Klimanotstandsstaat

Amazonas brennt
Amazonas brennt

ermittlungsausschuss dresden

Land auf Land ab warnen Politikerinnen gerade gerne vor einer neuen Roten Armee Fraktion. Gerade mal zwei Jahre ist es her, da schwadronierte der Leiter der Soko LinX von einer neuen RAF die in Leipzig Connewitz am entstehen wäre, weil sich Teile der Autonomen über alle Maßen radikalisiert hätten. Heute sind es Klimaaktivistinnen, denen mit der Keule „RAF“ der Kampf angesagt wird.
Natürlich ist dieses Bild eine inhaltslose Kampfformel, mit der Rechte ihre politischen Gegner*innen diffamieren und isolieren wollen. Wer allen ernstes die Bomben der RAF in der Armeebasis Rammstein oder den erschossenen Arbeitgeberpräsidenten Schleyer mit der freiwilligen Selbstmontage mittels Sekundenkleber auf deutschen Straßen gleichsetzt, hat nicht mehr alle Latten am Zaun. Nun ganz offensichtlich wollen die, die da in den Äther der bürgerlichen Presse rein plärren von der historischen RAF nix wissen und noch weniger von ihr verstehen. Egal. Sie wollen über die RAF reden? Nur zu, dann reden wir doch mal über die RAF.

Die RAF bildete sich am Ende der 60er Jahre. Ihre Vorgeschichte ist die Geschichte der Kämpfe gegen die Wiederbewaffnung und die atomare Aufrüstung der BRD. Zu ihrer Geschichte gehört der Widerstand gegen die imperialistische Verwüstung Vietnams und der Sieg der Guerilla auf Kuba. Ihre Radikalität speiste sich nicht zuletzt aus der Erkenntnis, dass die nationalsozialistische Elite die Entnazifizierung problemlos überstanden. In den Institutionen der BRD betrieb sie in den 50er und 60er Jahren die Kommunistinnenhatz einfach weiter. Und die Kämpferinnen der RAF, namentlich Meinhof, Ensslin, Meins und Baader, mussten mit ansehen, wie die Außerparlamentarische Opposition zerfiel unter Repression und Bekenntniszwang. Sie mussten mit ansehen, wie Rudi Dutschke niedergeschossen und Vietnam trotz aller Proteste in die Steinzeit gebombt wurde.
Was sie beobachteten war die erfolgreiche Eingliederung großer Teile der Welt unter das fordistische Produktionsregime. Im globalen Norden bedeutete es Waschmaschinen, Küchengeräte und Autos für die meisten, gepaart mit der relativen Meinungsfreiheit der bürgerlichen Demokratie. Der globale Süden wurde hingegen unter das Regime der rücksichtslosen Rohstoffausbeutung und Sklavenarbeit gezwungen.
Gegen dieses Gemisch aus imperialistischem Krieg und Aufrüstung, massiver Repression im Innern und kapitalistischer Atomindustrie griff die RAF zu den Waffen.
Hat sich an all dem so viel verändert?
Zum Thema Aufrüstung? 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, Drohnen und künstlich-intelligente Waffensysteme.
Am deutschen Imperialismus? Der Afghanistaneinsatz, die militärische Mission in Mali, deutsche Waffen in den Händen türkischer Soldaten und Panzer für Saudi-Arabien.
Am Stand der Repression im Innern? Seit 2017 hat die Polizei Maschinenpistolen, Handgranaten, Panzer, Staatstrojaner, Polizeispitzel. Man wünscht sich Predictive Policing und Massenüberwachung mittels Vorratsdatenspeicherung.
Allein die Ideologie mit der die Verwüstung des Planeten gerechtfertigt wird, hat sich verändert. Es ist nicht mehr der faschistoide Antikommunismus der 60er Jahre, der uns allenthalben um die Ohren knallt. Nein, stattdessen serviert uns der smarte Kapitalismus das Heilsversprechen eines Green New Deal. Mit immer smarterem Elektroschrott und erneuerbaren Energien will die liberale Elite das Produktionsregime über die Zeit retten. Elektroschrott für den in afrikanischen Staaten Cobalt-Minen mit Sklavenarbeit betrieben werden. Erneuerbare Energien, deren Herstellung tonnenweise Wasser verschlingt. Das ganze Gerede vom Klimaschutz ist einzig ein Vehikel, um den Kapitalismus in eine neue Phase zu hieven. Mit der Rettung des Planeten als lebenswertem Ort für diese und künftige Generationen hat das alles nichts zu tun.
Nun denn. All dies vor Augen sollten diejenigen die sich eine neue RAF zusammen phantasieren vielleicht etwas vorsichtiger sein. Denn wenn die Gründe für den bewaffneten Kampf, für die endgültige Abschaffung des kapitalistischen Elends nicht aus der Welt sind, dann könnte es sein, dass der Kampf selber nur eine Pause genommen hat.
Warum nicht eine Bank enteignen, die mit Rüstungsgütern und Klimakillern spekuliert?
Warum nicht einen Flughafen lahmlegen, um seinen Ausbau zu behindern?
Warum nicht eine Teslafabrik still legen, die uns das Grundwasser weg säuft?
Warum nicht einen Kohletagebau sabotieren, der zu den größten CO2-Erzeugern Europas gehört?
Weil es nach den Gesetzen dieses Staates illegal ist? Sicher nicht. Die Gewalt beginnt nicht mit der Sabotage. An erster Stelle steht die Gewalt der Herrschenden und ihrer Lakaien.
Die Grenzen für diese Kämpfe liegen allein in ihnen selber: die Blockade und Sabotage von Umweltzerstörung, Krieg und Klassenkampf von oben sind nur ein Teil des Ganzen. Sie können nur in dem Maße fortschreiten, wie es auch die Organisationen solidarischer Gegenentwürfe tun. Aber das diskutieren wir sicherlich nicht mit denjenigen, die damit beschäftigt sind Bomben für eine schlechtere Welt zu produzieren und zu werfen.
Nun, soviel zur RAF, eigentlich geht es uns ja um die Repression gegen und Solidarität mit der Klimabewegung.
Im Jahr 2020 gab es bundesweit Abseilaktionen an deutschen Autobahnen. Die Blockaden sorgten für mehrstündige Sperrungen und verhinderten das – immer weiter so – des fossilen Irrsinns. Gegen die Aktivistinnen geht der Staat nach wie vor mit Bußgeldern und Prozessen vor. Im Jahr 2021 seilten sich wieder Aktivistinnen von Brücken über Autobahnen ab, um gegen die Ausrichtung der Internationalen Automobil Messe zu kämpfen. Sie wurden darauf hin von den bayrischen Bullen in Präventivhaft genommen. Im selben Jahr machten sich Hunderte an die Blockade des Leipziger Flughafens und wurden dafür mit Lügen, DNA-Entnahmen und Prozessen überzogen.
Im September 2022 blockierten Dutzende das Kohlekraftwerk Jänschwalde. Das Kraftwerk hat den vierthöchsten CO2 Ausstoß in Europa. Tausende Tonnen CO2 wurden eingespart, weil es durch die Blockade abgeschaltet werden musste. Die unfreiwillige Feuerwehr hat sich für die Aktion verantwortlich erklärt. Seitdem sitzen Ava und Ralph in Haft. Gegen ein erstes Urteil hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, weil sie die beiden für mindestens 6 Monate hinter Gittern sehen möchte.
Vor und nach der Blockade gab es Angriffe auf die Kohlebahn. Sie versorgt das Kraftwerk mit Nachschub. Andernorts wurden Güterzug-Verbindungen, die Flüssiggas aus Osteuropa transportieren, sabotiert.
Seit September 2022 wird erneut gegen Besetzerinnen des Dannenröder Forst verhandelt. Bei der selben Besetzung war auch Ella verhaftet und für Monate in Haft gesteckt worden. Dabei macht der Staat mit seiner Repression gemeinsame Sache mit den Unternehmen der Auto- und Kohleindustrie. Diese geht immer wieder mit Abmahnungen gegen Aktivistinnen vor. Millionensummen werden von Unternehmen als Schadensersatz für Betriebsausfälle gefordert, deren Geschäft aus der Vernichtung der Ressourcen des Planeten besteht. Nebenbei bemerkt, ein Vernichtungswerk, das mit Steuermitteln subventioniert wird.
Und aktuell schlägt der Staat mit allen Mitteln gegen die Letzte Generation zu. Zwei Menschen sitzen aktuell in der bayrischen Unendlichkeitshaft. Währenddessen verwüsteten die Sächsischen Bullen ihre Wohnungen auf der Suche nach Beweismitteln. Aktuellen Presseberichten ist zu entnehmen, dass das Innenministerium an Informationen über Strukturen und Hintergrundfiguren gelangen möchte: es riecht alles nach dem Terrorismus des Staates, der als Terrorismusparagraf 129 a/b des Strafgesetzbuches daher kommt.
Wir haben es oben bereits ausgeführt: zwischen der rücksichtslosen Ausbeutung der Ressourcen des Planeten und dem Klassenkampf von oben gegen Arbeiter*innen und ihre Rechte besteht ein enger Zusammenhang. Ebenso lässt sich die Abschottung der Europäischen Union gegen Flüchtende nicht von der Repression im Innern trennen. Letztere nimmt zu, auch wenn wir weiterhin die »wunderbaren Freiheiten« des » gesegneten Liberalismus« genießen dürfen.
Doch eins sei den politischen Eliten nochmal ins Stammbuch geschrieben: Eure Repression kennen wir schon, wir haben nichts vergeben und werden auch nichts vergessen.

Solidarität ist unsere Waffe!