Die Gefallenen des Widerstandes bleiben unvergessen!

Revolutionäre Geschichte aneignen und verteidigen!

Am frühen Morgen des 18. Oktober 1977 werden vier Gefangene der Roten Armee Fraktion tot bzw. schwerverletzt in ihren Zellen aufgefunden. Andreas Baader und Gurdrun Ensslin sind bereits nicht mehr am Leben, Jan Carl-Raspe stirbt wenige Stunden später und Irmgard Möller überlebt schwer verletzt. Am morgen des 18. Oktober wird bereits um 9.00 Uhr von der Baden-Württembergischen Landesregierung bekannt gegeben, die Gefangenen hätten sich selbst das Leben genommen. Die bundesweite Presse wird um 14.00 Uhr vom Sprecher der Bundesregierung auf „Selbstmord“ eingestimmt. Um 16.00 Uhr begannen erst die gerichtsmedizinischen Untersuchungen. Die „Selbstmordthese“ wurde zu einer nie bewiesenen Wahrheit gemacht, jede/r der/die dies öffentlich in Frage stellte, wurde und wird weiterhin kriminalisiert. Über die bürgerlichen Medien wurde eine „herrschende Wahrheit“ geschaffen, die sich in den Köpfen Vieler eingebrannt hat. Andreas, Gudrun und Jan sind dabei nur drei von insgesamt 9 Gefangenen, die während des Widerstands gefallen sind.

„Für uns war klar, Selbstmord ist nicht Sache. Wir sind entschlossen zu kämpfen … Ich habe mir die Verletzungen nicht selbst beigebracht.“ (Irmgard Möller, 16.01.78, Untersuchungsausschuss Landtag Baden-Württemberg)

Als Irmgard Möller 1993 nach 21 Jahren Knast freikam, wurde zeitweise gegen sie ermittelt, weil sie weiterhin daran festhielt, dass sich die Gefangenen aus der RAF nicht selbst umgebracht haben. Nicht nur Irmgard Möller widersprach der „Selbstmordthese“. Für die internationalen Bewegungen war klar, dass es sich hierbei um Morde im Staatsauftrag handele und es gab weltweit Protestresolutionen, Demonstrationen, Hungerstreiks und militante Aktionen in mindestens zehn europäischen Ländern, den USA und Palästina. Es ist nicht nur die „Beweislage“, die „Selbstmord“ in allen Fällen ausschließt, es ist gerade der politisch-gesellschaftliche Kontext, in den wir die Toten einzuordnen haben.
Von Ende März bis Ende April 1977 befinden sich zeitweise über hundert Gefangene im Kampf gegen die Isolation im Hungerstreik. Am 7. April wird der Generalbundesanwalt Siegfried Buback vom „Kommando Ulrike Meinhof“ getötet. Das ehemalige NSDAP-Mitglied Siegfried Buback stand für ein repressives System, das beständig die Haftbedingungen der Gefangenen verschärft hatte. Während seiner Amtszeit starben vier Gefangene der RAF in Haft.
Nachdem Ende April Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in Stammheim zu lebenslanger Haft verurteilt wurden, werden auch weitere RAF Mitglieder zu langen Haftstrafen verurteilt und einige Personen, darunter auch Verena Becker, festgenommen.
Am 30. Juli wird Jürgen Ponto, Vorstandsvorsitzender der Dresdner Bank, bei dem Versuch ihn zu entführen, von einem Kommando der RAF erschossen. Anfang August beginnt der fünfte Hungerstreik der Gefangenen. Kurz darauf gibt es einen missglückten Anschlag auf das Gebäude der Bundesanwaltschaft.
Am 5. September 1977 entführt das „Kommando Siegfried Hausner“ Hanns-Martin Schleyer und fordert im Austausch gegen ihn die Freilassung elf politischer Gefangener. Als Reaktion darauf wird seitens der Bundesregierung eine absolute Kontaktsperre über 72 Gefangene verhängt. Die Bundesregierung geht nicht auf die Forderungen des RAF-Kommandos ein und die Situation spitzt sich zu. Einige Politiker sprechen sich – manche offener, manche indirekt – für die Tötung von Gefangenen aus. Es ist genau die Zeit, in der Deutschland von einer „Krisenstabsregierung“ (Notstandsregierung) regiert wird.
Am 13. Oktober wird eine Passagiermaschine von einem palästinensischen Kommando entführt und fordert ebenfalls die Freilassung der Gefangenen. Die Maschine wird vier Tage später in Mogadischu/Somalia von der GSG9 gestürmt.
Am 18. Oktober 1977 werden Andreas Baader und Gudrun Ensslin tot, Jan-Carl Raspe sterbend und Irmgard Möller schwer verletzt in ihren Zellen aufgefunden. Kaum einen Monat später wird Ingrid Schubert erhängt in ihrer Zelle aufgefunden. Hanns-Martin Schleyer wird am 19. Oktober 1977 getötet. Die RAF schrieb damals dazu:

„Für unseren Schmerz und unsere Wut über die Massaker von Mogadischu und Stammheim ist sein Tod bedeutungslos.“ http://www.labourhistory.net/raf/read.php?id=0019771019

Schon vor und nach der Entführung werden rund 40 Personen festgenommen und die Repression ausgeweitet. Unter anderem Rechtsanwälte, Personen, die Gefangene besucht hatten, DruckerInnen und Aktive aus Solidaritätsgruppen waren davon betroffen.
Der Tod der vier Gefangenen stellte eine neue Qualität in der Auseinandersetzung von bewaffnetem Kampf und Staat dar.
In dem Papier „Guerilla, Widerstand und antiimperialistische Front“ von 1982 bezeichnet die RAF das Jahr 1977 folgendermaßen: „Der Zusammenstoss zwischen Guerilla und Staat 77 war Katalysator für einen Umschlag der politischen Situation.“ Der 18. Oktober 1977 steht dabei für die Zuspitzung eines Konfliktes, für die rücksichtslose Verfolgung der revolutionären Linken und symbolisiert seither den vor nichts zurückschreckenden Verfolgungswillen der Repressionsorgane gegen die RAF.

Für uns heißt es: Revolutionäre Geschichte aneignen und verteidigen!

Die eigene Geschichtsschreibung den Herrschenden zu überlassen, wäre gleichbedeutend mit Resignation, Aufgeben und dem Verrat der Gefallenen des Widerstandes. Daher ist es unser Anliegen, der bürgerlichen Geschichte die eigene, revolutionäre Wahrheit entgegenzusetzen.
Wir erleben es gerade wieder: Nach fast 20 Jahren der Auflösung der RAF sehen wir uns immer noch mit einer massiven medialen Hetze konfrontiert, deren Aufgabe es ist, die Geschichte der RAF nachhaltig zu diffamieren und den gerechten Widerstand aus den Köpfen der Menschen zu verjagen. Zur Zeit wird nach Burkhard Garweg, Daniele Klette und Ernst-Volker Staub gefahndet. Etwa 1990 haben sich alle drei der Überwachung entzogen, sind in den Untergrund gegangen und sollen sich dann der RAF angeschlossen haben.
Dieser Aufwand dient letztlich dazu Licht in die bisher „unaufgeklärten Aktionen“ der RAF zu bringen. Dabei handelt es sich konkret um den Angriff gegen Alfred Herrhausen, den Chef der Deutschen Bank (der damals stärksten europäischen Bank) und enger Berater des damaligen Bundeskanzlers Kohl, die Schüsse auf die US-Botschaft von 1990, den Angriff auf den Vorsitzenden der Berliner Treuhand Detlev Karsten Rohwedder und die Sprengung des noch nicht fertiggestellten Knastes in Weiterstadt mit einem Schaden von ca. 40 Millionen DM.
Es ist klar, dass die Berichterstattung keine objektive ist, sondern direkt von den Schreibtischen aus dem Apparat, sprich der Polizei, den Geheimdiensten und der Staatsanwaltschaft kommt.
Für uns sind die Gefallenen nicht vergessen und der Kampf gegen die kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung bleibt legitim und notwendig!

In diesem Sinne:

Revolutionäre Geschichte aneignen und verteidigen!
Freiheit für alle politischen Gefangenen – weltweit!

Wir senden Daniela, Volker und Burkhard unsere revolutionären Grüße!