Brief von Max

Max, 04.07.2018

Hi an alle, die das lesen! Vorab vielen Dank an alle, die mir geschrieben, an mich gedacht oder mich besucht haben. Ihr seid einer der Hauptgründe warum meine aktuelle Situation mich nicht verzweifeln lässt, sondern es mir den Umständen entsprechend gut geht. Es muntert einen sehr auf, wenn Post und Anteilnahme kommt.
Leider konnte ich viele Briefe und Karten nicht lesen oder beantworten, da über 100 Stück von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt wurden. Doch auch die Beschlagnahmungs-Mitteilung jedes einzelnen Briefes hat mich immer aufgemuntert, denn ich wusste, dass jemand an mich gedacht hatte. Darüber hinaus wurden auch viele meiner Briefe beschlagnahmt oder sind verschollen, die ich an Mitgefangene in das Baskenland,in die Niederlande und an Kurd*innen oder Bekannte geschrieben habe.
Vielleicht habt ihr schon durch Mundpropaganda erfahren wie mein Alltag im Knast aussieht. Trotzdem werde ich meinen Alltag für alle anderen schildern (Achtung…ein bisschen trocken):
Um 6:00 Uhr wird die Zellenklappe aufgesperrt und man wird durch Rufe/Taschenlampe geweckt. Dienstags, donnerstags und samstags wird zwischen 8:30 und 8:40 Uhr die Zellentür aufgesperrt und man hat 1,5 Stunden Zeit sich zu duschen und die Zelle zu putzen. Um 10:30 Uhr ist an der Zellentür Essensausgabe und anschließend wird die Zelle bis zum Hofgang (12:15-13:15 Uhr) verschlossen.
Nach dem Hofgang ist Einschluss bis zum Abendessen ( 14:00 Uhr/ Frühstück ist ins Abendessen integriert). Danach ist wieder Einschluss bis zum nächsten Morgen.
Nur per Antrag kann man mittwochs den Stationsarzt besuchen. Medikamente werden nicht ausgehändigt sondern müssen im Büro der Station eingenommen werden. Auch bei Personen, die z.B drei mal täglich Medikamente zu sich nehmen müssen.
Montags und mittwochs dürfen Personen ohne Trennungsbeschluss für eine Stunde zum Sport. Dienstags und samstags ist Wäschetausch ( 10:00-10:30 Uhr/ genau abgezählt).
Aber jetzt genug von meinen aktuellen Lebensumständen, denn ich will in diesem Brief auch ein bisschen von den aufmunternden und solidarischen Worten zurück geben.
Ein guter Bekannter von mir sagte, dass nach den Wahlergebnissen der CSU bei der Bundestagswahl das halbe Jahr vor der bayrischen Landtagswahl richtig schlimm wird. Aber das, was wir die letzten Wochen erlebt haben, übertrifft meine schlimmsten Erwartungen.
Eigentlich wäre es ziemlich lustig mit anzusehen, wie die CSU auf Grund schlechter Umfragewerte für die Landtagswahl aus purer Angst hohl dreht und dabei sich selbst ins eigene Fleisch schneidet. Wenn sie aber dabei nicht nur die Stimmung gegen Geflüchtete anheizen und darüber hinaus zudem auch noch aktiv Menschenleben in Libyen, der Türkei, auf dem Balkan und im Mittelmeer gefährden würde.
Trotz oder gerade wegen dieser haarsträubenden Umstände hoffe ich, dass Ihr nicht verzweifelt sondern weiter macht!
Denn weder der NSU Komplex, rassistische Übergriffe noch hirnrissige Aktionen der CSU ( PAG, Polizei-Kavallerie, Ankerzentren usw.) und eine wachsende AfD dürfen unkommentiert und kritiklos stehen gelassen werden!
Wie heißt es noch so gleich in einem bekannten Song: „Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist, sondern es wäre deine Schuld, wenn sie so bleibt.“
Daher gebt die Hoffnung nicht auf, denn das was auf dem Spiel steht, ist unsere Zukunft!

Hoffende und solidarische Grüße aus dem Knast an alle, die das lesen!

Anmerkung: Seine Soligruppe schreibt dazu:“Max hat einen Brief aus dem Knast geschrieben, der dieses mal nicht “beschlagnahmt [wurde] oder […] verschollen gegangen” ist. „
Max befindet sich seit dem 16. Oktober 2017 in Untersuchungshaft München-Stadelheim. Vorgeworfen werden ihm diverse Sachbeschädigungen bis zu einer Höhe von mehreren Hunderttausend Euro. (siehe auch GI 416) Red.