Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen – Bundesweit
Mit diesem Text wollen wir uns in umfassender Form vorstellen. Er setzt sich zusammen aus mehreren schon veröffentlichten Beiträgen, welche wir gekürzt und überarbeitet haben und beinhaltet einen Abriss unserer Geschichte als Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen und dem Gefangenen Info. Er bietet außerdem einen Einblick in unsere politische Linie und formuliert kurz und knapp die Ansprüche an unsere Praxis, sowie die weitere Entwicklung unserer Struktur. Wir hoffen, euch damit einen Eindruck unserer Arbeit vermitteln zu können, der es allen Interessierten erlaubt sich ein Urteil über uns zu bilden, uns zu unterstützen, aktiv mit zu arbeiten, eine Zusammenarbeit zu entwickeln, zu vertiefen oder sich unserer Struktur anzuschließen, wenn ihr unsere Positionen teilt.
Wer wir sind …
Die Geschichte des Netzwerkes ist gekennzeichnet durch ein starkes Ausmaß internationaler Solidarität und reicht bis zum damaligen Todesfastenwiderstand der revolutionären Gefangenen in der Türkei zurück. Wir halten es an dieser Stelle für wichtig einige Ausführungen vorzunehmen, da uns diese Kämpfe bis heute begleiten.
Als im Jahr 2000 die sogenannten F-Typ-Gefängnisse in der Türkei eingeführt werden sollten, entfachten die politischen Gefangenen in der Türkei den längsten und opferreichsten Kampf gegen die Einführung der Isolationshaft. Diese Isolationshaft, sprich eine Haft, die nach „demokratischen und rechtsstaatlichen“ Verfahrensgrundsätzen bis heute als weiße Folter bezeichnet wird, „weil sie keine äußerlichen Spuren“ hinterlässt, findet ihre erste Anwendung in der BRD, gegen die revolutionären und widerständigen Gefangenen, wie z.B. die der Roten Armee Fraktion (RAF). Sie wird Anfang der 1970er u.a. in der JVA Köln-Ossendorf und später auch im Stuttgarter Knast Stammheim angewendet. Das Konzept der Isolationshaft entwickelte sich schnell zum westdeutschen Exportschlager. Bereits Ulrike Meinhof beschrieb ihre Haftsituation zwischen dem 16. Juni 1972 und dem 9. Februar 1973 unter den isolierten Bedingungen folgendermaßen:
„Das Gefühl, es explodiert einem der Kopf … Das Gefühl, es würde einem das Rückenmark ins Gehirn gepresst, das Gefühl, das Gehirn schrumpelt einem allmählich zusammen, wie Backobst z.B., das Gefühl, man stünde ununterbrochen, unmerklich, unter Strom, man würde ferngesteuert – das Gefühl, die Assoziationen würden einem weggehackt – das Gefühl, die Zelle fährt. …. Rasende Aggressivität, für die es kein Ventil gibt. Das ist das Schlimmste. Klares Bewusstsein, dass man keine Überlebenschance hat; völliges Scheitern, das zu vermitteln; … Das Gefühl, es sei einem die Haut abgezogen worden.“
(aus einem Brief von Ulrike Meinhof aus dem Toten Trakt, Die Zelle fährt)
Am 20. Oktober 2000 begannen die Gefangenen in der Türkei, nach dem Todesfastenwiderstand von 1996, erneut in zahlreichen Gefängnissen einen Hungerstreik, um gegen die geplante Verlegung in die F-Typ Gefängnisse Widerstand zu leisten. Knapp zwei Monate später, am 19. Dezember 2000, stürmten türkische Sicherheitskräfte mit der „Operation Rückkehr ins Leben“ rund 20 Gefängnisse – mindestens 28 Gefangene starben und mehrere Menschen wurden bei lebendigem Leibe verbrannt. Die Häftlinge wurden unmittelbar nach dem Sturm der Gefängnisse in die Zellen der F-Typ-Gefängnisse verlegt. Doch der Widerstand hielt an. Laut dem türkischen Justizministerium befanden sich Anfang des Jahres 2001 1118 Gefangene im Hungerstreik und 395 führten das Todesfasten fort. Acht Organisationen beendeten Ende Mai 2002 ihre Aktionen und 36 Gefangene der DHKP-C (Devrimci Halk Kurtuluş Partisi-Cephesi, dt.: Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) setzten ihr Todesfastenwiderstand fort. Der Widerstand hielt nicht nur in den Knästen an, sondern wurde auch in Stadtteile getragen, in denen linke Organisationen eine starke Basis hatten. Dort wurden Widerstandshäuser errichtet, in denen das Todesfasten öffentlich auch außerhalb der Mauern durchgeführt wurde. 122 Gefangene sind dabei gestorben, viele leiden noch heute an den Folgen des Hunger- und Todesfastenwiderstands. Als Anfang 2007 nach knapp 7 Jahren der Widerstand beendet wurde, endete dieser längste Gefangenenwiderstand der Geschichte mit einem großen moralischen Sieg der politischen Gefangenen. Eine Totalisolation konnte verhindert und der Erlass 45/1 durchgesetzt werden. Dieser beinhaltet unter anderem Gefangenengruppen zwischen 10 und 20 Personen, sowie 10-20 Stunden Umschluss bzw. Zusammenschluss die Woche.
In diesem Zusammenhang wurde 2002 die Antiimperialistische Türkeisolidarität (kurz ATS) u.a. von Hamburger und Berliner Gruppen ins Leben gerufen, um die internationale Solidarität mit den Kämpfenden in der Türkei zu stärken. Natürlich lag der Schwerpunkt auf dem Todesfastenwiderstand der türkischen Gefangenen. Das aber aus einer revolutionären Perspektive heraus, denn „der Kampf um die Freilassung muss mit einer revolutionären Initiative verbunden werden.”
Die Aufgabe bestand also darin zum einen die Kämpfe der Gefangenen in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen und zum anderen der Resignation des Großteils der Linken entgegenzuwirken, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, Kämpfe zu verbinden. Denn wie schon damals richtig formuliert wurde:
„Kämpfe verbinden braucht nicht viele Worte, weil Kämpfe selbst Worte sind!“ (ATS, Perspektiven der Solidaritätsarbeit, 2002)
Von Beginn an beteiligten sich Aktivist:innen an der ATS aus verschiedenen Soligruppen, wie zum Beispiel Soligruppen zu baskischen Gefangenen, zu Gefangenen der Action Directe oder Soligruppen zu kolumbianischen Gefangenen. Darüber hinaus gab es eine Unterstützung und Zusammenarbeit mit türkischen Exilstrukturen, die ihren Ausdruck beispielsweise auf jährlichen Symposien fanden. Die ATS entfaltete viele verschiedene Aktivitäten und belebte auch Tage wie den 18.3. (Tag der politischen Gefangenen) und den 19.6. (Tag der revolutionären Gefangenen) mit einer neuen, revolutionären, kämpferischen Dynamik.
Die Entstehung des Netzwerkes
2005 hatte sich aus den ehemaligen ATS-Strukturen das „Netzwerk Freiheit für alle politische Gefangenen“ gegründet. Die politische Praxis sollte nicht mehr nur auf die revolutionären Gefangenen in einem Land beschränkt werden, sondern zielte auf die Solidarität mit weiteren politischen Gefangenen und die von Repression betroffenen revolutionären Strukturen weltweit ab.
Das Netzwerk wurde hauptsächlich von Genossinnen und Genossen aus drei Städten ins Leben gerufen, darunter beteiligten sich Menschen aus Berlin, Hamburg und Magdeburg, deren damalige Soligruppe Magdeburg/Quedlinburg ebenfalls an der ATS beteiligt war.
Die Soligruppe Magdeburg/Quedlinburg entstand Ende 2002 und unterstützte die Gefangenen und Angeklagten des ersten § 129a-Prozesses in Magdeburg (2002-2006). Diese wurden wiederum auch vom ATS unterstützt, was zu einer intensiven Zusammenarbeit und zur Mitgründung des Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen führte.
Zu den eigenen Ansprüchen formulierten wir 2006:
„Die Initiative ‚Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen‘ besteht aus Gruppen und Einzelpersonen, welche aufgrund der bestehenden Verhältnisse die Notwendigkeit sehen, die Solidarität mit den politischen Gefangenen zu stärken, die Solidarität mit den politischen Gefangenen zu vernetzen und für die Freiheit der politischen Gefangenen zu kämpfen. […] Dabei unterstützt das Netzwerk die politischen Gefangenen auf politischer, juristischer und menschlicher Ebene und steht hinter ihnen in ihrem Widerstand für ihre Freiheit, gegen inhumane Haftbedingungen und für die Anerkennung ihres Status als politische Gefangene.
Da die politische Gefangenschaft aus den existierenden Verhältnissen hervorgeht, d.h. die Gefängnisse die Reaktion des kapitalistischen Systems gegen den Widerstand für Gerechtigkeit sind, vertritt das Netzwerk die Auffassung, dass die Solidarität mit den politischen Gefangenen integraler Bestandteil aller politischen und sozialen Kämpfe sein muss. Und da uns heute Ausbeutung und Repression in weltweit verschärfter Form entgegen tritt, sieht das Netzwerk die Notwendigkeit, diese Solidarität über die Grenzen hinweg zu stärken und die internationale Solidarität als unsere Antwort auf ihre Repression einzusetzen.“
Die konkrete Praxis äußert sich in Öffentlichkeitsarbeit, Kundgebungen, Demonstrationen, Gefangenenbesuchen, das Initiieren verschiedener Kampagnen, Delegationsreisen, Prozessbegleitungen, Veranstaltungen und vielem mehr.
Die Repression gegen angebliche Mitglieder der DHKP-C hielt und hält auch in Deutschland weiter an und so kam es im März 2008 zum ersten § 129b-Verfahren gegen Mustafa Atalay, Ahmet Düzgün Yüksel, Ilhan Demirtas, Devrim Güler und Hasan Subasi. Zur Unterstützung der Gefangenen und zum Kampf „gegen die deutschen Anti-Terrorgesetze – §§ 129a, bzw. b – hat sich nun das Komitee gegen §§ 129 formiert.“ (aus der Gründungserklärung des Komitees gegen §§ 129)
Das Komitee gegen §§ 129 setzte sich aus Einzelpersonen und verschiedenen internationalistischen Strukturen zusammen. Zeitweise arbeiteten in dem Komitee unterschiedliche Organisationen aus der Türkei zusammen. Mit dem Beginn des Prozesses organisierte das Komitee verschiedene Demonstrationen, Prozessbesuche und eine bundesweite Veranstaltungstour zu dem Prozess mit dem Ziel, die Genossen im § 129b-Prozess politisch zu unterstützen und die Solidarität mit den Gefangenen zu organisieren. Das Komitee begleitete den § 129b-Prozess in Stuttgart bis zu seinem Ende.
Durch die gemeinsame Arbeit zum § 129b-Prozess entstand ein näherer Kontakt zum „Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen“ und 2010 gründete sich auch in Stuttgart eine Sektion des Netzwerks, da künftig nicht „nur“ zum § 129b, sondern auch zu anderen Themen gearbeitet werden sollte.
Fortan wurden Aktivitäten zu verschiedenen Repressionsfällen und zu internationalen Kämpfen entfaltet, wie z.B. zum Großprozess gegen kurdische Jugendliche in Stuttgart oder zu Langzeitgefangenen wie Mumia Abu-Jamal, Marco Camenisch oder Georges Ibrahim Abdallah. Darüber hinaus wurden diverse Veranstaltungen und Aktivitäten unter dem Motto „Revolutionäre Geschichte aneignen und verteidigen!“ durchgeführt.
Für uns war und ist ein wichtiger Ansatzpunkt, dass das Netzwerk nicht nur ein Sammelbecken all derer werden sollte, die sich aktiv in die Antirepressionsarbeit mit einbringen wollten. Viel mehr bestand unser Anspruch darin, eine gemeinsame politische Linie und Standpunkte – sprich einen Organisierungsansatz zu entwickeln, der ebenfalls die Überwindung des Kapitalismus und das Erkämpfen einer klassenlosen Gesellschaft zum Ziel hatte. Dazu gehörten auch Themenbereiche, die über das Feld der klassischen Antirepressionsarbeit hinaus gingen. Die Situation in den einzelnen Städten hätte dazu kaum unterschiedlicher sein können. Einige waren bereits seit den 1970/80er fest in der Solidaritätsarbeit verankert, für andere wiederum war es Neuland. Viele Aktivist:innen waren in antifaschistischen, antirassistischen und sozialrevolutionären Kämpfen aktiv, für manche Genoss:innen war die Organisierung im Netzwerk ihre erste politische Struktur. Eine zusätzliche Hürde bestand für uns auch darin, dass wir alle viele hundert Kilometer auseinander lagen und es schwierig war, für einen kontinuierlichen Diskussionsprozess zu sorgen. Doch trotz dieser unterschiedlichen Ausgangsbedingungen konnten wir eine bundesweite Praxis entwickeln, uns gemeinsame Standpunkte erarbeiten und die Solidaritätsarbeit zu politischen Gefangenen stärken.
Dazu gehörte eben auch, den direkten Austausch mit anderen Soli-Strukturen zu suchen, eine gemeinsame Praxis zu finden und einen kollektiven Diskussionsprozess anzustoßen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt war für uns von Beginn an die Zusammenarbeit mit anderen politischen Gruppen und Strukturen, sowohl auf bundesweiter als auch auf internationaler Ebene. Das bedeutete für uns die regelmäßige Teilnahme an den Symposien der Internationalen Plattform gegen Isolation, den verschiedenen Konferenzen im Rahmen des 18. März und an einer intensiven und kontinuierlichen Zusammenarbeit mit der Roten Hilfe International, woraus sich wiederum weitere praktische Ansatzpunkte ergeben haben, die in internationalen Kampagnen ihren Ausdruck fanden. Darüber hinaus gab es eigene bundesweite Veranstaltungsrundreisen, bundesweite Demonstrationen, Knastkundgebungen und auch Delegationsreisen zu internationalen Prozessen.
Die Geschichte lebt – das Gefangenen Info
Das Gefangenen Info (GI) existiert seit dem Hungerstreik der politischen Gefangenen im Jahre 1989 (zuerst als Hungerstreik Info, dann Angehörigen Info und später dann als Gefangenen Info) und sollte zum Ende des Jahres 2008 von der Bildfläche verschwinden. Der GNN-Verlag, welcher bis dato das GI herausgegeben hat, hat die Herausgabe des Infos im Dezember 2008 eingestellt.
Wir als Netzwerk standen vor der Notwendigkeit, das GI weiterzuführen. Das aus vielen guten Gründen. In der Ausgabe Nr. 344 hielten wir fest: „Unser Beitrag ist es, die Verbindung von Gefangenen und der Bewegung draußen zu stärken und uns nicht spalten zu lassen… Menschen, die weggesperrt werden, muss die Möglichkeit gegeben werden, am Leben draußen teilzunehmen und auch wir müssen uns die Möglichkeit schaffen an ihrem Leben teilzunehmen…“.
Bereits vor der Weiterführung des Gefangenen Infos 2009 gab es seit Entstehung des GI‘s, damals noch Hungerstreik bzw. Angehörigen Info, eine Mitarbeit einzelner Aktivist:innen an der Zeitschrift. Ebenso beteiligte sich die ATS am GI.
Mit der Weiterführung des Gefangenen Infos im Jahr 2009 haben wir für uns einen sehr wichtigen Bezugspunkt dazu gewonnen. Nicht allein deshalb, weil das Gefangenen Info mittlerweile eine über 30-jährige Geschichte inne hat, sondern gerade deshalb weil das Gefangenen Info ein Spiegelbild vieler Auseinandersetzungen zwischen revolutionärer Bewegung und dem kapitalistischen Staat darstellt. Aus dem Hungerstreik der Gefangenen der RAF und aus dem antiimperialistischen Widerstand im Februar 1989 hervorgegangen, informiert es seitdem über Widerstand, Repression und Solidarität. Damals wie heute hat das Gefangenen Info das Ziel eine effektive Öffentlichkeitsarbeit gegen Repression und Desinformation zu leisten und den politischen Gefangenen, dem Inhalt und dem Hintergrund ihrer Kämpfe eine Plattform zu bieten.
Dabei ist unser erklärtes Ziel die staatlich verordnet Isolation zu durchbrechen, den gefangenen Genoss:innen den Rücken zu stärken und die notwendige Kommunikation zwischen den Inhaftierten und der Bewegung draußen aufrecht zu erhalten.
Mit aktuellen Artikeln zu Widerstand, Repression und Solidarität in der BRD, wie international versuchen wir die Bedingungen für eine Verbindung von den Kämpfen in den Knästen mit den Kämpfen draußen zu entwickeln und auszubauen.
Eine gemeinsame Verteidigungsfront aufbauen – die Vernetzungskongresse
Im Jahr 2013 organisierten wir mit verschiedenen Antirepressionsgruppen einen Vernetzungskongress, um den anhaltenden Angriffen eine stärkere Solidarität entgegensetzen zu können. Damals schrieben wir in der Einladung zum ersten Kongress u.a.:
„ […] Dem Staatsapparat ist es egal, ob es um Autonome, AnarchistInnen, KommunistInnen oder die Tierrechtsbewegung geht. Wer sich effektiv gegen Unterdrückung, Ausbeutung und die andere Scheiße wehrt, gerät ins Fadenkreuz. Was setzt die Linke dagegen? Kleine und vereinzelte Soligruppen, die oft nicht miteinander vernetzt sind. Jeder arbeitet zu „den eigenen Gefangenen“ bzw. zu den Gefangenen in der eigenen Stadt. Die Linke ist an Hand von hunderter Spaltungslinien getrennt und Solidarität hört anhand ideologischer Grenzen auf. […] Mit dem Kongress soll angestrebt werden eine Vernetzung zwischen den vereinzelten Soligruppen herzustellen, damit wir uns gegen die laufenden Angriffe gemeinsam wehren können. Gemeinsam wollen wir besprechen wie wir es schaffen können uns nicht länger durch ideologische Grenzen zu spalten sondern gemeinsam und konsequent in der Frage der Solidarität zu handeln. […] “
Auf den Kongressen wurde sich nicht nur ausgetauscht und diskutiert, sondern es wurden konkrete praktische Schritte erarbeitet. Diese beinhalteten vor allem den sog. „Bündnisfall“. Sollte eine der beteiligten Gruppen von Repression betroffen sein, reagieren alle Gruppen/Strukturen mit Solidaritätsaktionen in ihren Städten. Der Bündnisfall sollte auch von den beteiligten Gruppen autonom ausgerufen werden können, wenn ein Repressionsfall aus Sicht der ausrufenden Gruppe für relevant erachtet wird. Die inhaltliche Klammer in diesem Projekt bestand für uns aus einer gemeinsam formulierten Plattform.
Nach einer regen Beteiligung von über zehn Gruppen zum ersten Kongress, ist das Projekt leider nach vier Treffen wieder eingeschlafen. Dennoch sind nachhaltige Verbindungen aus diesem Prozess entstanden, die bis heute Bestand haben. Daher halten wir nach wie vor an der Wichtigkeit einer Organisierung im Antirepressionsbereich und darüber hinaus fest.
Warum wir für die Freiheit aller politischen und sozialen Gefangenen – hier wie überall – kämpfen!
Das kapitalistische System konfrontiert uns alle – sei es in der sogenannten 3.Welt (Trikont) oder in den imperialistischen Zentren (Metropolen) – mit seinen Maßnahmen der Herrschaftsicherung, tagtäglich mit Repression. Weltweit führt die neokoloniale Ausbeutungspolitik, die im Trikont an den wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnissen besonders deutlich wird und Armut und Elend für die absolute Mehrheit der Weltbevölkerung bedeutet, zu Unterdrückung. Diese wiederum lässt sich am deutlichsten festmachen an den Militärinterventionen, Ausnahmezuständen und – wenn die imperialistischen Interessen durch die neokolonialen Regime nicht mehr gewahrt werden können – imperialistischen Angriffskriegen. Die Niederschlagung antiimperialistischer und revolutionärer Befreiungskämpfe im Trikont ist somit nicht nur Anliegen und Sache der neokolonialen Regime vor Ort, sondern ebenso der imperialistischen Staaten, welche dort ihre Interessen wahren. Es ist also folgerichtig, dass die BRD weltweit mit Diktaturen und Folterstaaten zusammenarbeitet, sowie sich an Kriegseinsätzen und sogenannter Kriminalitätsbekämpfung rund um den Globus beteiligt und in vielen Ländern militärisch präsent ist. Aber auch innenpolitisch ist Deutschland ein Vorreiter in Sachen präventiver Konterrevolution. Als antikommunistisches Bollwerk im beginnenden Kalten Krieg aufgebaut, ist die Geschichte der BRD eine Geschichte der Repression gegen fortschrittliche Bewegungen. Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands, Notstandgesetze, Berufsverbote, weiße Folter in Form von Isolationshaft, §§ 129a und b sind nicht nur Beispiele repressiver Maßnahmen gegen kommunistische und anarchistische Strukturen hier zu Lande, sondern entwickelten sich wie das Modell Stammheim auch zu Exportschlagern „Made in Germany“. Die BRD treibt diese repressive Politik auch auf internationaler Ebene massiv voran und drückt sie als wirtschaftliche Hauptmacht in der europäischen Union durch.
Der Widerstand gegen die Folgen der Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse und der Kampf für deren Überwindung fordert in seiner Konsequenz große Opfer. Es ist eine Binsenwahrheit, dass Widerstand gegen dieses Ausbeutersystem immer Repression erzeugt. Ebenso das konsequente antikapitalistische und antiimperialistische Politk zwangsläufig zur Kriminalisierung führt. Dabei ist die Gefangenschaft, neben der Ermordung und dem Exil, wohl das Schwerwiegendste. Entsprechend definieren wir politische Gefangene: Es sind alle revolutionären Menschen, die wegen ihrer politischen und/ oder politisch-militärischen Aktivitäten gefangen sind, ebenso alle Arbeiter:innen, Bäuer:innen, Arbeitslosen, Student:innen, Jugendliche, Frauen und alle, die verfolgt und eingeknastet wurden im Rahmen des antikapitalistischen und antiimperialistischen Kampfes.
Bei der Berücksichtigung des internationalen Rahmens der Thematik sticht ins Auge, dass es unterschiedliche Kämpfe und Widerstände sind, aus deren Folge politische Gefangenschaft hervorgeht. Politische Gefangene in den imperialistischen Zentren stammen mehrheitlich aus nationalen Befreiungsbewegungenen und sozialrevolutionären Kämpfen. So haben die meisten politischen Gefangenen in der BRD türkische und kurdische Wurzeln. Jedoch ist das Spektrum an Kämpfen breiter, aus denen die politischen Gefangenen stammen, da hierbei auch die Gefangenen aus antipatriachalen, antifaschistischen und antirassistischen Bewegungen zu berücksichtigen sind. Letztere erhält wegen der sozialen und politischen Fluchtbewegungen (Migration), die durch die (Über-)Ausbeutung des Trikonts entsteht, eine besondere Bedeutung. Nicht zuletzt deshalb, weil die EU-Staaten auch in diesem Bereich eine Angleichung sogenannter „Ausländergesetze“ umsetzen, was die Frage aufwerfen lässt, ob die rassistische Politik der Ausgrenzung und Diskriminierung nicht bereits als Apartheidspolitik gedeutet werden kann.
Im Gegensatz dazu fordert der organisierte Widerstand im neokolonialen Trikont weitaus mehr politische Gefangene, die sich aus weitaus breiter geschichteten Kämpfen und Widerständen zusammensetzen. Während der Großteil der politischen Gefangenen einen Hintergrund im antiimperialistischen und antikolonialen Widerstand aufweist, befinden sich unzählige Gefangene aus Arbeits-, Studierenden- und Bauern- bzw. Landlosenkämpfen in den Knästen.
Was die politischen Gefangenen weltweit gemeinsam haben, sind ihre progressiv (fortschrittlich) motivierten politischen Handlungen, wegen denen sie eingesperrt wurden. Der Umstand, von der „Bildfläche verschwunden“ zu sein, bedeutet allerdings nicht, dass sie aufhören, politische Subjekte zu sein. Im Gegenteil, die gefangenen Aktivist:innen bewahren auch hinter den Mauern ihre politische Identität und befinden sich darüber hinaus tagtäglich in direkter Konfrontation mit dem Knastregime, was ebenfalls als ein Terrain des Klassenkampfes begriffen werden muss. Die politischen Gefangenen, die sich zwangsläufig auf diese Konfrontation einstellen müssen, setzen ihren Kampf im Rahmen ihrer Interventionsmöglichkeiten fort. So organisieren sie (mit ihren Gefangenenkollektiven) Gefängniswiderstände wie z.B. Hungerstreiks, die sich auf Grund der unterdrückerischen Knastregime zumeist gegen schlechte Haftbedingungen und Folter (sowohl blutige, als auch weiße (Isolationshaft)) richten. Auch in der BRD hat es in der Vergangenheit große Widerstände in den Knästen gegeben; u.a. die zehn kollektiven Hungerstreiks der Gefangenen aus RAF und dem antiimperialistischen Widerstand, die auch immer von sozialen Gefangenen unterstützt und mit eigenen Forderungen geführt wurden. Andere Beispiele sind die Hungerstreiks der Gefangenen mit kurdischen und türkischen Wurzeln, die sich immer wieder gegen die verschärften Sonderhaftbedingungen, denen sie in den Knästen der BRD ausgesetzt sind, zur Wehr setzen.
Was die direkte Konfrontation mit der Repressionsmaschinerie bedeutet, wurde mehr als ein Mal deutlich: Hungerstreiks kosteten 1974 Holger Meins (RAF) und 1981 Sigurd Debus das Leben; neun Gefangene aus RAF und dem antiimperialistischen Widerstand überlebten den Knast nicht.
Dass das Konfrontationsniveau, je nach Stabilität bzw. Instabilität der bestehende Ordnung, variieren kann, zeigen Gefängniswiderstände in anderen Ländern auf, wo Gefängnismassaker und kollektive Hungerstreikwiderstände hunderten, ja sogar tausenden politischen Gefangenen das Leben kosteten. Allein die Hungerstreik- und Todesfastenwiderstände revolutionärer Gefangener in der Türkei forderten seit dem Militärputsch 1980 über 150 Menschenleben.
Für das Funktionieren der Solidaritätsbewegungen außerhalb der Knäste ist dabei notwendig die Gefangenen als das zu begreifen was sie sind: kämpfende, politische Aktivist:innen in den Händen des Repressionsapparates. Aus diesem Grund wäre es auch verantwortungslos, sie aus dem Kampf auszublenden. Genauso wie die Thematisierung der politischen Gefangenen zur Arbeit der Solidaritätsbewegungen gehört, so ist die Einbeziehung dieser Gefangenen und ihrer Aktionen in den tagespolitischen Kampf, der draußen stattfindet, unverzichtbar und notwendig. Dass der Kampf mit der Gefangenschaft nicht beendet ist, sondern an der Gefängnisfront weitergeht, zeigen uns neben den bereits erwähnten Beispielen der Gefängniswiderstände auch die Interventionen politischer Gefangener in tagespolitische Ereignisse. So beteiligen sich politische Gefangene(nkollektive) mit unterschiedlichen Widerstandsformen an den Kämpfen draußen und beziehen nicht selten soziale Gefangene in diese mit ein.
“Scheiße Kontrolleure … nicht schon wieder Knast“
Im weiteren Teil dieser Thematik erläutern wir warum es für uns selbstverständlich ist für die Freiheit der sozialen Gefangenen zu kämpfen, d.h. woraus wir die soziale Gefangenschaft in diesem System ableiten und wo wir diese einordnen. Beginnend mit einer beispielhaften Darstellung der Lebensrealität vieler von uns.
„Wer von uns kennt es nicht: Es ist Mitte des Monats und du hast schon wieder keine Kohle mehr. Trotzdem muss du irgendwie dein Überleben sichern und damit stehst du erstmal alleine da. Selbst wenn du deine Miete noch zahlen konntest, brauchst du etwas zu essen, zu trinken und irgendwie musst du dich auch fortbewegen, wenn du jeden Morgen auf deiner schlecht bezahlten Arbeit erscheinen musst oder mal wieder einen Termin beim Amt hast. Ohne Geld werden eben auch ganz alltägliche Dinge zu einem Pokerspiel, zwischen Überleben sichern und der Gefahr von den Hütern des Kapitals erwischt zu werden. Mit einem mittlerweile unübersichtlichen Stapel von Bußgeld- und Mahnbescheiden, Zahlungsaufforderungen und Ankündigungen von Gerichtsvollziehern im Nacken, machst du dich auf den Weg. Kurzer Griff ins Ladenregal und ab in die eigene Tasche damit, an der Schlage vor der Kasse vorbei gedrängelt und ab zur Bahn. 2,50 € für eine Strecke? Macht 5,00 € hin und zurück. Ist einfach nicht drinne! Du gehst in die Straßenbahn und ergatterst dir einen Fensterplatz mit Blick auf die Haltestellen. Keine Kontrolleure zu sehen. Plötzlich ertönt eine Stimme in zivil: „Die Fahrausweise bitte!“ … Scheiße, das ist jetzt das 3. Mal in diesem Monat … “
Einige Menschen können sich wahrscheinlich nicht vorstellen, was für Konsequenzen dies nach sich ziehen kann. Für viele von uns Prolet:innen bedeutet es für eine Weile hinter Gitter zu verschwinden. Der riesige Schuldenberg wird nicht mehr bezahlbar und das, was wir als „Hilfestellung“ kriegen, ist die Scheiße abzusitzen. Jede:r von uns, wer schon mal im Knast gesessen hat, weiß weshalb da Leute einsitzen: Für Armut. Da triffst du Menschen, die wegen Diebstahl eines Toastbrot und einem Glas Würstchen in Untersuchungshaft sitzen, weil sie keinen festen Wohnsitz haben und auf ihren Prozess warten. Du triffst auf Unmengen von Gefangenen, die wegen Geldschulden, Fahren ohne Ticket, Diebstählen, Schwarzarbeit und anderen Kleinigkeiten eingefahren sind. Und diejenigen unter uns, die das Glück haben noch kein Gefängnis von innen kennengelernt zu haben, haben doch zu mindestens proletarische Freund:innen und/oder Verwandte, die in dieser Situation stecken und um die mensch sich kümmern muss.
Noch schlimmer sind diejenigen von uns dran, die gezwungen sind illegal zu leben, weil sie keine Papiere haben oder sich einem Haftbefehl entziehen. Sie sind nicht krankenversichert, können sich nirgendwo anmelden und auch nicht legal arbeiten. Ihnen bleibt also ausschließlich die „Kriminalität“. Ihr Schicksal heißt häufig Knast mit anschließender Abschiebung in Hunger und Elend. Und in Abschiebehaft kommen Menschen, auch ohne hier jemals gegen Gesetze verstoßen zu haben.
Wir wollen uns jetzt nicht an diesen Beispielen festbeissen. Sie zeigen jedoch auf, wie einfach es ist in den Knast zu kommen und welchen Sinn Knast in der kapitalistischen Klassengesellschaft tatsächlich hat. Verweisen die Hüter des Kapitals auf den angeblichen Zweck der „Resozialisierung“ ist es in Wirklichkeit ein Mittel der Herrschenden, unsere Klasse davon abzuhalten, das zu nehmen was uns zu steht und durch Enteignung uns das zu holen, was unser Überleben sichert.
Die absolute Mehrheit der Gefangenen sitzt wegen “Eigentumsdelikten” ein
Die Statistik über diejenigen von uns, welche hinter Gitter sitzen, spricht da eine klare Sprache. Die mit Abstand größte „Gruppe“ stellen die sozialen Gefangenen, also jene Gefangene, welche wegen sogenannten „Eigentumsdelikten“ eingeknastet wurden. Von fast 70.000 Insass:innen sitzen laut Statistischen Bundesamt über 40.000 deswegen ein. Dies sind über 60%. Uns ist dabei bewusst, dass selbst diese Zahlen sicherlich nicht den tatsächlichen Zustand darstellen, weil eben auch viele z.B. aufgrund von sozialen Beschaffungsmaßnahmen „vorbestraft“ sind, aufgrund einer Schlägerei in den Knast wandern oder einen „Bewährungswiderruf“ bekommen. Auch die Menschen, die sich beispielsweise mit dem Verkauf von Gras über Wasser gehalten haben, sind dabei noch nicht berücksichtigt. Die Schätzungen belegen, welchem Zweck Gefängnisse in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft dienen. Sie sind der wohl schärfste Ausdruck des Klassenkampf von oben. Wo Strafandrohungen, Bußgeldbescheide und sonstige Vollstreckungsmaßnahmen „nichts bringen“, dass heißt uns und unsere Leute nicht zur Unterwerfung, unter die Schutzgesetze des Kapitals, zwingen und nicht in den kapitalistischen Produktionsprozess integrieren können, wird das „Problem“ von der Straße geschafft. Dabei sind alle Maßnahmen der Klassenunterdrückung explizit darauf ausgerichtet, den Profit und die Herrschaftsverhältnisse zu sichern und auszubauen. So dienen die repressiven Mittel dazu zu verhindern, dass sich die Massen ihre (vom System erzeugten) Bedürfnisse eigenständig befriedigen und sich nehmen, was sie brauchen. In diesem Sinne stellt Justiz im Kapitalismus ein unverzichtbares Instrument zur Herrschaftssicherung – also Klassenjustiz – dar. Die Knäste dienen allein diesem Zweck. Diese Methoden der Klassenunterdrückung und Herrschaftssicherung haben eine historische Kontinuität, welche Jahrhunderte zurückreicht. So wie die Geschichte eine Geschichte von Klassenkämpfen ist, so ist sie eben auch eine Geschichte der Klassenrepression.
Die kapitalistischen Verhältnisse zwingen uns illegal zu handeln
Die Verschärfung der sozialen Lebensbedingungen geht meist einher mit der gleichzeitigen Verschärfung der Repression gegen unsere Klasse. Das bedeutet, wenn immer mehr Menschen aus unserer Klasse fürs Kapital überflüssig werden, diese gezwungen sind sich außerhalb des Produktionsprozesses das Nötige zum Überleben zu sichern. Auch die sozialen Spannungen werden deutlich zunehmen. Die niemals zu stillende Gier des Kapitals wird auch zur nächsten Krise führen und weitere Angriffe auf die Lebensverhältnisse der Arbeiter:innenklasse, und damit auf uns, zur Folge haben. Die Herrschenden kennen sehr wohl die Konsequenzen ihrer Politik und bereiten sich seit vielen Jahren auf die kommende explosive Situation vor. Ausdrücke dieser Vorbereitungen sind neben dem massiven Vorantreiben einer Faschisierung der Gesellschaft vor allem die permanente Verschärfung der Gesetzeslage zur Sicherung des Eigentums, ihrer Macht und Herrschaft, als auch die Privatisierung der Knäste, um an den fürs Kapital Überflüssigen auch noch kräftig zu verdienen, wie in den USA bereits seit Jahrzehnten praktiziert.
One solution- revolution!
Die Freiheit aller politischen und sozialen Gefangenen zu erkämpfen ist innerhalb des Kapitalismus nicht möglich. Notwendig ist vielmehr eine starke revolutionäre Bewegung, welche im Prozess der Zerschlagung des kapitalistisch-imperialistischen Systems die Gefangenen freikämpft. Vor diesem Hintergrund ist die Parole „Freiheit für alle politischen und sozialen Gefangenen“ eine revolutionäre Losung, welche erst mit dem revolutionären Prozess eingelöst werden kann. Denn dieses System braucht die repressiven Mittel wie Knast wie wir die Luft zum Atmen. Es könnte ohne diese gar nicht überleben. Diese Feststellungen sollen nun aber keineswegs heißen, dass wir den Kampf für unsere Leute hinter Gittern (sowohl aus unserer Klasse, als auch aus unseren Bewegungen) auf einen fortgeschritteneren Zeitpunkt im revolutionären Prozess vertagen sollten. Es bedeutet vielmehr, dass wir einen langen Atem brauchen und der Kampf für die Freiheit aller politischen und sozialen Gefangenen unweigerlich mit der Organisierung des revolutionären Klassenkampfes verbunden werden muss. Neben dem Stadtteil, dem Betrieb, den Ämter, den Schulen und Unis, sind eben auch die Heime, Psychiatrien und Gefängnisse soziale Kampfterrains, in welchen in Permanenz Klassenkämpfe stattfinden. Nirgends ist unsere Klasse so konzentriert wie in den Knästen.
Wir müssen eine gemeinsame Grundlage erarbeiten, die uns einerseits ermöglicht die Kämpfe in den Knästen zu unterstützen, als auch diese mit den Klassenkämpfen außerhalb der Knäste zu verbinden. Darüber hinaus müssen uns diese Grundlagen befähigen eine tatsächliche Verbesserung unserer Lebensbedingungen – drinnen wie draußen – gemeinsam zu erkämpfen.
Der erste Schritt in diese Richtung besteht für uns als revolutionäre Linke darin, sich mit der Situation und den Problemen innerhalb der Knäste auseinanderzusetzen und grundsätzlich die Thematik zur Kenntnis zu nehmen. Diese Aufforderung richtet sich vor allem an die Linke im Allgemeinen, da wir davon ausgehen, dass deren proletarischer Teil mit der Problematik Knast ohnehin vertraut sein dürfte.
Wir müssen uns die Fragen ganz grundsätzlich stellen: Wie können wir die Kämpfe der Gefangenen um bessere Lebensbedingungen und ihre Freiheit von draußen unterstützen? Wie können die Gefangenen die Klassenkämpfe draußen unterstützen? Wie müssen wir unsere Strukturen aufbauen, damit sie zum einen die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen innerhalb und außerhalb der Mauern berücksichtigen und zum anderen einen gemeinsamen Organisierungsprozess ermöglichen? Das sind Fragen, die für uns noch mehr oder weniger offen stehen und die wir nur gemeinsam mit euch, die ihr in den Knästen weggesperrt seit, klären können.
Wo die Reise hin gehen soll – Ansprüche und Ausblicke
Abschließend werden wir unsere Postionen nochmals in konzentrierter Form zusammenfassen und Ausblicke in unsere weitere Entwicklung formulieren. Diese sind Ansprüche welche wir nur gemeinsam mit euch und in einem Wachstum unserer Struktur umsetzen können.
- (Sozial-)Revolutionärer Widerstand erzeugt naturgemäß Repression. Die politischen Gefangenen sind Teil unserer Bewegung. Wir unterstützen sie nicht nur politisch, moralisch und materiell, sondern verteidigen auch die angegriffenen Projekte politisch, für die die Gefangenen stehen.
- Weil jede Form von konsequenter sozialrevolutionärer Politik kriminalisiert wird, muss Antirepressionsarbeit ein Bestandteil jeder antifaschistischen, antirassistischen, antipatriarchalen und antikapitalistischen/antiimperialistischen Initiative, Bestandteil jeder revolutionären Organisierung sein. Entsprechend versuchen wir uns, sowohl mit anderen Antirepressionsstrukturen und Soligruppen zu vernetzen, als auch uns in die Organisierungsprozesse der revolutionären Linken aktiv einzubringen.
- Der Widerstand endet nicht an den Gefängnismauern. Die revolutionären Gefangenen setzen ihren Kampf auch hinter Gittern fort und brauchen unsere Solidarität und tatkräftige Unterstützung.
- Repression und Knast sind unverzichtbarer Teil kapitalistischer Herrschaftssicherung. Soziale Gefangene sind Gefangene des kapitalistischen Ausbeutersystems. Sie sind Teil unserer Klasse, bleiben Teil der Klassenkämpfe (ihre Kämpfe sind Klassenkämpfe) und wir lassen sie nicht im Stich. Wir unterstützen ihre Kämpfe und versuchen sie andererseits auch in die Klassenkämpfe außerhalb der Mauern zu integrieren.
- Am liebsten würden wir die sozialen Gefangenen in einer viel systematischeren Form politisieren/radikalisieren, mit Bildungsprogrammen, Knastfahrten für mittellose Angehörige organisieren, Propaganda zu Besuchszeiten machen u.ä. … in Orientierung an das Knastprogramm der Black Panthers. Diese Ansprüche zu verwirklichen setzt allerdings, wie schon erwähnt, eine Stärkung der Antirepressionsarbeit voraus.
Wir hoffen mit diesem Beitrag einen guten Einblick in unsere Arbeit und den zugrunde liegenden Standpunkten erarbeitet zu haben. In diesem Sinne:
Für einen revolutionären Aufbauprozess!!!
Freiheit für alle politischen und sozialen Gefangenen!!!
Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen,
Februar 2021