Ahmets Tod – nicht justiziabel?

– Autonomes Autorenkollektiv 9. Mai –

Es überrascht nicht, dass die Staatsanwaltschaft Bremen versucht, das Verfahren Ahmets Tod betreffend knapp zwei Jahre nach dem tödlichen Absonderungs-Versuch in Bremen-Ost einzustellen. Von Anfang an war zu erkennen, dass Zeugenaussagen von Inhaftierten nicht den gleichen Stellenwert erhielten wie Aussagen des Personals. Auch dass es trotz des Ermittlungsverfahrens wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu keinen Suspendierungen/Versetzungen der Tatbeschuldigten kam, verriet, wie „Recht“ gesprochen wird. Die schriftlichen Äußerungen der Staatsanwaltschaft zeigen: was nicht passt, wird passend gemacht, weggelassen oder angepasst.
Wurde anfangs noch versucht, eine gänzlich andere Version zu konstruieren (eine von Ahmet verweigerte Urinkontrolle), wird nun seitens der Staatsanwaltschaft Bremen nur noch der Vorgang im Raucherraum verhandelt. Die Tatbeschuldigten befanden sich angeblich in einer „Notwehrsituation“, da Ahmet, nach Angaben des Personals, mit einem Glasaschenbecher warf. Die „Notwehrsituation“: erst drei Personen gegen Ahmet, dann über 20 Pfleger/innen und Securitymitarbeiter gegen ihn, so verschriftlicht es die Staatsanwaltschaft, machen Zeugenaussagen von Mitinhaftierten nicht weiter notwendig.
Auch rechtfertigt diese „Notwehrsituation“ angeblich die angewendeten (KDM)-Kampftechniken. Eine Fixierung in Bauchlage, die von Amnesty International als Folter bezeichnet wird und in den USA seit 20 Jahren verboten ist, war für die Staatsanwaltschaft Bremen eine angemessene „Selbstverteidigung“ der Tatbeschuldigten. Ahmet´s Kampf um Luft vor seiner Bewusstlosigkeit war kein Grund, von ihm abzulassen. Die Staatsanwaltschaft bewertet: da Ahmet noch lautstark schrie, kann er nicht wirklich in Not gewesen sein. Weiter, dass zu keinem Zeitpunkt Ahmets Luftzufuhr blockiert wurde. Dabei kosten angewendete KDM-Techniken und Fixierungen in Bauchlage immer wieder Menschen das Leben („Gewahrsamstod“).
Dass Ahmet, bevor es im Raucherraum zur Gewalteskalation kam, zuvor von der Deeskalationsbeauftragten provoziert wurde, er sich abwandte, in den Raucherraum lief und in diesem Moment der Absonderungszugriff (Eberhardt) ausgelöst wurde, bleibt unerwähnt.
Dabei macht ein Teil des Personals keinen Hehl daraus, zu benennen, was Realität ist. Sätze wie: „wenn jemand ins BEO soll, dann kommt der da auch rein, egal wie“. Oder: „Sie können sich beschweren, wie sie wollen, wir haben immer drei Menschen, die gegen Sie aussagen“, werden von einigen Mitarbeiter/innen, ebenfalls wie Drohungen (Verlegung, Entzug von Lockerungen, BEO etc.) geradewegs ausgesprochen.
Auch dass, nachdem Ahmet im Zuge der Gewaltorgie das Bewusstsein verlor, erst 13 Minuten später der Notruf ausgelöst wurde, betrachtet die Staatsanwaltschaft nicht als fahrlässig. Sie erklärt, dass fälschlicherweise ein zweiter „Kampf-Alarm“ (Eberhardt) statt des Notrufs (Elonore) ausgelöst wurde. Auch lässt die Staatsanwaltschaft Bremen unberücksichtigt, dass mehrere Defibrillatoren der forensischen Psychiatrie nicht einsatzbereit waren und im Zuge der polizeilichen Ermittlungen die Chips der Geräte nicht ausgelesen wurden/werden konnten.
Die Rechtsmedizin kam zu dem Befund, dass erhebliche Vorerkrankungen Ahmet´s seinen Tod (mit)begründeten. Dass Ahmet in sechs Monaten „Fürsorgepflicht“ im forensischem Vollzug unter Psychopharmaka 45 Kilo Körpergewicht zunahm und zuvor Arztkonzile verhindert wurden, bleibt von der Staatsanwaltschaft ebenfalls ausgespart.
Somit soll Ahmet´s Tod als einer von vielen „tragischen Unfällen“ im Vollzug unverantwortet bleiben. Ohne uns.

Repressive, pharmakologische Psychiatrie tötet und gehört abgeschafft!

Wir kämpfen weiter für Gerechtigkeit bezüglich Ahmet´s Tod und für die Menschenrechte Anderer im Vollzug.

Ahmet unvergessen!
Kein Vertuschen! Kein Vergeben!