Aufruf des Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen zum 18.03.2021

Auch im Jahr 2021 begehen wir als Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen den 18. März als Tag der politischen Gefangenen. Wir rufen euch dazu auf an unserer Aktion teilzunehmen und eigene zu organisieren. Informiert euch oder andere über die Situation der politischen Gefangenen! Tretet durch Besuche, Briefe oder Kundgebungen mit den Gefangenen in Kontakt und vor allem kämpft für ihre Rechte, bis hin zu ihrer Freilassung.
Allein im letzten Jahr wurden neben vielen anderen Lina, Jo (mittlerweile wieder freigelassen) und Dy eingesperrt, denen konsequenter Antifaschismus vorgeworfen wird. Ebenso erging es Enno für seine sozialrevolutionäre Aktivität, Nicole und Martin, denen Drohungen und militante Aktionen gegen verschiedene Teile der herrschenden Klasse und des Staatsapparats vorgeworfen werden, sowie zahlreiche kurdische Genoss:innen und mehrere Aktivist:innen, die sich im Dannenröder Forst der Umweltzerstörung entgegengestellt haben.
Der Tag der politischen Gefangenen erinnert an den proletarischen Aufstand der Pariser Kommune im Jahr 1871. Er gedenkt den Toten und Gefangenen, die aus der Zerschlagung der Kommune hervorgingen. Mehr als 20.000 Genossen und Genossinnen wurden getötet. Über 13.000 Menschen wurden zu meist lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt. Schon 1871 verstand die herrschende Klasse diese Zahl an getöteten und eingesperrten Menschen als ein Zeichen der Überlegenheit ihres menschenverachtenden reaktionären Systems. Also als einen Sieg der Konterrevolution im Klassenkampf. Und auch im Jahr 2021 verkünden die Herrschenden überall auf der Welt, dass ihre Strategie der Repression dem Kampf um Befreiung Niederlagen zuführt. Doch in unserem Bewusstsein ist die Kommune keine Niederlage, sondern viel mehr die Geschichte eines gemeinsamen Aufstandes, der notwendig ist, um uns als proletarische Klasse zu befreien. Denn es war der erste Versuch eine klassenlose Gesellschaft zu erkämpfen, auf die sich Kommunist:innen und Anarchist:innen bis heute positiv beziehen.
Dass uns unsere Wahrnehmung dieser Ereignisse nicht täuscht, zeigt sich durch das Fortbestehen revolutionärer Prozesse auf der ganzen Erde. Genauso wie damals organisieren sich Angehörige unserer Klasse weltweit und kämpfen für eine klassenlose Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Diese Kämpfe versucht die herrschende Klasse mit brutaler Repression zu zerschlagen, um uns weiter niederzuhalten und durch Kriege, Armut und Ausbeutung weiter von uns zu profitieren. Selbst wer sich dieser Logik zu entziehen versucht, sei es durch Fahren ohne Ticket, Eigentumsdelikte oder auch nur Rausch, lebt mit dem potentiellen Verlustes seiner/ihrer Freiheit. Die Waffen zur Sicherung der Klassengesellschaft sind Lügen, Denunziation und Gewalt. Doch neben dieser Gewalt gehören vor allem die Gefangennahme und die Inhaftierung von Menschen, die Widerstand leisten, zu den Kernelementen der Aufstandsbekämpfung und somit zur Aufrechterhaltung des kapitalistischen und imperialistischen Systems. Die unter dieser Logik Inhaftierten bleiben durch ihre Haltung und ihre Kämpfe auch im Gefängnis ein Teil unserer Bewegung und es gilt sie zu unterstützen und zu verteidigen. Die Gefangenen sind aber auch ein wichtiger Bezugspunkt, von dem wir viel lernen können. Selbst ihre hinter Gittern fortgeführten Kämpfe für eine freie Gesellschaft, zeigen eines ganz deutlich: sie können nur in einem gesamtgesellschaftlich sozial-revolutionären Prozess freigekämpft werden, dessen Teil sie selbst sind. Ihre Gefangenschaft im Knast ist unser aller Gefangenschaft im kapitalistischen System und ihre Freiheit ist gleichbedeutend mit der Befreiung aller Menschen und der Überwindung dieses Systems hin zu einer freien und klassenlosen Welt. Der Kapitalismus wird durch seine Widersprüche immer weitere politische und soziale Gefangene produzieren. Die Herrschenden werden weiter Menschen einsperren müssen, um unseren Widerstand gegen ihre Unterdrückung zu brechen. Deswegen ist es wichtig, dass wir zusammen kämpfen – drinnen und draußen als eine Bewegung.
Es gibt in Deutschland politische Gefangene aus unterschiedlichen Kämpfen. Doch die meisten sind nach Paragraph § 129b (Unterstützung von / Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Organisation) inhaftiert. Die Genoss:innen, die vor unerträglichen Verhältnissen und politischer Verfolgung fliehen erfahren, dass sie in Deutschland weiter verfolgt werden. So sind sie hier in Gefängnissen eingesperrt, weil sie in Deutschland politisch oder kulturell aktiv sind. Der Paragraph 129b dient der Klassenjustiz, um ihnen die Mitgliedschaft in der DHKP-C, der TKP /ML oder der PKK vorzuwerfen, dafür braucht der Staat keine Beweise. Um nach dem Terrorparagraphen verurteilt zu werden, reicht es aus eine Demonstration oder Kundgebung zu organisieren oder Zeitungen zu verkaufen.
In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt unserer Aktivität auf unseren Genossen Musa Aşoğlu. Musa ist ein Revolutionär aus Anatolien, der seit jungen Jahren in den Niederlande lebte. Er wurde in der BRD zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Er wird in der JVA Billwerder, wo er eingesperrt ist, drangsaliert und von der Anstaltsleitung seiner Rechte beraubt. Sie versuchen, woran viele andere Folterer schon gescheitert sind, nämlich unseren Genossen Musa zu brechen. Musa wurden keine bürgerlichen türkischsprachigen Zeitschriften mehr ausgehändigt, später auch nicht mehr das Gefangenen Info. Teilweise werden Postkarten eingesackt und zurückgehalten, genauso wie Briefe von und an ihn. Und als wäre das nicht schon genug, werden ihm von den zwei Stunden, die ihm monatlich für Besuche zur Verfügung stehen, öfter mal 10 Minuten gestohlen.
Wir werden dies nicht hinnehmen. Wir lassen keine:n unserer Genossen oder Genossinnen alleine. Deswegen werden wir, neben den Aktionen, die unsere lokalen Gruppen organisieren, eine gemeinsame bundesweite Kundgebung bei der JVA Billwerder durchführen. Musa sitzt für uns alle ein, deswegen werden wir an diesem Tag der Anstaltsleitung und der Klassenjustiz deutlich machen, dass wir ihre Schikanen nicht dulden. Musa ist ein Teil des Kampfes der Arbeiter:innen, Arbeitslosen, Bäuer:innen und Studierenden gegen die Imperialisten und ihre Machtbestrebungen. Daher werden wir nicht nur an diesem Tag, sondern bis zu seiner und der Befreiung aller politischen Gefangenen, weiter vor die Orte ziehen, an denen sie eingesperrt werden.
Kommt mit uns zur Kundgebung am 20 März um 14:00 Uhr (CET) in Hamburg, um ein klares Zeichen zu setzen und Musa Aşoğlu den Rücken zu stärken.
FREIHEIT FÜR Musa Aşoğlu
WEG MIT DEN PARAGRAPHEN § 129, 129 A UND B
FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN UND SOZIALEN GEFANGENEN