Brief von Martin vom 20.03.21

Martin E.

Liebe Genoss*innen,
seit mehr als 5 Monaten sitze ich im Knast.
Ein Grund, Euch allen zu danken, für Solierklärungen, Briefe, Spenden, Unterstützungsangebote – Ihr seid echt klasse!
So sieht gelebte Solidarität aus!
Diese Solidarität gibt mir jeden Tag beim Aufstehen neue Kraft und Energie, den „Alltag“ mit Demütigungen durch Beamte, einem Coronaleugner auf der Zelle und den Blick auf nur graue Mauern zu ertragen.
Ihr alle fehlt mir sehr, besonders auch meine Verlobte, die in Schwäbisch Gmünd eingepfercht ist und die ich beim Prozessauftakt zum ersten Mal seit sechs Monaten sehen und hören werde.
Alle treuen Briefschreiber*innen werde ich aufgrund einer Anregung aus Österreich hin persönlich besuchen.
Am 22.4. wird der Prozess vor dem Landgericht Stuttgart beginnen.
Angeklagt wird nun „versuchte Nötigung“, „versuchte Brandstiftung“ und „Verabredung zu einer schweren Brandstiftung“.
Das Konstrukt „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung RAZ“ wurde zum Glück im Vorfeld fallen gelassen.
Nachdem ich einige Zeit in einer angenehmen Viererzelle war, wurden meine Mitinsassen leider verlegt.
Jetzt bin ich mit einem menschlich sehr angenehmen Menschen aus der Türkei, mit einem deutschen Pass, auf der Zelle. Mit ihm kann ich gut reden, er ist sehr sozial und rücksichtsvoll – das macht es echt aushaltbar.
Leider aber auch ein Coronaleugner, der ständig Selbstgespräche führt, an Aliens glaubt, die Erde für quadratisch hält und sehr unsozial und unselbstständig ist.
Auch hatte meine Beschwerde bei der Anstaltsleitung über eine Beamtin, die null Empathie zeigt, Insassen anlügt, Anliegen ignoriert, ständig den Wunsch hat hofiert und anerkannt zu werden, Erfolg.
Nach mehreren Beschwerden bei der Anstaltsleitung ist es deutlich angenehmer geworden.
Bei einem anderen Beamten, der ständig versucht seine Unsicherheit, durch das Kleinmachen anderer, Lügen oder rassistischem Vokabular, zu kaschieren.
Auch werden meine Anträge teilweise liegen gelassen oder verspätet weiter geleitet, so dass ich sechs Wochen warten musste, um mal mit dem Arzt zu sprechen.
Ferner habe ich drei Petitionen an den Innenausschuss gesandt, diese betrafen die Themen:
Pfändungsfreigrenzen in der JVA; Vergütungssystem und die Telefonkosten hier.
Ein Telefonat von Stuttgart nach Tübingen ist teurer als nach Nordafrika (sic!).
Ferner wollte man mir ein Gespräch mit einer Ausstiegsstelle aufdrücken, was ich abgelehnt habe.
Ich werde weiter für eine freie Gesellschaft kämpfen – mit freien Menschen in freien Vereinbarungen und mich für Menschen, Umwelt und Tiere einsetzen, hoffentlich bald wieder in Freiheit.
Schreibt weiterhin!
Solidarische, revolutionäre Grüße!
Euer Martin

Martin Eickhoff
Asperger Str. 60
70439 Stuttgart