U-Haft Berichte

Tim Hilgendorf,, 27./28. Februar 2018

Bericht I U-HAFT (27. Februar 2018)

Als Ende letzten Jahres in der JSA Raßnitz ein Untersuchungshäftling seine Zelle anzündete, vermuteten seine Mitgefangenen, dass er dies aus Protest gegen eine, ihm möglicherweise drohende, Deportation tat. Einige berichteten mir jedoch, dass er starke psychische Probleme habe. Dabei beziehen sie sich auf diverse Wutanfälle, die der Mensch haben soll, für das Anzünden seiner Zelle wurde er 2 Wochen unter Arrest gestellt. Nun verdichtet sich die vermutung dass er psysische Probleme hat, neben etlichen Wutanfällen, die er täglich haben soll, hatte er am 23. Februar seine Zelle verwüstet, also die Einrichtung demoliert und sein TV-Gerät gegen die Gitter geworfen. So berichteten seine Mitgefangenen.
Desweiteren äußerten sie, man solle ihn in eine Psychiatrie einweisen, da er alles andere als zurechnungsfähig sei. Doch aller Wahrscheinlichkeit nach wird er nach seiner Urteilsverkündung deportiert.

Bericht II U-Haft

Am 26. Februar um ca. 18:27 Uhr sollten sich die Gefangenen meiner Station in ihre Zellen begeben, da der diensthabende Beamte einen Einsatz hatte, wir vermuteten eine Schlägerei in einem anderen Trakt. Jedoch lagen wir falsch. Am 27. Februar erfahren wir, dass es in dem Trakt, in welchem sich die U-Haft befindet einen Ausbruchsversuch gab. Was geschah am 26.02.? Mitgefangene aus der U-Haft berichteten, dass die diensthabende Schließerin, welche äußerst autoritär und faul sein soll, nach dem Umschluss vergessen hatte 2 Gefangene wegzuschließen. Diese witterten ihre Chance zum Ausbruch. Die Beiden begaben sich zunächst in den Gemeinschaftsraum, in dem sich die Tür zum Freistundenhof befindet.
Diese Tür war nicht verschlossen. Die Schließerin hatte wohl auch vergessen den Lappen, welcher die Tür aufhält, damit die Gefangenen während einer Freistunde auch auf Toilette können, abzunehmen. Die Beiden begaben sich also auf den kameraüberwachten Hof des Traktes und kletterten mit gegenseitger Hilfe aufs Dach. Von diesem gelangten sie auf das Vordach, welches die Magistrade umgibt. Von dieser wanderten sie weiter bis zum Dach der sozialtherapeutischen Abteilung, welche sich ca. 80-100 m vor der Schleuse befindet. Sie haben jedoch beim Betreten des Vordachs einen Alarm ausgelöst. Auf diesen Alarm hin folgte wohl zunächst die Feststellung, wieso dieser ausgelöst wurde und alsbald der Großeinsatz der Schließer. Nicht nur unsere Station wurde aufgrund dessen weggeschlossen. Auch alle anderen Stationen der Jugendstrafanstalt Raßnitz wurden weggeschlossen. Der Ausbruchsversuch fand in dem Zeitraum von ca 17:51 – 18:42 statt. Die Beiden wurden schlussendlich auf dem Dach der sozialtherapeutischen Abteilung zusammengekauert und frierend aufgefunden. Sie schafften es leider nicht in die Freiheit. Desweiteren wurde mir berichtet, dass die Schließerin von einem Gefangenen, der zwischen 17:51-18:22 Uhr vom Seelsorger (welcher sich liebevoll um die Gefangenender Anstalt kümmert) in seine Zelle zurück gebracht wurde, verlangt haben soll eine Falschaussage zu machen, nach der nicht sie die Tür offen ließ, sondern der Anstaltsseelsorger, der Gefangene tat dies nicht! Zurück zu den Beiden fast Ausreisern. Was Sie für eine Strafe erwartet, bleibt abzusehen. Dass sie eine kriegen ist sicher. Und das für Ihr Bedürfnis frei zu sein…….”

Nachtrag zu Bericht II (28. Februar 2018)

Nach Angaben von Mitgefangenen, welche im Trakt der U-Haft eingekerkert sind, steht nun nach dem Ausbruchsversuch die komplette U-Haft, also alle Untersuchungshäftlinge, unter Verschluss, sprich 23 Stunden Zelle.
Mir ist nicht bekannt, wieviele Menschen sich dort befinden, doch dies tut ja auch nix zur Sache, daher nun alle für den Ausbruchsversuch von Zweien zur Verantwortung gezogen werden. Wie lange der Einschluss anhält, bleibt abzusehen. Was damit erreicht werden soll, ist jedoch klar. Die Gefangenen werden unter Druck gesetzt und die Wut derer, die nun unter Verschluss stehen, richtet sich in erster Linie gegen die beinahe Ausreiser, welche nur ihrem Bedürfnis nach Freiheit nachkommen wollten.

Stand 28.02.18

Tim Hilgendorf
Jugendstrafanstalt Raßnitz
Gröbersche Straße 1
06258 Schkopau