: „Wir weigern uns und sind immer noch gegen seine Verhaftung und alle politischen Inhaftierungen. Wir fordern die Freilassung aller politischen Gefangenen im Jericho Gefängnis, einschließlich Saadat“. Aus diesem Grund griff das zionistische Regime Sa’adat und seine Genossen zwei Wochen vor der offiziellen Amtseinführung Haniyehs als PA-Ministerpräsident am 29. März 2006 an um sie zu entführen.

Zwei palästinensische Wächter wurden beim Überfall getötet, 23 verletzt und Sa’adat sowie seine Mitgefangenen in ein Militärgefängnis der zionistischen Besatzung gebracht. Das Gefängnis wurde dabei für zwölf Stunden von den zionistischen Kräften durch Angriffe mit Bulldozern und Panzern sowie Drohungen der Hinrichtung der Gefangenen belagert. Wenige Stunden vor dem Angriff verließen die britischen und US-amerikanischen Wachen ihre Posten und machten somit den Weg für das Besatzungsmilitär frei. In Sa’adats eigenen Worten wird hier nochmals deutlicher, dass:

„Das Quartett aus den USA, EU, Russland und die UN, die Besatzung decken. Die Ereignisse im PA Gefängnis in Jericho haben die Regierungen Großbritanniens und den USA zu einem wesentlichen Bestandteil des Konflikts gemacht und jegliche Illusion ihrer Neutralität für immer begraben“.

Durch die Zusammenarbeit der Palästinensischen Autonomiebehörde, den imperialistischen Mächten und der Besatzung wurde Ahmad Sa’adat in der israelischen Militärbasis Ofer in Ramallah, in einer Anhörung am 28. März 2008 einer Bandbreite von politischen Anklagepunkten angeklagt. In seinem Prozess erklärt Sa’adat: “.. zur Verteidigung der Gerechtigkeit unserer Sache und zur Verteidigung des legitimen Kampfes unseres Volkes gegen die Besatzung weigere ich mich, die Legitimität eures Gerichts anzuerkennen oder eure Besatzung zu legitimieren oder vor einem von beiden zu stehen. Denn das, was ihr als eine Liste von Anschuldigungen und „Sicherheitsverstößen“ bezeichnet, sind in Wirklichkeit meine nationalen Pflichten, und müssten im Rahmen der allgemeinen Pflicht zum Widerstand gegen die Besatzung eingeordnet werden”.

Nach zweijährigen Verzögerungen wurde Sa’adat am 25. Dezember 2008 zu 30 Jahren Haft in den Gefängnissen der zionistischen Besatzung verurteilt. Das die längste Strafe, die von den Besatzungsgerichten für eine politische Verurteilung verhängt wurde. Das Ausmaß der Verurteilung ist ein weiterer Beweis dafür, dass es sich hierbei um einen systematischen Versuch handelt, den Widerstand und die Zielstrebigkeit des palästinensischen Volkes im Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit, Befreiung und Selbstbestimmung zu unterdrücken.

Dieser Versuch blieb dennoch nur ein Versuch, denn Ahmad Sa’adat befindet sich immer noch unerschütterlich an vorderster Front der Palästinensischen Freiheits- und Gefangenenbewegung. Trotz der zahlreichen weiteren Versuche, wie die nahezu dreijährige Isolationshaft oder die wiederholten Verbote von Familienbesuchen, wurde seine brennende Flamme des Widerstands nie zum Verglühen gebracht.

Der Kampf von Ahmad Sa’adat zur Befreiung Palästinas und für das Recht auf Freiheit, Selbstbestimmung und Beseitigung von Unterdrückung aller, wie sein Einsatz in der palästinensischen Gefangenenbewegung, die Beteiligung an zahlreichen Hungerstreiken und der Einsatz für politische Gefangene auf der ganzen Welt.

Ahmad Sa’adat ist ein palästinensisches, arabisches und internationales Symbol des Widerstands gegen den Kapitalismus und Kolonialisierung. Trotz der Unterdrückung, die ihm und 4.750 weiteren palästinensischen politischen Gefangenen aufgezwungen wurde, bleibt er klar in seiner Vision eines befreiten Palästinas, vom Fluss bis zum Meer, ohne sich jemals unterkriegen zu lassen.