Interview zur Repression gegen das Kalabal!k

Redaktion

Gefangenen Info: Am 9. Mai gab es bei euch im Kalabal!k sowie in vier Wohnungen Razzien. Zwei Personen wurden vorübergehend festgenommen, ED-behandelt und einer Person sei zwangsweise DNA entnommen worden. Was ist der aktuelle Stand?

Kalabal!k: Eigentlich handelt es sich um zwei unterschiedliche Verfahren, beide laufen aber unter dem Straftatbestand der Verleumdung und dem Verstoß gegen das Pressegesetz. Die Bullen behaupten ein Plakat, das angeblich im Fenster der Bibliothek hing, lichte einige Fressen von Zivicops ab und verunglimpfe diese. In dem anderem Fall sollen zwei Leute ein „Fahndungs“- Plakat geklebt haben, auf dem Bilder von prügelnden Riotcops in Hamburg und die Portraits der politischen Verantwortungsträger der Polizeigewalt zum G20 Gipfel abgebildet sind. Durch gruselige Konstruktfreudigkeit wurden deswegen Durchsuchungsbeschlüsse für vier Wohnungen und die Bibliothek erwirkt. Die Bullen wollen nun erstmal das gefundene Material auswerten. In einigen Tagen oder Wochen bekommen unsere Anwält*innen dann die Ermittlungsakte, in der die gewonnenen Erkenntnisse vermerkt sind. Einem Betroffenen wurde die DNA abgenommen, um diese in einem anderen Ermittlungsverfahren zu verwerten, das im Zusammenhang mit den in Hamburg gefundenen Streugutkisten kurz vor dem G20 steht.

Gefangenen Info: Ihr habt in eurer Erklärung einige Vorwände für die Razzien genannt. Was denkt ihr, waren die tatsächlichen Absichten?

Kalabal!k: In erster Linie dreht sich Repression ja immer darum, politisch aktive Leute einzuschüchtern und Strukturen offenzulegen. Gerade seit es in dem Kiez rund um das Kalabal!k viel Widerstand gegen den Google-Campus gibt, wozu auch das Anti-Google-Café, das zweimal im Monat in unseren Räumen stattfindet, gehört, ist der polizeiliche Fokus spürbar höher. Zu unseren Öffnungszeiten stehen nicht selten sogenannte szenekundige Beamt*innen vor der Bibliothek und spionieren die Besucher*innen aus und versuchen mit ihrer Anwesenheit zu provozieren. Die Zivilbullen sind in Berlin ja der verlängerte Arm der politischen Polizei auf der Straße. Häufigkeit und Intensität ihrer Anwesenheit steigert sich immer dann, wenn die Führung der Bullen glaubt, ein Problem für sich entdeckt zu haben. Zusätzlich erklärt sich das Kalabal!k immer wieder solidarisch mit verschiedenen Kämpfen, gerade diese Verbindungen und das Aufbauen widerständiger Strukturen ist ein Dorn im Auge der Bullen und der politischen Eliten der Stadt. Ihre Anworten darauf sind dann eben Überwachungen oder Hausdurchsuchungen.

Gefangenen Info: Repressionsschläge können einschüchternde und abschreckende Wirkung haben. Wie ist euer Umgang mit der Situation?

Kalabal!k: Die Bullen im Haus zu haben, mag sicher nicht angenehm sein und bedeutet immer Stress. Allerdings ist Repression die logische Konsequenz, die der Staat für diejenigen bereit hält, die ihn zerstören wollen. Daher schockiert uns dieses Vorgehen in keinster Weise. Wichtig ist, dass wir alle, ob Betroffene, Kollektiv, Besucher*innen oder Supporter*innen, solche Schläge gemeinsam bewältigen. Auch wenn klar ist, dass der psychische Druck der Repression immer Spuren hinterlässt, kann ein kollektiver, solidarischer Umgang damit auch dafür sorgen, dass dieser Effekt letztlich ins Leere läuft. Aber auch auf einer politischen Ebene, denken wir, gibt es Möglichkeiten einen offensiven Umgang mit solchen Angriffen zu finden. Die Verfolgung des Plakatierens soll Leute abschrecken unsere Überzeugungen und Ideen zu propagieren. Ein Ansatz dagegen ist ja recht einfach, eben diese Plakate oder Inhalte dann erst recht zu verbreiten. Gleichzeitig finden wir das Sammeln von Geld für Gerichtsprozesse usw. zwar wichtig, wichtiger ist uns aber diese Prozesse gemeinsam anzugehen, um so Beziehungen untereinander zu vertiefen und Kämpfe zu stärken. Angeklagt mögen zwar nur wenige sein, der Staat zielt damit aber immer auf uns alle. Das bedeutet deshalb auch, Betroffene nicht alleine auf der Anklagebank sitzen zu lassen und bei Repression, sowohl im Gericht als auch auf der Straße, zu unterstützen.

Gefangenen Info: Gibt es etwas, was die Leute tun können, um euch zu unterstützen?

Kalabal!k: Wir haben viel Support im Nachhinein der Razzien erfahren. Auch materiell sind die Schäden weitestgehend gedeckt. Uns ist aber wichtig, nicht nur im Bezug auf die Razzien im Kalabal!k, dass wir weiter über Handlungsmöglichkeiten nach Hausdurchsuchungen diskutieren und mit unterschiedlichen Methoden experimentieren, die uns als Antwort darauf zur Verfügung stehen. Wir haben mit der Einladung ins Bethanien am Tag der Razzien probiert einen Raum zu schaffen, in dem dies möglich ist, angenommen wurde das aber nur von wenigen. Trotzdem finden wir es wichtig, an einem Informationsaustausch, der face to face stattfindet, auch in Zukunft festzuhalten. Gleichzeitig können wir sehen, dass gerade wieder vermehrt Diskussionen über den Umgang mit Repression, Prozessen, Deals, Einlassungen etc. geführt werden, was bestimmt auch daran liegt, dass zur Zeit mehrere Gefährt*innen im Knast sitzen. Dies könnte also auch eine Chance sein, spektrenübergreifend Positionen zu entwickeln und so wieder offensiv in Wort und Tat gegen die Knastgesellschaft anzustänkern.

Also: Geht plakatieren, besucht uns und lasst uns gemeinsam für eine herrschaftsfreie und solidarische Gesellschaft kämpfen!