Seelen inmitten der Dunkelheit

Residents of the village of Nabi Saleh, with solidarity from other Palestinian, Israeli and international activists, hold weekly non-violent demonstrations to demand an end to Israeli occupation and its associated policy of illegal settlement expansion. The Israeli security forces frequently meet these demonstrations with excessive and unnecessary force: since 2009 they have killed two protesters and injured hundreds of others. The army’s excessive use of force against the demonstrations affects the whole village and may constitute collective punishment, outlawed by the Fourth Geneva Convention. Shows woman standing in front of an armed soldier. She is holding a Palestinian flag.

von Manal Tamimi

Trotz dem Ganzen Schmerz und Schwierigkeiten, die sich in täglichen Demütigungen, Erniedrigungen, Angst, Furcht und Sorge äußern, die die palästinensische Frau durch die Besatzung ertragen und erleben muss, so zahlt sie dennoch den doppelten Preis ihres Palästinenserin-Daseins. Zum einen durch das Leiden ihres Ehemannes, Bruders, Sohnes, sei er ein Märtyrer, ein Gefangener oder ein Verwundeter, zum anderen allein durch die Tatsache, dass sie eine Frau ist, die unter einer unbarmherzigen Besatzung lebt. So ist sie auch die Märtyrerin, die Gefangene und die Verwundete.
Sehr oft hat manch eine Aktivistin während ihres Widerstands Gefangenschaft und Verwundungen durch die Besatzung erlebt, und wie sehr sie auch die unerträglichen Schmerzen ihrer Wunden in Erinnerung trägt und fürchtet, diese sind nichts im Vergleich zum Leid und Schmerz der seelischen Wunden, die die Haft uns zufügt, und die darauf zielen unsere Seelen und unseren Willen zu brechen.
Am 08.März am Internationalen Frauentag, an dem die Frau gewürdigt werden sollte, wurde ich verhaftet. Gegen 01:30 Uhr nachts stürmten ca. 40 Besatzungssoldaten unser Haus, sie brachen die Tür ein und wurden von 12 Militärfahrzeugen begleitet, die das Haus komplett abriegelten. Anfangs ging ich davon aus, dass sie meinen Mann oder einen meiner Söhne verhaften wollten, deshalb war ich sehr überrascht und überrumpelt, als ich erfuhr, dass ich verhaftet werden sollte. Es war sehr demütigend, sie befahlen mir mich vor den Augen der Soldaten zu entkleiden, als ich mich jedoch weigerte, haben drei Soldatinnen mich vor meinen Kindern verprügelt. Meine Kinder waren angesichts der gewaltigen Zahl der Soldaten in unserem Haus über alle Maße erschrocken und terrorisiert, auch weil sie zeitweilig meine Schreie hörten, ohne mich sehen zu können.
Sie verbanden mir die Augen, fesselten meine Hände und führten mich zum Verhörzentrum “Shaar Benjamin“. Dort wurde ich verhört und bis zum Abend des nächsten Tages ohne Essen und Trinken festgehalten. Anschließend wurde ich in das Gefangenenlager “Hasharon“ im Besetzten Palästina (innerhalb der Grenzen von 1948) deportiert.
In der ganzen Zeit während des Verhöres und des Transfers zum Gefängnis habe ich mir große Mühe gegeben die negativen Gedanken von mir fernzuhalten. So versuchte ich nicht an meine Kinder zu denken, versuchte die Haft als meine Gelegenheit von den Sorgen des Alltags abstand zunehmen. Ich versuchte die Haft als eine Rast zu betrachten, in der ich, fern der Haushaltsarbeit und der täglichen Routine, umsonst essen, trinken und schlafen kann. Dies war meine Strategie, um die Haft ohne bleibende psychische Schäden überstehen zu können.
Gegen Mitternacht kam ich im Gefängnis an, die anderen Gefangenen empfingen mich mit viel Liebe und Zuneigung, die mir viel Kraft verliehen und mich die Schmerzen vergessen ließen. Ich fühlte mich wie inmitten meiner Familie oder meinen Kindheitsfreundinnen. Ich kam in eine Zelle mit drei weiteren Gefangenen.
Abla Aadam, aus Hebron, erlitt einen Schädelbruch, ihr Kiefer und die rechte Wange waren zerschmettert, das Resultat eines Geschosses, das sie traf, als sie beim Versuch ihre Mutter zu besuchen einen Militär-Checkpoint, nähe der Abraham-Moschee passierte. Sie wird beschuldigt eine Messerattacke begangen zu haben.
Esraa Aljaghabies aus Al-Quds (Jerusaelm). 80% ihres Körpers ist verbrannt und sie verlor alle zehn Finger, als die Besatzer das Feuer auf ihr Auto eröffneten, während sie auf dem Weg war Milch für ihr Kind zu besorgen. Ihr wird vorgeworfen, dass sie mit ihrem Wagen eine Gruppe Soldaten versucht habe zu überfahren. Die dritte Gefangene kümmerte sich um die beiden und versorgte sie. Zusätzlich gab es auch sechs weitere Frauen mit verschiedenen Verletzungen, Yasmin Alzour aus Hebrun, mit Verletzungen an der Hand am Bauch und am Bein und neun weitere minderjährige Gefangeninnen.
Trotz der gravierenden Verletzungen der Gefangenen werden sie medizinisch nur mit schwachen Schmerzmitteln versorgt. Die Gefängnis-Praxis bietet keinerlei Behandlung an, dort ist nur ein männlicher Krankenpfleger, so dass viele Frauen sich weigern, von ihm untersucht zu werden.
Esraa wachte jede Nacht schreiend mit unerträglichen Schmerzen auf, nur eine kalte Dusche konnte ihr etwas Linderung verschaffen. Auch war sie nicht in der Lage selbstständig sich zu bekleiden oder Nahrung zu sich zu nehmen, weshalb sie die ganze Zeit auf die Hilfe der anderen angewiesen war und das beeinflusste in negativer Weise ihre psychische Verfassung immens.
Die allgemeine Situation im Gefängnis war sehr miserabel und katastrophal. Das Essen war sehr schlecht und bar jedem Nährwert, für die verwundeten Gefangenen, die eine besondere Ernährung bedurften. Viele von uns waren gezwungen, sich von der Gefängnis Kantine mit Produkten zu viel höheren Preisen einzudecken. Auch war das Gefängnis dermaßen überfüllt, dass einige von uns auf dem Boden schliefen, da es nicht genügend Betten gab.
Das wahre Leid war der Transfer im Gefängnisbus zum Gericht, er bestand aus mehreren sehr kleinen Zellen mit einer kleinen Lichtlücke weiter oben, die kaum für eine einzelne Person Platz bot. Sie weckten mich immer zwischen 2:30 und 03:00 Uhr morgens, entblößen und durchsuchen mich in einer sehr erniedrigenden Weise. Hände und Füße werden angekettet und im Bus werden Hunde zur Bewachung eingesetzt. Die Hunde sind sehr aggressiv und attackieren die Zellengitter sehr oft und in sehr erschreckender Weise.
Wenn es sich jedoch um eine einzelne Gefangene handelt, dann wird sie in kleinen, speziell für solche Zwecke zur Verfügung gestellten, Polizeiwagen transportiert, die nicht minder schrecklich sind als die Busse. Die Klimaanlage läuft während der gesamten Fahrt auf kältester Stufe im Winter und auf wärmster Stufe im Sommer, um die Fahrt für uns sehr mühsam zu gestalten. Auch dauert die ganze Prozedur meistens bis Mitternacht, was den verwundeten Gefangenen sehr viel Leid und Schmerz verursacht.
Die Warte-Zellen im Gerichtssaal von Oofar sind im Winter voll mit Regenwasser, die Toiletten verfügen über ein offenes Fenster, so dass keine Privatsphäre vorhanden ist.
Die Gefangene betritt den Saal gekettet an Händen und Füßen. Meistens sieht sie ihre Familie nur für ein paar Minuten. Gespräche zwischen Ihnen sind streng untersagt, bei Zuwiderhandlung werden die Eltern oder auch die Gefangene selbst in einer sehr demütigenden Art und Weise aus dem Saal entfernt.
Die minderjährigen Gefangenen, Dima Alwawi mit 12 war die jüngste, litten besonders in der Haft. Sie haben die Tragweite der Haft nicht verstanden. Dima verlangte stets nach ihrer Mutter, der seitens der Besatzung keine Erlaubnis erteilt wurde ihre Tochter zu besuchen. Die Eltern müssen eine Besuchserlaubnis beantragen, die in der Regel bis zu vier Monaten in Anspruch nehmen kann. So dass ein Wiedersehen in dieser Zeit  nicht möglich ist. Auch die Minderjährigkeit schützt sie nicht vor Folter und Demütigungen, auch nicht davor wie volljährige Frauen behandelt zu werden.
Es existieren zwar viele Verträge, wie die Genfer Konvention, die die Rechte von Gefangenen sichern, jedoch verletzt “Israel“ ungestraft all diese Rechte und besonders die Paragrafen §: 3, 15, 27, 28, 30, 31, 32, 15 und 3 der Genfer Konvention von 1949. Die gravierendste dieser Verletzungen des Genfer Rechts ist die Deportation der Gefangenen von der Westbank in den seit 1948 besetzte Palästina und ihnen die Mindestrechte zu verweigern.