Wer sind die GenossInnen, die den Haftbedingungen des 41bis standhalten?

Proletari Torinesi per SRI (Turiner Proletarier für RHI), Dezember 2018

Kurzer Abriss und wesentliche Informationen für die internationale Kampagne

Nadia LIOCE, Marco MEZZZASALMA, Roberto MORANDI. Das sind ihre Namen.

Nadia, Proletarierin aus Foggia, Stadt im Süden, 61 Jahre alt; Marco, Informatiker in einem grossen Industrieunternehmen in der römischen Provinz, 50 Jahre alt; Roberto, Krankenpfleger in einem öffentlichen Krankenhaus in Pisa, etwa 60 Jahre alt. Anfang der 90er Jahre waren sie in den Nuclei Comunisti Combattenti (Kämpfende Kommunistische Einheiten) organisiert und nahmen den politischen wie organisatorischen roten Faden des bewaffneten Kampfes und die Kontinuität der BR-PCC (Rote Brigaten-Kämpfende Kommunistische Partei), nach deren vorübergehenden Zerschlagung Ende 1988, wieder auf.
Der Übergang ab 1988 ist sehr wichtig. Die Zerschlagung der Organisation entsprach einer Auflösung der Kontinuität eines historischen Zyklus. Die verhafteten GenossInnen gehörten noch zur verlängerten Welle der 70er Jahre. Tatsächlich kam es unmittelbar danach zum Stillstand. Dies wurde durch die Linie der „politischen Lösung“, der letzten Ausgabe von Kapitulation und Aufgabe, ausgenutzt. Einige bedeutende Mitglieder des BR liessen sich sogar im staatlichen Fernsehen interviewen und proklamierten, dass die Geschichte der Organisation und des bewaffneten Kampfes vorbei sei, dass es notwendig sei, andere Wege zu finden. Ein defätistischer Diskurs, der in diesen Jahren mit der Auflösung der Sowjetunion (und im ebenso behaupteten „Ende der Geschichte“) eine grosse negative Auswirkung auf die massenideologische Ebene hatte.
Wir gehen besonders auf diese Phase ein, um andererseits den Wert und Mut zu begreifen, den diejenigen hatten, die in einer starken Minderheitssituation diesem Defätismus nicht nachgegeben und die Aufgabe übernommen haben, den Faden des revolutionären Projekts wieder zu knüpfen. Nur wenige kleine Teile hatten die Waffen nicht aufgegeben und versuchten gleichermaßen, wenn auch aus verschiedenen Positionen (insbesondere diejenigen, die sich auf die sogenannte „Zweite Position“, die letzte Spaltung des BR-PCC, bezogen), einen Weg der revolutionären Perspektive fortzusetzen.
Die Kämpfenden Kommunistischen Einheiten konstituierten sich aus relativ neuen GenossInnen. Obwohl einige von ihnen in den 80er Jahren an der Militanz teilgenommen hatten, waren sie nicht mit der BR-Geschichte verbandelt. Dennoch griffen sie ab Anfang der 90er Jahre die Themen und die wesentliche Linie der BR-PCC wieder auf. Einige Angriffe wurden gegen Vereinbarungen zwischen Regierung, Bossen und Gewerkschaften einerseits und gegen den Imperialismus andererseits durchgeführt. In jenen Jahren ging es nicht mehr darum, Guerilla-Initiativen zu praktizieren und zu verbreiten, für die es keine ausreichenden Kräfte gab, weder die subjektive Verfügbarkeit, noch als Bedingungen und Triebe der Klasse. Es ging vielmehr darum, diese bewaffnete revolutionäre Präsenz am Leben zu erhalten, insbesondere in politischer Hinsicht. Und so war es auch. Obwohl es wenige und hektische Initiativen waren, hielten sie zusammen mit der ständigen projektorientierten Arbeit und der politisch-militärischen Organisation (die, wie man sich erinnern muss, sehr anspruchsvoll und verantwortungsvoll ist und zur Lebensweise wird) diese Präsenz aufrecht, auch wenn sehr hart, trotzallem Underground.
Im Jahr 1999 entschieden die NCC einen grossen politischen Sprung. Sie beschlossen zur maximalen Handlungsebene überzugehen und griffen die Regierung durch eine technokratische Persönlichkeit an, die an der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften arbeitete, die auf die Unsicherheit der Arbeit, den Angriffen gegen die Vertragsbedingungen und die Rechte des Proletariats abzielten. Als Konsequenz dieses Sprungs übernahmen sie auch die Verantwortung für die Übernahme des historischen Akronyms: BR-PCC.
Diese Operation war offensichtlich weitreichend, für eine Zeit lang wurde die revolutionäre Instanz auf der öffentlichen politischen Bühne wiederbelebt. Darüber hinaus geschah dies im Zusammenhang mit sehr starken Spannungen. Die italienische Regierung engagierte sich sowohl am sozialen Abbau, als auch an der imperialistischen Aggression gegen Jugoslawien. Dies führte zu einer bemerkenswerten Wiederaufnahme proletarischer Bewegungen und Mobilisierungen.
Die Organisation arbeitete dann weitere vier Jahre lang und erlebte einige starke Momente: einen Sprengstoffanschlag auf ein italienisch-amerikanisches imperialistisches Koordinationszentrum und eine weitere Hinrichtung eines Regierungsberaters, im März 2002, der von ähnlicher Bedeutung wie der vorherige war.
Die grosse Einschränkung dieser mutigen Reise war die geringe politisch-organisatorische Dynamik innerhalb der Klasse. Sie reagierte sicherlich mit Sympathie, war aber angesichts ihres Kampfniveaus und ihres Klassenbewusstseins, das hinter den Anforderungen des Konflikts zurückblieb, nicht in der Lage, mit der Organisation zu interagieren. Das war ja auch die grosse Frage der damaligen Zeit, welche zum anderen Weg von der zweiten Position hin zum PCP-M-Projekt führte – ein Versuch die Fragen anders und tiefer anzugehen.
Dies führte zu den Verhaftungen im Jahr 2003 und zur Zerschlagung der grundlegenden Struktur der BR-PCC.
Und hier sehen wir die Bedeutung, die der Staat der revolutionären Instanz beimisst: die extrem harten Haftbedingungen, immer mit dem Ziel die Gefangenen zu brechen, sie zur Kapitulation zu bringen und als terroristische Abschreckung gegenüber der Klasse im Allgemeinen zu benutzen. BR-PCC-GenossenInnen erhalten die schärfste Behandlung, die Haftbedingungen des 41bis, als Vergeltung ihres Angriffsniveau. Die anderen, ebenfalls bewaffnete Organisationen – PCP-M, anarchistische Gruppen und Gefangene aus den 80er Jahren – landen im Hochsicherheitstrakt, der besonders auf die politische Isolation abzielt.
Der Widerstand der GenossInnen in all diesen Jahren (manchmal Jahrzehnten) ist bemerkenswert. Selten sind die Fälle von Abgrenzung, sehr stark ist die grundlegende politisch-ideologische Haltung. Auch im Gefängnis lebt die revolutionäre Tendenz weiter, am Beispiel der Entschlossenheit und mit dem Beitrag zur Debatte, zur Neuformulierung des Projekts. Andererseits entwickelt sich der rote Faden der Hauptorganisationen weiter, auch wenn nur phasenweise, wie bereits gesagt, auf sehr harte Weise, und Underground.
Es liegt an uns, wie wir diese grundlegenden Beiträge werten und weiterentwickeln. Wie wir es schaffen, den Widerstand zusammenzusetzen und ihn wieder in eine revolutionäre Kraft zu verwandeln.