Staat und Nazis Hand in Hand

Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen, Magdeburg

Der Faschismus ist in seiner Entstehung schon ein Projekt der Herrschenden, welche die Klassenkämpfe im damaligen Europa versuchten einzudämmen. Es war die Notbremse der Kapitalisten gegen die erstarkenden kommunistischen und anarchistischen Bewegungen, gegen die sich entwickelten revolutionären proletarischen Erhebungen. Der Faschismus sicherte die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse. So gelangte die brutalste Form bürgerlicher Herrschaftssicherung 1922 in Italien, 1933 in Deutschland und 1939 in Spanien an die Macht. Was der Machtübernahme bzw. -übergabe folgte, war immer die äußerst brutale und gründliche Zerschlagung der ArbeiterInnenbewegung und aller revolutionären Kräfte.
Aber schauen wir uns die Entstehung und Entwicklung des Faschismus am Beispiel Deutschland genauer an.
Deutschlands Niederlage im 1. Weltkrieg war 1918 schon besiegelt, die sozialen Verhältnisse in der Heimat unerträglich. In dieser Atmosphäre entwickelte sich eine starke revolutionäre ArbeiterInnenbewegung. Die proletarischen Massen waren nicht mehr bereit, diese Verhältnisse weiter hinzunehmen, die Soldaten nicht mehr bereit, sich verheizen zu lassen. Die November-Revolution erkämpfte das endgültige Ende des Krieges und den Sturz der Monarchie, damit verbunden eine Demokratisierung des Landes. Es entstanden Arbeiter- und Soldatenräte und die Massen drängten, vorangetrieben durch ihre revolutionären Organisationen, in Richtung Sozialismus. Die militärischen Eliten, Monarchisten und das deutsches Großkapital reagierten auf diese Ereignisse mit der Formierung militärischer konterrevolutionärer Kräfte, den sogenannten Freicorps, welche allerdings nie „frei“ handelten, sondern dem Oberkommando der Reichswehr unterstellt und aus der Staatskasse finanziert waren. Ihre Angehörigen erhielten Sold. In den Jahren 1918/1919 wird dieser sozialistische Aufbruch auf äußerst brutale Art und Weise niedergeschlagen. Tausende ArbeiterInnen ließen dabei, wie Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, ihr Leben. Die SPD ließ sich damals schon vor den Karren des Kapitals spannen und trägt eine direkte Mitverantwortung an den Massakern an der ArbeiterInnenschaft und der Ermordung von Karl und Rosa.
In diese Zeit fällt also deutlich auch schon die Entstehung des tiefen Staates, er entsteht mit der bürgerlich-parlamentarischen „Demokratie“. Ebenso der Faschismus, die ersten faschistischen Strukturen formieren sich in direktem Zusammenhang mit dem tiefen Staat. Die faschistischen Gruppen fungierten dabei nicht nur als Sammelbecken Erzreaktionärer, sondern bieten sich von Anfang an Staat und Kapital als Propaganda- und Gewaltunternehmen an. Eine erste dieser Faschoformationen war die sogenannte Stadtler-Gruppe bzw. Antibolschewistische Liga, später Liga zum Schutz der deutschen Kultur. Stadtler war Vizefeldwebel der Reichswehr. Von ihm kommt der berühmte Ausspruch:“Etwas wo nicht Sozialismus drauf steht, ist den Arbeitern nicht zu verkaufen.“ Dieser Denkansatz wird später eine Rolle spielen bei der Entwicklung einer national- „sozialistischen“ Ideologie seitens der Faschisten.
Der Direktor der deutschen Bank Paul Mankiewitz organisierte für den 10. Januar 1919 in den Räumen des Aero- Klubs von Berlin ein Treffen mit 50 hochrangigen Vertretern aus Industrie, Handel und Bankenwelt, u.a. Hugo Stinnes, Albert Vögler, Siemens, Otto Heinrich (Siemens-Schuckert Konzern), Ernst von Borsig und Felix Deutsch (AEG). Einziger Tagesordnungspunkt dieses Treffens war ein Vortag besagten Stadtlers mit dem Titel: „Der Bolschewismus als Weltgefahr“. Ergebnis des Treffens war die Freigabe von 500 Millionen Reichsmark seitens der deutschen Wirtschaft für einen antibolschewistischen Fond. Die Gelder wurden über Verbände der Industrie, des Handels und der Banken von deutschen Unternehmen auf freiwilliger Basis eingezogen. Von da an flossen gewaltige Summen an Freikorps, die Armee und faschistische Gruppen, die antikommunistisch wirken sollten.
Der Kommandant des Gruppen- Kommando 4 (Gruko 4) der Bayrischen Reichswehr, Karl May, setzte Antisemitismus als ein gezieltes Kampfmittel ein gegen die revolutionäre Aufbruchsideale, welche sich durch die Novemberrevolution im ganze Land ausbreiteten. Das Gruko 4 hatte die Aufgabe die Bevölkerung auszuspionieren, um neue Aufstände unserer Klasse im Keim zu ersticken. Neben den militärischen hatte es auch die propagandistische Aufgabe, die ProletarierInnen mit nationalistischer und antisemitischer Hetze zu verwirren.
Dazu wurde eine große Zahl an V- Männern angeworben, welche aber faktisch Staatsagenten waren, da sie nicht nur spitzelten, sondern auch staats- und kapitalfreundliche Positionen unter den Massen verbreiteten (Diese Doppelfunktion als Spitzel und Propagandist scheinen die V-Leute innerhalb der faschistischen Szene noch heute zu haben.). Einer dieser V-Männer war Adolf Hitler, der damals als arbeitsloser, ehemaliger Frontsoldat das Spitzeln als neue Lebensgrundlage für sich entdeckte. Hitler entpuppte sich als talentierter Redner und wurde dadurch zu einem bevorzugten Mitarbeiter Karl Mays. Dieser beauftragte ihn mit der Beobachtung der Deutschen Arbeiter Partei (DAP), einer damals antisemitischen Kleinstpartei, die sich in Bierkellern traf. Auch dort fiel Hitler sofort als mitreißender Redner auf, so dass Anton Drexler, einer der Gründer der Partei, ihn um Eintritt in die Partei bat. Hitler erhielt die Erlaubnis seines Vorgesetzten May. Er steigt sehr schnell auf in der Partei, nennt die DAP in NSDAP um, lässt einen brutalen Ordnerdienst aufstellen, die SA, und erarbeitet mit Gottfried Feder das 25 Punkte Programm.
Zwischen 1918 und Anfang der 1920er entwickelten sich intensive Kämpfe zwischen revolutionärer ArbeiterInnenbewegung und (Tiefem) Staat. Kommunistische und anarchistische ArbeiterInnenorganisationen drängen Richtung sozialer Revolution, Formationen des tiefen Staates versuchen die erkämpften Errungenschaften des Proletariats zurück zu nehmen und die Monarchie wieder einzuführen. Staatliche und faschistische Kräfte schlagen den Mitteldeutschen (1921) und den Hamburger (1923) Aufstand nieder, die ArbeiterInnenklasse verhindert und besiegt den Kapp-Putsch (1920). Mitte der 1920er stabilisierte sich das kapitalistische System in der Weimarer Republik für einige Jahre. Ende der 1920er jedoch eskalierten die Klassenkämpfe wieder in Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Börse, der explodierenden Arbeitslosenzahlen usw. Die revolutionären Organisationen, allen voran die KPD, erhielten massiven Zulauf und kamen in die Offensive. Die herrschende Klasse reagierte darauf mit einer kontinuierlichen Verschärfung der Repression (Blutmai 1929, RFB Verbot …), durch das Regieren mit Notverordnungen sowie mit der massiven Finanzierung der NSDAP. Die Wählerstimmen der NSDAP explodieren, während SA-Horden die ArbeiterInnenviertel terrorisieren. Bei den letzten freien Wahlen der Weimarer Republik im November 1932 verliert die NSDAP erstmals wieder über 4% an Wählerstimmen, während die KPD weiter zu legt. Das deutsche Großkapital reagiert darauf unverzüglich: Reichspräsident Hindenburg übergibt Adolf Hitler am 30. Januar 1933 die Macht. Was folgte ist hinlänglich bekannt. Als erstes erfolgt die völlige Zerschlagung der ArbeiterInnenbewegung und der revolutionären Organisationen – über 30.000 Kommunisten, Anarchisten und Sozialdemokraten werden ermordet, über 1,5 Millionen Deutsche lernen die Konzentrationslager von Innen kennen – alle Parteien und Gewerkschaften werden verboten. Es folgte die Verfolgung der Juden und Sinti und Roma, was im Holocaust und der Ermordung von 6 Millionen Juden gipfelt sowie aller durch das deutsche Kapital nicht verwertbarer Menschen (z.B. Euthanasie). Erst in einem erneuten von Nazi-Deutschland vom Zaun getreten Weltkrieg mit über 80 Millionen Toten konnte der deutsche Faschismus besiegt werden.
Während in der DDR eine mehr oder weniger umfangreiche Entnazifizierung stattfand, kamen Faschisten in der BRD wieder schnell zu Amt und Würden. Antikommunistische Experten waren auf allen Ebenen gefragt bei den westlichen Imperialisten im beginnenden kalten Krieg. Der bundesdeutsche Geheimdienst wurde von Reinhard Gehlen, ehemaliger Wehrmachtsgeneral „Fremde Heere Ost“ aufgebaut. In allen Institutionen der BRD, in Politik und Wirtschaft tummelten sich Amtsträger des 3. Reiches und ehemalige NSDAP-Mitglieder und verbreiteten die gewünschte antikommunistische Stimmung in der Gesellschaft. Insofern muss mensch von faschistischen Kontinuitäten sprechen, die bis ins Hier und Heute reichen. Dies spiegelt sich wider im Scheitern des NPD-Verbotes, bei der Hofierung von HOGESA, PEGIDA und Co, bei der Verstrickung der Geheimdienste in den NSU und den viele milden Strafen und Einstellungen der Verfahren gegen Faschisten und vielem mehr.
Vor allem die USA nutzten das „Fachwissen“ der Nazis zur Unterdrückung der Bevölkerung und zur Niederschlagung revolutionärer Prozesse vor allem in Lateinamerika. Nicht wenige Nazis, die als Berater der dortigen Militärdiktaturen, paramilitärischer Verbände und Narcomilitärs arbeiteten, standen auf den Gehaltslisten der CIA. So wundert es nicht, dass die dort angewendeten Methoden, denen der Bevölkerungskontrolle und der Partisanenbekämpfung der Nazis ähnelten. Doch nicht nur in Lateinamerika wurden die Nazi-Experten durch die Imperialisten eingesetzt. Oft fanden sich auf den Kriegsschauplätzen ganze Gruppen ehemaliger SS-Leute wieder, erst recht wenn die Interessen der weissen Kolonialherren in Gefahr waren, wie bei dem antikolonialen Befreiungskampf im heutigen Zimbabwe. Faschisten stellen zusammen mit Mafiosi und Geheimdienstlern bis heute die Speerspitze der weltweiten Konterrevolution. Die Faschisten und ihre Ideologie dienen den Herrschenden immer. Zum einen durch ihre antikommunistische Einstellung als immer bereite Konterrevolutionäre, zum anderen durch ihre ultranationalistische Haltung, als immer bereite Putschisten oder Kämpfer für die Nation. So waren es Nationalisten, welche die Destabilisierung der Ukraine durch den Euromaidan entwickelten. Sie wurden zum Teil durch die NATO in Polen ausgebildet und massiv finanziell und logistisch unterstützt.
Festzuhalten bleibt, Faschismus ist eine Herrschaftsform des Kapitalismus und dient den Interessen der Besitzenden. Sie sichern die Eigentumsverhältnisse so wie sie sind. In Zeiten zunehmender Krisen der Märkte und der daraus resultierenden Angst der Herrschenden vor den Klassenkämpfen setzen die Kapitalisten auch heute wieder auf nationalistische und faschistische Ideologien.