Musa über Solidarität

Musa Aşoğlu, 16. Februar 2019

Hallo lieber …, die Isolationsfolter hier in Deutschland greift die Gefangenen auf allen Ebenen an. So z.B. bei Erdal, der an Händen und Füßen gefesselt während einer MRT-Untersuchung, in die Röhre gesteckt werden sollte. Konsequent hat Erdal so eine „medizinische Behandlung“ verweigert. So etwas wäre in der Türkei nicht möglich. Selbst der Faschismus dort ist „menschlicher“…
Dass die Knastbedingungen teilweise besser sind in der Türkei, liegt vor allem daran, dass der Widerstand drinnen und draußen stärker ist. In den F-Typ Isolationsgefängnissen wurde erkämpft, dass es Umschluss den ganzen Tag von 7.00 – 20.00 Uhr gibt. Zusätzlich Umschluss mit 10 Gefangenen 10 Stunden täglich. In manchen Gefängnissen wird allerdings der Umschluss wegen des Ausnahmezustandes per Dekret halbiert. In den Gefängnissen, wo kein Widerstand existiert (bei Opportunisten und kurdisch-nationalistischen Gefangenen) wird der Umschluss total gestrichen.
Auch können die Inhaftierten linke Presse wie “Yürüyüs” beziehen, die legal gedruckt und vertrieben wird in der Türkei. Hier in BRD ist diese Zeitschrift allerdings verboten.
Auch gibt es in der Türkei die Möglichkeit, zwei mal pro Woche Sport zu machen. Und das ist immer zusammen mit anderen Mitgefangenen möglich. In der BRD ist das hingegen aber nicht möglich, dort können isolierte Gefangene nur für eine Stunde pro Woche Sport praktizieren. Aber das ist nur möglich, wenn der Sportbeamte Zeit dafür hat.
Postkontrolle dauert 1-2 Tagen in den F-Typen. In der BRD benötigt die Zensur 2-4 Wochen.
Teilnahme bei allen sozialen Aktivitäten ist in den F-Typ-Knästen möglich, aber in Deutschland hingegen nicht. Natürlich wird die menschliche Würde im Faschismus nicht respektiert, aber die Willkür in der „bürgerlichen Demokratie“ ist viel größer.
Ich finde es eigentlich auch sehr merkwürdig, wie deutsche Linke über Gefängnisse, Isolationsfolter, Anti-Terrorismus usw. denken.
Die meinen, dass alles sehr viel schlimmer in der Türkei ist. „In deutschen Gefängnissen gibt es auch Probleme, aber die sind noch erträglicher und nicht so unmenschlich wie in der Türkei…“ So denkt selbst die Gefangenengewerkschaft. Aber die Realität sieht anders aus.
Wenn wir uns so äußern, denken selbst Anwälte, das wir die Realität vom faschistischen Regime verharmlosen. Aber das stimmt natürlich nicht, weil wir uns als „Freie Gefangene“ gegen die Isolation wehren und so unsere erkämpften Rechte verteidigen.
Wenn jemand mit einem deutschen Pass in der Türkei verhaftet wird, ist dieser automatisch für die deutsche Linke unschuldig. Wenn aber Linke aus der Türkei – auch mit deutschem Pass – wegen Anti-Terror-Gesetzen hier in Deutschland in den Knast kommen, wird sich ganz anders verhalten. Natürlich gibt es auch hier Menschen oder kleine Gruppen, die solidarisch sind. Diese handvoll Menschen sind natürlich sehr wertvoll!
Zuerst muss die Frage „Was ist Solidarität“ beantwortet werden. Das Wort Solidarität wird oft gebraucht, allerdings hat es an Substanz verloren.
Solidarität ist zusammen fühlen und handeln gegen einen Angriff. Solidarität hat nichts mit bedauern oder jammern zu tun. Solidarität ist zusammen kämpfen für ein gemeinsames Ziel. Solidarität ist ein linker, revolutionärer Begriff.
Solidarität ist Proletarischer Internationalismus. Internationalismus ist: Den Kampf gegen den Unterdrücker und Ausbeuter im eigenen Land zu führen. Ohne den Kampf gegen die eigene herrschende Klasse gibt es auch keine Solidarität. Wenn mensch sich nicht identifiziert mit den Kämpfen, kann mensch sich auch nicht solidarisieren.
Nun, haben wir Gefangene Solidarität nötig? Wir kämpfen schon gegen den repressiven Apparat. Diejenigen, die Hilfe nötig haben, sind eigentlich die, die noch keine Ideen und Kraft haben, gegen die Herrschenden Widerstand hier im Lande zu leisten.
Wir bleiben weiterhin als ausländische, politische Gefangene solidarisch mit den linken Kräften in Deutschland.