Hintergründe zu Holger Meins

Holger war Filmstudent und in der 67/68-Bewegung aktiv und er wäre am 26.10. 80 Jahre alt geworden. Er schloss sich 1970 der RAF an und und sie begann im Jahr 1972 mit ihrer Mai-Offensive.
In diesem Jahr verschärften die USA ihren ohnehin schon barbarischen Krieg in Vietnam mit der systematischen Bombardierung ziviler Ziele und der Verminung der nordvietnamesischen Häfen, um – wie es ein verantwortlicher General Westmoreland formuliert – dieses Land in die Steinzeit zurückzubomben. Diese Angriffe werden über einen Großrechner im europäischen US-Hauptquartier in Heidelberg koordiniert. Jahrelange erfolglose und mit polizeilichen Mitteln zerschlagene Proteste hatten nicht zum Ende der US-Aggression in Vietnam geführt.
 Deshalb ergriff die RAF in diesem Krieg militärisch Partei: Sie griff am 11. Mai 1972 das Hauptquartier des 5. US-Korps in Frankfurt und am 24. Mai das Hauptquartier der US-Army in Heidelberg mit Autobomben an.
 In der Erklärung des “Kommandos Petra Schelm” (1) heißt es zur Begründung der Frankfurter Aktion:
 „Für die Ausrottungsstrategen von Vietnam sollen Westdeutschland und Westberlin kein sicheres Hinterland mehr sein. Sie müssen wissen, dass ihre Verbrechen am vietnamesischen Volk ihnen neue erbitterte Feinde geschaffen haben, dass es für sie keinen Platz mehr geben wird in der Welt, an dem sie vor den Angriffen revolutionärer Guerilla-Einheiten sicher sein können.“
Am 12. Mai führt die RAF Attacken auf die Polizeihauptquartiere in Augsburg und München durch. Am 16. Mai erfolgt ein Angriff auf den Bundesgerichtshof-Richter Buddenberg. Mit dieser Aktion richtet sich die RAF gegen die Isolationsfolterbedingungen, denen die politischen Gefangenen unterworfen werden:
 „Wir verlangen von der Justiz, dass das Leben und die Gesundheit der Gefangenen nicht länger systematisch angegriffen und zerstört werden.“
 Am 19. Mai  explodieren zwei Bomben im Hamburger Springer-Hochhaus. Trotz rechtzeitiger und dreimaliger telefonischer Warnung vorher, lässt Springer das Gebäude nicht räumen. 17 Arbeiter*innen werden verletzt. Mit diesem Zynismus hatte die RAF nicht gerechnet und übt deshalb Selbstkritik:
„Wir haben Springer nicht als das Schwein eingeschätzt, das er tatsächlich ist.“
 Im Juni und Juli desselben Jahres wurde ein Großteil der RAF verhaftet:  Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin, Brigitte Mohnhaupt und Irmgard Möller, 
Holger wurde am 1.Juni in Frankfurt zusammen mit Andreas Baader und Jan-Carl Raspe verhaftet.

Haft

Holger war bis zu seinem Tod vollkommen isoliert, alle Zelle um seine herum waren leergeräumt, jeder Kontakt zu anderen Gefangenen wurden ausgeschlossen. Alle Details zu den Haftbedingungen vom Bundeskriminalamt bestimmt und von der Klassenjustiz in „Beschlüsse“ gefasst.
Nach 2 kollektiven Hungerstreiks 1973 traten die politischen Gefangenen am 13.9.74 in einen neuen Hungerstreik gegen Isolation und Sonderbehandlung, die zum Ziel hat, die revolutionäre Identität zu zerstören.
Über 40 Inhaftierte kämpften gemeinsam gegen diese Folter bis zum 5.2.75.
In dem fast 5 Monate andauernden Hungerstreik Holger Meins starb an Folgen der Zwangsernährung. (9.11.74). Insgesamt 9 politische Gefangene wurden im Knast ermordet.
Die Hinrichtung von Holger Meins war damals der deutlichste Ausdruck dafür, dass die Kriegsführung des Staates gegen die RAF auch nicht am Knast Halt machte. Der Geiselstatus der Gefangenen ist offensichtlich, die Gefangenen sollen zerstört werden, um die Politik der RAF zu ersticken.

Der Kampft geht weiter

Am Tag nach Holger Meins‘ Tod wird der Berliner Kammergerichtspräsident Drenckmann durch ein Kommando der „Bewegung 2. Juni“ erschossen.
Am 24. April 1975 besetzt das RAF-„Kommando Holger Meins“ die deutsche Botschaft in Stockholm. Die Forderung nach Freilassung von 26 politischen Gefangenen unterstreicht das Kommando durch Ultimaten, die es mehrmals verlängert, ohne dass die Bundesregierung darauf eingeht. Nach Ablauf der Ultimaten erschießt das Kommando zunächst den Militärattaché von Mirbach, als ihre Forderungen auch danach nicht erfüllt werden, den Wirtschaftsattaché Hillegaart. Die Polizei stürmt das Gebäude, wobei die vom Kommando installierte Sprengladung durch ein Mobiles Einsatzkommando gezündet wurde. Dabei kommt ein Angehöriger des Kommandos, Ulrich Wessel, ums Leben. Siegfried Hausner erleidet schwere Brandverletzungen, wird aber, obwohl transportunfähig, nach Stammheim geflogen, wo er am 4. Mai an den Folgen der Verletzungen stirbt.
Die Anziehungskraft der RAF hörte damit aber nicht auf. Andere Genoss*innen setzen den Kampf bis 1998 fort.


(1)Das RAF-Mitglied Petra Schelm wurde am 15.7.71 bei einer Fahrzeugkonrolle erschossen.
Quelle: Die Rote Armee Fraktion Eine kurze Einführung in die Geschiche der RAF