Kommentar auf Musa Aşoğlus Brief im GI 420

Ron Augustin

Die Auflösung einer revolutionären Organisation kann natürlich den bürgerlichen Staatsapparaten überlassen werden – so könnte Musas Reaktion auf den im Gefangenen Info 409 abgedruckten Uni-Vortrag interpretiert werden. Oder man schafft es, die Entscheidung in der eigenen Hand zu behalten, aus Gründen und aufgrund von Kriterien, die man genau nicht dem Staat überlassen will. Der Kampf wird dann eben unter anderen Bedingungen weitergeführt, egal mit welcher Bezeichnung. Das war schon mehrmals so in Lenins Zeiten, oder noch weiter zurück, als Marx 1848 den Bund der Kommunisten aufhob, um erst mal den Weg für neue Strukturen und neue Kampfformen freizumachen.
Die Gründe der Auflösung der RAF scheinen Musa kaum bekannt zu sein, sonst würde er keine angeblichen Zitate wie „nicht fassbar“ und „hohes technisches Profil“ benutzen, die vielleicht aus den bürgerlichen Medien stammen, jedenfalls nie von der RAF oder von mir benutzt worden sind. Aus damaliger Sicht sollte mit der Auflösung etwas neues aufgebrochen werden – dass das nicht so gelaufen ist, wie manche von uns sich das hätten vorstellen können, ist ein Problem, das nicht nur bei den damaligen Illegalen, sondern viel breiter in der Linken bedingt war und ist.
Natürlich stimmt es, dass wir die Geschichtsschreibung nicht den bürgerlichen oder opportunistischen Maulaffen überlassen können, von denen ja solche Sätze stammen wie „Massendynamik, die sie zur Zeit ihrer Gründung besaß“ und „die Legalität verurteilt“. Darauf zielte der Uni-Vortrag, als Diskussion mit Studenten der Geschichtsfakultät, aufgehängt an der Kritik einer dieser Diplomarbeiten, die die gängigen Stereotypen nachplappern. Klar ist das kein Problem der Methodik, aber auch die von Musa wiederholten Hirngespinste zeigen, dass es manchmal Sinn macht, zu analysieren wie sowas funktioniert. Es genügt eben nicht, einen “revolutionären Anspruch” zu haben, auch wenn damit wohl „revolutionäres Selbstverständnis“ gemeint sein soll.