[Debatte] Stichpunkte zur gemeinsamen Diskussion

Solidaridad-Libertad-Futuro

einen eigenen Begriff von „Gewalt“ und „Widerstand“ von „Recht“ und“Legitimität“ entwickeln !

zu den Begriffen:

Recht und Legitimität,
Gewalt und Widerstand, direkte Aktion, Militanz,

wer definiert die vorherrschende Begrifflichkeit von
„Gewalt“ und „Recht“ ?

Die Herrschenden sprechen z.B. bei Protesten gegen den G20-Gipfel, bei der Vernichtung von Kriegsgerät, beim Einsatz von Hakenkrallen gegen CASTOR-Transporte oder gegen Rüstungszüge und WaffenTransporte von Gewalt und Terrorismus.
Dadurch wollen sie verhindern, dass Freude und Zustimmung für diese Aktionen aufkommen und öffentlich geäußert werden Und sie wollen von der moralischen und politischen Berechtigung dieser Aktionen und von der Tatsache ablenken, dass die herrschenden Verhältnisse auf Gewalt – auf sog. „legale Gewalt“ – beruhen.

Die herrschenden Verhältnisse – der sog. „demokratische Rechtsstaat“ – basieren auf „Gewalt“ (strukturelle Gewalt des Staates) , um die bestehenden kapitalistischen Verhältnisse aufrechtzuerhalten. Diese „legale Gewalt“ wird durch das herrschende „Recht“/durch das herrschende Gesetz legitimiert.

Das sind z.B.
die kapitalistischen Produktionsverhältnisse (mit Wachstumszwang, Lohnarbeit, Ausbeutung, Unterdrückung, Fremdbestimmung, Umweltzerstörung), Privateigentum (Grund, Boden, Rohstoffe), Warengesellschaft (alle gesellschaftlichen Aufgaben, Ausbildung, Gesundheitswesen, öffentliches Eigentum, alle Lebensäußerungen (Wissen, Fähigkeiten, Arbeitskraft, Körper) privatisieren und zur Ware machen – wer nichts zu verkaufen hat, hat kein Lebensrecht) (Neoliberalismus, Globalisierung),
technologische Gewalt (z.B, Digitalisierung, Roboterisierung, künstliche Intelligenz mit Kontrolle, Überwachung, Steuerung und mit dem Ergebnis von Normierung, Kategorisierung und Selektion der Menschen , was zur Zerstörung der Kommunikation, zur Funktionalisierbarkeit für Fremdinteressen und zur Selbstoptimierung, Vereinsamung und Vereinzelung führt), Knast, Kriege, …

Oft ist die darauf beruhende Begrifflichkeit von „Gewalt“ und „Recht“ – auch in unseren Zusammenhängen – soweit verinnerlicht und als Sachzwang akzeptiert, dass sie überhaupt nicht mehr hinterfragt wird.

So stellt nicht nur z.B der Sachschaden bei einer „direkten“,oder auch „militanten Aktion“, i. A. das eigentliche Problem für diesen Staat dar, sondern dass Menschen sich außerhalb des Gewaltmonopols des Staates, sich außerhalb des herrschenden Rechts, gegen die herrschende Ordnung stellen.
Und genau das ist auch die Ursache für die unterschiedlichsten Repressionsformen mit denen der Staat gegen uns reagiert.

Aber es gibt für uns ein „Menschenrecht“ auf Widerstand, nicht für persönliche Vorteile oder für persönliche Rache sondern weil wir Menschen sein wollen:

und solange IHRE Gewalt legal ist und Recht heißt,
heißt unser Recht Widerstand!
und in diesem Sinne:
„ keinen Frieden mit den herrschenden Verhältnissen !
lasst uns gemeinsam für eine Gesellschaft kämpfen, in der der Mensch im Mittelpunkt von Denken und Handeln steht und nicht die ökonomische/kapitalistische Rationalität,
für eine Gesellschaft, in der jeder Mensch als außergewöhnlich gilt,
in der kein Mensch als unwichtig, als unnütz, als nicht lebenswert, als illegal
ausgesondert wird.
für eine Gesellschaft, die von gegenseitigem Respekt geprägt ist, in der jeder Mensch nach seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten leben kann und darin unterstützt wird,
jetzt und überall !“

so können „Steine“ durchaus Argumente sein, wenn es um den Kampf um Solidarität und Befreiung geht.

Ich will das an einem Beispiel deutlich machen:

  • der Einsatz von Atomtechnologie, Atomkraftwerke und Atomwaffen (die sog. friedliche Nutzung der Atomtechnologie wurde in der BRD eingeführt weil es ein starkes Interesse gab, eigene Atommacht zu werden. Für die Energiekonzerne wurde diese Technologie erst durch hohe staatliche Subventionen profitabel gemacht) hat vielen Millionen Menschen weltweit Leben und Gesundheit gekostet: das wird im Rahmen von „Recht“ und „Gesetz“ demokratisch legitimiert.
    Für uns ist die Nutzung dieser Technologie ein Verbrechen – Gewalt gegen das Leben.
  • der Widerstand gegen das Verbrechen Atomtechnologie, z.B. die Sprengung von Masten des AKW-Krümmel, des AKW-Esensham, des AKW-Brokdorf, … ist für die Herrschenden „Gewalt“ und wird politisch verfolgt. Für uns ist das legitimer Widerstand.
  • vergessen wir nicht, dass der auch militante Widerstand gegen die Atomanlagen Wyhl, Brokdorf, Grohnde, Kalkar, Gorleben, … dazu geführt hat, dass nach Brokdorf kein weiteres AKW gebaut worden ist.

Ursprünglich waren Standorte für 598 AKWs und für 14 Wiederaubereitungsanlagen in der BRD ausgewiesen. Bis 1985 sollten nach den Energieplänen der Bundesregierung ca. 50 AKWs gebaut werden. Nach 20 war aber endgültig Schluss. Das ist unserem gemeinsamen Widerstand zu verdanken.

Zu den Begriffen:
„Gewaltfreiheit“. „(ziviler) Ungehorsam“:

Ungehorsam kann ich nur gegenüber einer Person, gegenüber einer Institution sein, die ich grundsätzlich als Autorität akzeptiere. (Kinder gegenüber ihren Eltern, Schüler*innen gegenüber ihren Lehrer*innen, Bürger*innen gegenüber dem Staat, …)

Wir akzeptieren aber die herrschenden Verhältnisse nicht als Autorität und sind ihnen gegenüber nicht „ungehorsam“, wir stellen diese herrschenden Verhältnisse grundsätzlich in Frage..

Der Begriff „ungehorsam“ suggeriert außerdem, dass diese kapitalistischen Verhältnisse reformierbar sind und setzt Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit voraus.

aber:
„ der Kapitalismus macht keine Fehler, er ist der Fehler und der muss beseitigt werden, damit wir leben können!
Das werden wir nicht ausschließlich erreichen durch Analysen, durch Argumente, durch wissenschaftliche Dispute, durch Appelle an die Politiker*innen oder durch Klagen vor Gericht, oder auch nicht durch ausschließlich sog. „legale“, „gewaltfreie“ Demonstrationen (hierzu s. Unten) und Aktionen, sondern da müssen wir schon selbst Hand anlegen! – die „direkte Aktion“ ist gefragt!
Das heißt auch, die Verantwortlichen für die Zerstörung von Lebensbedingungen und Umwelt, die Verantwortlichen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik beim Namen nennen und Wege entwickeln, sie zur Rechenschaft zu ziehen.

Ich will aber auf jeden Fall noch auf Folgendes hinweisen:
Sich Macht aneignen, um Macht zu zerstören, ist ein sehr schwieriger dialektischer Prozess (der Dialektik von „Gewalt“, „Widerstand“ und „gesellschaftliche Utopie“) der bisher in der Geschichte oft dazu geführt hat, dass die Macht sich verselbstständigte und die Menschen versucht wurden, für eine sog.“höhere Idee“ zu funktionalisieren. (s. z.B. die Geschichte des Kommunismus – Sowjetunion, DDR, …)

zur Bündnisfrage

am Widerstand gegen den G20-Gipfel waren die unterschiedlichsten politischen Gruppen und Einzelpersonen beteiligt, z.B.:

linksradikale Autonome,
Anarchist*innen,
Kommunist*innen,
Umweltgruppen,
die Partei „Die Linke“, und weitere Parteien,
christlich Orientierte,
gewerkschaftlich Orientierte,
Jugend – Bündnisse,
(queer) feministische Bündnisse,
FriedensForen,
Recht auf Stadt,
kurdische, türkische Gruppen,

Stärke entwickelt sich nur im gemeinsamen respektvollen Umgang miteinander. Und das ist nicht nur eine taktische Frage, um technisch stärker zu werden (Anzahl der Beteiligten), sondern auch eine Frage der revolutionären Moral: die Würde der* Einzelnen anerkennen.
das bedeutet z.B.:

  • nicht taktieren, z.B. im Sinne: „wir stimmen zu, dann haben wir Ruhe, und machen doch was wir für richtig halten (s. Konsensdiskussion)“.
  • sich nicht pädagogisch, belehrend (Rechthaberei) verhalten, z.B. im Sinne: „die sind noch nicht soweit, wir müssen sie da abholen, wo sie sich gerade befinden, unsere eigenen Vorstellungen würden sie nur abschrecken.“
  • offen zu den eigenen Vorstellungen stehen. Versuchen, sich nachvollziehbar zu machen und dann sehen, was gemeinsam möglich ist. Wenn nicht, auch unabhängig voneinander handeln, ohne die gemeinsame Auseinandersetzung einzustellen.
  • Kritik als Grundlage für Solidarität akzeptieren und führen.

nur das kann die Grundlage sein, für gemeinsame solidarische Auseinandersetzung, um voneinander zu lernen, um sich gemeinsam weiterzuentwickeln, um politische Kraft zu entwickeln,
(s. hierzu auch: zum Widerstand gegen das AKW-Brokdorf, www.MAUS-Bremen.de, Textarchiv, „Bilanz und Perspektiven zum Widerstand gegen Atomanlagen“)

und um die linke Option wieder als kollektives Projekt sichtbar zu machen –
zu einem neuen Aufbruch !

alles andere führt letztendlich in die Isolation, in die Vereinzelung, in die politische Bedeutungslosigkeit.

zum Widerstand gegen den G20-Gipfel in Hamburg

Der unter den Augen zehntausender Polizist*innen (31.000) laufende kontrollierte Protest wird von den Herrschenden versucht als Teil des G20-Macht-Spektakels zu vereinnahmen. Staatlich anerkannte Protestformen (sog. „legaler Protest“, z.B das demokratische Recht, „friedlich“ zu demonstrieren) dienen letztendlich auch dazu den Schein einer „freien“ Gesellschaft zu wahren – im Gegensatz zu radikalem Widerstand, welcher tatsächlich die Strukturen von Macht, Ausbeutung und Unterdrückung angreift. „Legaler Protest“ legitimiert also die herrschenden Verhältnisse, wenn er sich unterwürfig und widerspruchsfrei diesen anbiedert.
Es reicht auch nicht, alleine die widerlichsten Auswüchse des herrschenden Systems als voneinander isolierte Symptome zu bekämpfen („eventhopping“), da sich sämtliche Unterdrückungsformen gegenseitig bedingen, stützen und stärken. Daher rufen wir dazu auf, unversöhnliche und nicht vereinnehmbare Widerstandsformen zu wählen, die eine, den herrschenden Verhältnissen, dem Kapitalismus (der Ursache) unmissverständliche Ablehnung aufzeigen.

Kapitalismus, Staatlichkeit und Herrschaft werden am Ende jedoch nicht alleine durch den Widerstand nach Außen überwunden, sondern auch im Alltag und in unseren unmittelbaren Lebenswelten.
„ Wir sind bis ins Innerste geprägt durch die herrschenden Verhältnisse (Denkstrukturen, Begrifflichkeit, Fragestellung, Sprache, Kommunikationsformen, Besitzverhältnisse in Beziehungen, Patriarchale Strukturen, sexistische, rassistische Umgangsformen…) unser gesellschaftliches Sein bestimmt unser Bewusstsein – das Private ist politisch, das Politische ist privat – einfach aussteigen ist nicht möglich. Und so sind wir immer auch selbst Träger*innen, nicht nur Opfer sonder auch Täter*innen dieser Verhältnisse. Aber überall da, wo wir zu diesen Verhältnissen in Widerspruch geraten, können wir uns kritisch mit ihnen auseinandersetzen, uns auf den Weg machen, sie und uns zu verändern,

einen eigenen Begriff von Recht und Legitimität, von Gewalt und Widerstand, von Menschenwürde und Menschenrecht, …,
Kommunikation als Sabotage an den herrschenden Verhältnissen entwickeln !

Entscheidend wird dabei auch unsere nachhaltige allumfassende Selbstorganisation als Gleiche und von der Basis ausgehend Föderalisierte (Selbstbestimmung und Kollektivität als dialektische Einheit), jenseits von Hierarchien und Herrschaftsideologien sein. Derart gelebte solidarische Perspektiven können somit für viele Menschen zur lebbaren Alternative jenseits kapitalistischer Überwachung, Kontrolle, Steuerung, Vereinzelung, Vereinsamung, Konkurrenz und Entfremdung, … werden.
(s. hierzu auch: Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen, linksunten.indymedia.org/de/node/216071)

Der Erfolg unseres Widerstandes – z.B. auch gegen den G20-Gipfel – wird sich nicht alleine an dem öffentlichen Spektakel, an die öffentlichen Diskussionen um die weltweite Rolle von G20 als kapitalistische Avantgarde, an unsere erfolgreichen Auseinandersetzungen mit Polizei und Behörden, usw. messen lassen, sondern hauptsächlich daran, was wir an Auseinandersetzung, Respekt, Interesse an Zusammenarbeit, Kritikfähigkeit, Solidarität, Kommunikation, … unter uns, den Beteiligten am Widerstand, unter den verschiedenen politischen Fraktionen und Einzelpersonen erreicht haben. Nur das kann die Grundlage für einen neuen Aufbruch, für einen gemeinsamen Aufbruch in den Kampf für eine freie und solidarische Gesellschaft sein.

in diesem Sinne –

wie schon die Alten sangen:

„es rettet uns kein höheres Wesen, kein Gott kein Kaiser noch Tribun — und auch nicht die kapitalistische, marktkonforme — Demokratie,
uns von dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun !“

den Aufstand vorbereiten und leben !

gemeinsam vorwärts und nicht vergessen die Solidarität !