Konferenz: „Revolutionär zu sein ist kein Verbrechen, sondern eine Aufgabe“

Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen

Am 10. und 11. Februar 2018 fand im Hamburger Centro Sociale auf Einladung des „Freiheitskomitees für Musa Aşoğlu“ eine internationale Konferenz unter dem Motto: „Revolutionär zu sein ist kein Verbrechen, sondern eine Aufgabe“, statt. Wir veröffentlichen einen kurzen Bericht von dieser Konferenz für. Zudem möchten wir auf diverse lesenswerte Berichte hinweisen, die vor allem in der Internetzeitschrift „Schattenblick“ veröffentlicht worden sind und die ihr auf ihrer Webseite www.schattenblick.de nachlesen könnt. Diese Texte sind auch auf der Seite www.political-prisoners.net dokumentiert. An der zweitägigen internationalen Konferenz beteiligten sich AktivistInnen und zwei RechtsanwältInnen, die verschiedene Aspekte des Sonderstrafrechts nach §§ 129a/b thematisierten. Zentrales Thema der Tagung war aber der aktuelle Prozess gegen Musa Aşoğlu, der am 25. Januar vor dem Staatsschutzsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts begonnen hat.

Verschärfung der Repression

Der erste Komplex behandelte die Verschärfung des Demonstrationsrechts der G20-Proteste, Repressalien gegen soziale Treffpunkte, gegen linke Medien und die Anwendung des §129b gegen Gefangene sowie migrantische Vereine.
Das Bündnis „United We Stand“ referierte über die Repression vor und nach dem G20 Gipfel. Noch immer befinden sich 7 Menschen im Knast, von denen einer, Peike, zu 2 Jahren und 7 Monaten Haft verurteilt wurde. Insgesamt gibt es 3.000 Verfahren, in denen die Polizei ermittelt. Wieviele Prozesse es tatsächlich werden, ist unklar. Auch gab es nach dem Gipfel diverse Hausdurchsuchungen und eine Öffentlichkeitsfahndung gegen 100 Personen, die auch nach Spanien und Italien ausgeweitet worden ist.
Faruk Ereren berichtete, dass er aufgrund der Anschuldigungen eines dubiosen Kronzeugen mehr als 7 Jahre in deutscher Isolationshaft verbracht hat sowie von den tiefgreifenden Auswirkungen der weißen Folter. Diesen Bericht veröffentlichen wir.
Der Journalist Peter Nowak ging insbesondere auf die Rolle der Medien wegen §129a/b ein. Er selbst war auf Grund seiner Tätigkeit von einer Hausdurchsuchung betroffen.
Von der „Proletarischen Autonomie Magdeburg“ (PAM) gab es per Audiomitschnitt eine Einschätzung über die drohende Räumung des Infoladens in ihrer Stadt. Weiterhin stellte die PAM ihre Konzeption vor und erwähnte die Freilassung des Genossen T., der eine Zeit in Haft verbringen musste.
Ein Vertreter des „Gefangenen Infos“ berichtete über die Verfolgung linker AktivistInnen aus der Türkei und Kurdistan in der BRD durch den §129b, den wir auch abdrucken.

Kurze Übersicht über das Verfahren

Die Anwältinnen von Musa, Fatma Sayin und Gabriele Heinecke, berichteten über Hintergründe und Verlauf des Verfahrens gegen ihren Mandanten vor dem Staatsschutzsenat. Sie haben den Antrag gestellt, das Verfahren einzustellen, weil eine Verfolgungsermächtigung ihres Erachtens nicht vorliegt bzw. veraltet ist. Sie führten zur Begründung an, dass sich die Verhältnisse in der Türkei seit dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 wesentlich verändert haben. Es gäbe dort weder ein wirksames Rechtssystem, noch würden die grundlegendsten Menschenrechte eingehalten. Die Türkei sei ein Staat, der nicht nur im eigenen Land, sondern auch über die Grenzen hinweg, „terroristisch“ agiere. Dieser Antrag wurde vom Senat abgelehnt.

Kopfgeld

Wie eine Aktivistin der „Antiimperialistischen Front“ auf der Konferenz ausführte, wurden Musa Aşoğlu und zwei weitere Personen auf den sogenannten Terrorlisten der Türkei und der USA per Kopfgeld gesucht. Demnach suchten die USA Schuldige für die militante Aktion gegen die US-Botschaft in Ankara und fragten bei der Regierung in Ankara an, die daraufhin drei Namen nannte. Auf der Terrorliste der USA stehen rund 80 Personen, von denen drei türkischstämmig und Marxisten-Leninisten sind. Bei allen anderen Gesuchten handelt es sich um Personen aus dschihadistischen Milizen wie Al Kaida, Al Nusra Front oder dem IS. Nach Verbüßung einer Haftstrafe könnte ein Auslieferungsantrag gestellt werden. Der Staatsschutzsenat hat in der Anklageschrift darauf verzichtet, den Anschlag auf die US-Botschaft mit einzubeziehen. Dadurch wird die Tür zu einer möglichen Auslieferung an die USA offen gehalten,
Ein Mitglied des „Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen“ verfasste einen Beitrag zu „Kopfgeld und Öffentlichkeitsfahndung in der BRD“, den wir ebenfalls veröffentlichen.

Isolationshaft gegen Gefangene

Am Sonntag eröffnete Salah in seiner Rede die Perspektive der Kämpfe in Palästina und der palästinensischen politischen Gefangenen. Er ist kein Mitglied einer politischen Organisation, sondern gehört einer kleinen Gruppe an, die den palästinensischen und internationalen Kampf unterstützt. Salah stufte diese Gefangenen als Ergebnisse von Kämpfen zwischen revolutionären, fortschrittlichen Kräften und kapitalistischen, imperialistischen Staaten und Armeen ein. In den Gefängnissen sitzen demnach jene, die im Zuge dieser Auseinandersetzungen gefangengenommen und inhaftiert werden. Mit ihnen solidarisch zu sein, ist sehr wichtig.
Nicht wenige palästinensische Gefangene sind 30 oder 40 Jahre im Gefängnis eingesperrt und sehen ihre Familien sehr selten. Sie werden verhört, unterdrückt, gefoltert.
Ein Vertreter der „Revolutionären Jugend (Avrupa Dev Genç)“ gab bekannt, dass 6 Mitglieder ihrer Organisation sich im Knast befinden: 4 in der Türkei und 2 in Griechenland. Eine politische Einschätzung zu Isolationshaft gegen Gefangene und Bewegung gab es von dem Roten Kollektiv Hamburg.

Schlussdeklaration der Konferenz

Dies ist die Schlussdeklaration der Internationalen Konferenz, die wir als Musa Aşoğlu Freiheitskomitee am 10. und 11.Februar 2018 in Hamburg veranstaltet haben:
Musa Aşoğlu ist ein Internationalist, der sich seit Jahrzehnten im antifaschistischen und antiimperialistischen Kampf befindet. Musa Aşoğlu ist Marxist-Leninist. Er ist einer von uns.
In Europa nehmen der Rassismus und rassistische Angriffe von Tag zu Tag zu. Nach offiziellen Angaben haben sich bis zu 500 bewaffnete Neonazis und Rechtsradikale in den Untergrund abgesetzt und könnten jederzeit bewaffnete Aktionen durchführen. Die NSU Morde haben gezeigt, dass sogenannte demokratische und multikulturelle Länder wie Deutschland rassistisch-faschistische Organisationen und Personen finanziell, logistisch und personell unterstützen. Faschismus und Rassismus gehören zum Imperialismus. Somit ist Rassismus und Faschismus Staatspolitik.
Musa Aşoğlu hat dagegen gekämpft und tut dies auch weiterhin. Auch wir setzen uns dagegen ein.
Die Staaten der EU, allen voran die Bundesrepublik Deutschland, treiben die Militarisierung von Tag zu Tag voran, um gegen potentielle Aufstände vorzugehen, die aufgrund des von ihnen verursachten Hungers auf der ganzen Welt entstehen. Im Zeitalter des Imperialismus legen sich täglich Millionen von Kindern mit leerem Magen schlafen. Für diese Ungerechtigkeit verlangen wir Rechenschaft!
Der Imperialismus hat die Welt in ein einziges Blutbad verwandelt. Krieg, Massenmorde und Invasionen dienen dem Zweck, diese Ordnung so lange wie möglich aufrecht zu erhalten. Einzig wir Revolutionäre stehen dem entgegen. Aus diesem Grund wurde ein Kopfgeld von 3 Millionen US-Dollar auf Musa Aşoğlu und zwei weitere Genossinnen ausgesetzt.
Wir warnen die USA, Deutschland und alle anderen Imperialisten: Beendet eure Angriffe gegen Revolutionäre, Antiimperialisten und Antifaschisten!
Wir sind verschiedene Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen, die sich mit dem seit dem 2.Dezember 2016 in Isolationshaft in Hamburg befindenden Musa Aşoğlu solidarisieren und seine sofortige Freilassung fordern. Zudem fordern wir die sofortige Freilassung aller revolutionären Gefangenen weltweit. Wir erklären, dass wir für diese Forderungen kämpfen werden.

Die Beschlüsse von der Internationalen Konferenz vom 10. und 11. Februar 2018:

BESCHLUSS 1

Revolutionäre Gefangene sind unsere Würde. Wir werden mit verschiedenen Aktionen für ihre Freiheit kämpfen.

  • Wir werden eine Kommunikationsstruktur zwischen Musa Aşoğlu und den anderen revolutionären Gefangenen einrichten. Hierfür werden wir den Gefangenen die jeweils benötigten Kontaktadressen etc. zukommen lassen.
  • Wir, die Unterzeichner dieser Deklaration, werden eine Demonstration mit anschließender Kundgebung organisieren. Ort hierfür wird Hamburg sein, wo die revolutionären Gefangenen Musa Aşoğlu und Erdal Gökoğlu inhaftiert sind und wo auch den G20-Genfangenen der Prozess gemacht wird. Die Verantwortung dieser Demonstration liegt bei dem Musa Aşoğlu Freiheitskomitee.
  • Als Unterzeichner dieser Deklaration werden wir regelmäßig an den Gerichtsverhandlungen von Musa Aşoğlu teilnehmen.
  • Wir werden in den Städten und Gebieten, aus denen wir kommen, in kürzester Zeit verschiedene Seminare, Demonstrationen, Kundgebungen etc. organisieren.

BESCHLUSS 2

Als Musa Aşoğlu Freiheitskomitee werden wir in kürzester Zeit ein Büro eröffnen. Dieses Büro wird:

  1. sich um die Bedürfnisse revolutionärer Gefangener kümmern und die Koordination dieser Aufgabe übernehmen
  2. die Kommunikation mit revolutionären Gefangenen herstellen und den Briefkontakt sowohl von draußen, als auch unter den Gefangenen pflegen
  3. Anlaufpunkt für Familien und Angehörige der Gefangenen sein und
  4. eine offene Tür für alle antifaschistischen, antiimperialistischen Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen haben.

BESCHLUSS 3

Revolutionär zu sein ist kein Verbrechen, sondern eine Pflicht.

  • Als Unterzeichner dieser Deklaration werden wir eine internationale Kampagne mit diesem Motto organisieren.
  • Als Musa Aşoğlu Freiheitskomitee werden wir verschiedene Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen in Europa besuchen und mit ihnen Seminare organisieren, in denen wir über die Situation von Musa Aşoğlu und der revolutionären Gefangenen berichten.
  • Als Unterzeichner dieser Deklaration werden wir eine Kommunikationsbasis schaffen, über die wir diese Kampagne untereinander koordinieren können.

BESCHLUSS 4

Wir stellen uns entschieden gegen die Antiterrorgesetze, Black Lists, die Paragraphen 129 a/b StGB und die Kopfgeldpolitik. Dies sind alles Werkzeuge der Konterrevolution. Wir werden uns diesen Angriffen mit allen Mitteln entgegenstellen. Hierfür werden wir:

  • Veranstaltungen und Aktionen durchführen, Medien und Rundfunk kontaktieren, um so eine Öffentlichkeit zu schaffen, der wir den wahren Charakter der Antiterrorgesetze näherbringen können. Wir werden eine gemeinsame Presseerklärung verfassen und diese einer breiten Öffentlichkeit präsentieren.
  • Als Unterzeichner dieser Deklaration werden wir in den Gebieten, in denen wir uns befinden, alternative Kulturveranstaltungen gegen die Antiterrorparagraphen organisieren. Beginnen werden wir in Hamburg mit einer Solidaritätsveranstaltung.

BESCHLUSS 5

Wir werden den Kampf für unsere Rechte und Freiheit verstärken und unser Rechte auf Organisation und Demonstration verteidigen.

FREIHEIT FÜR MUSA AŞOĞLU,
GEORGES ABDALLAH, SALAH HAMOURI, MUMIA ABU JAMAL UND ALLE
REVOLUTIONÄREN GEFANGENEN WELTWEIT!