Brief von Carmen Forderer vom 7.12.2020

Carmen Forderer

In der GI März 2020 hatte ich von einer Frau hier von der Sozialtherapeutischen Abteilung (Sotha) berichtet, die im Okt. 19 ihren 2/3 Termin ihrer Strafzeit hatte und seit der Anhörung alle dafür waren, also Gericht, Gutachter, Staatsanwalt nur fehlte ihr die Stellungnahme vom Haus, die kurz vor dem 2/3 Termin erschien. Das Haus lehnte eine Entlassung zum jetzigen Zeitpunkt ab, man solle bis Mitte des nächsten Jahres 2020 abwarten, wo daraufhin Gericht, Gutachter, Staatsanwalt umgefallen sind und gegen eine Entlassung auf 2/3 waren und ab da an ging die Psychofolter weiter. Diese Frau ist immer noch hier in Haft. Reststrafantrag lief und läuft immer noch ohne ein Ergebnis.
Mitte des Jahres 2020 kam und ging ohne eine Reaktion vom Gericht. Und dann Ende Oktober 2020 kam urplötzlich Bewegung rein. Das Gericht forderte eine Stellungnahme vom Haus ein, die wirklich super ausfiel. Das Haus war und ist für eine vorzeitige Entlassung.
Ehrlich Leute, diese Frau hat das beste Rundumpaket, dass es hier selten zu finden gibt. Sie kann die Wohnung ihrer Freundin übernehmen, hat Kontakt zum Bewährungshelfer, hat einen Platz bei einer sozialtherapeutischen Ambulanz, eine Ärztin die schon ihre Krankheitsgeschichte kennt, sie hat Kinder, eine Familie und Freunde, die ihr helfen. Seit dieser Stellungnahme ging jede/jeder ob es die Sozialarbeiterin, Psychologin, die JVA oder ihr Anwalt von einer Blitzentlassung aus.
Die Frau wartete und wartete, nichts geschah bis Mitte Nov. 2020 ein Schreiben vom Gericht kam, die eine Anhörung für unablässig hält. Eine Ernüchterung für alle und der nächste Tiefschlag lies nicht lange auf sich warten, denn kurze Zeit später kam das nächste Schreiben vom Gericht das nun ein Gutachten nochmals gemacht werden müsste. Kann man einem Menschen, wie in ihrer Situation, noch mehr den Boden unter seinen Füssen wegreißen?
Ihr Anwalt hatte davor mit dem noch zuständigen Richter gesprochen, der für eine Entlassung war, nur er ging in den Ruhestand ohne diesen Fall schriftlich zu Ende zu bringen und der jetzige zuständige Richter sagt, ich kenne die Frau nicht und weiß nicht wie „gefährlich“ sie noch ist, daher Gutachten und Anhörung. Nach mehreren telefonischen Kontakten und Anfragen seitens ihres Anwalts hieß es dann vom Gericht, sollte die Stellungnahme von der Staatsanwaltschaft für eine vorzeitige Entlassung sein, dann könnte sie gehen. Seit mehr als 4 Wochen wartet jede/jeder auf diese Stellungnahme, aber es hat sich noch nichts getan. Nun kam von Gericht die Idee von einem „Schnellgutachten“.
Ich nenne die Vorgehensweise und Behandlung Psychofolter. Eine Frau mit türkischen Wurzeln, die in ihrer 16-jährigen Ehe gedemütigt und verprügelt wurde, in ihrem Körper mehr Platten und Schrauben stecken um zu einer Frührentnerin zu werden und ihr Selbstwertgefühl genommen wurde. Die ihren Mann, nun Ex-Mann, in diesen 16 Jahren 32 mal wegen Körperverletzung bei der Polizei angezeigt hat, die 3 mal eine Gewaltschutzanordnung erwirkt hat, sie nach 16 Jahren an einem Dezembertag 2016 unter Drogen, Alkohol und Medikamente zum Messer griff und 1 mal auf ihn einstach und dieser Stich war nicht lebensgefährlich. Eine Frau, die das Gericht erst nach einer erneuten Begutachtung auf die Frage der „Gefährlichkeit für die Allgemeinheit“ entscheiden will.
Das Verrückte an der ganzen Sache ist, die Frau geht Mitte März 2021 auf Endstrafe raus, nur da geht es dann um die Frage, Führungsaufsicht und zur Überwachung das Tragen einer elektronischen Fußfessel.

Carmen Forderer
JVA Schwäbisch-Gmünd
Herlikofer Str. 19
73527 Schwäbisch-Gmünd