Haftverlegung durch SEK und Psychoterror

Andreas Krebs, 30. Dezember 2017

Am 4. Dezember 2017 gegen 11.30 Uhr saß ich in meiner Zelle in der JVA Volkstedt und schrieb gerade einen Brief, als meine Zellentüre aufging und zwei Beamte davor standen und meinten, dass ich kurz aus meiner Zelle kommen soll. Ich ging davon aus, dass mein Haftraum durchsucht wird und ging raus auf den Gang.
Hier bemerkte ich schon im Vorfeld, dass etwas nicht stimmt.

Zwanzig Meter weiter am Ende des Ganges stand der Hausdienstleiter und der Sicherheitschef, beides Arschlöcher vom Dienst, die meinten ich soll in den vor ihnen liegenden Raum. Ich trat ein und war total erschrocken. Vor mir standen fünf schwarz vermummte und ich erkannte sofort, dass es sich um ein SEK-Einsatzkommando handelt.

Sofort sagte einer: „Sie werden jetzt in eine andere Haftanstalt gebracht – sind sie kooperativ?“
Ich: „Wohin geht es?“
Er: „Das können wir ihnen nicht sagen.“
Ich: „Ich würde gerne meine Anwältin anrufen!“
Er: „Jetzt im Moment nicht.“

Dann musste ich mich vor insgesamt neun Personen nackt ausziehen. Dabei verlangte man von mir, dass ich meine Arschbacken auseinander ziehe und dabei vorne über beuge, sowie meinen Intimbereich anhebe so dass man unten rum alles sehen kann. Die Fußsohlen zeigen und dann wurde mit einer Taschenlampe mein ganzer Mundbereich durchsucht. Eine unglaubliche Erniedrigung und ich fühlte mich total eingeschüchtert.
Während dieser Untersuchung kontrollierte ein anderer meine ganze private Kleidung, die ich vorher am Leib hatte. Ein anderer holte aus meiner Zelle eine Anstaltsjacke, in der ich in der rechten Tasche noch eine Tablette versteckte. Diese Jacke wurde auch sehr gründlich kontrolliert, aber trotzdem entdeckten sie die Tablette nicht.
Ich durfte mich anziehen und dann wurde ich komplett an Händen und Füßen gefesselt.
Die ganze Situation war dermaßen schockierend und ich hatte scheiß Angst auf Grund meiner Vergangenheit und was ich schon für Schläge bekommen hatte!
Ich redete kein einziges Wort mit ihnen!
Die ganze Zeit überlegte ich, warum die das mit mir tun, was ich verbrochen habe, was der Anlass ist.
Ich kam auf nichts, weil ich nicht das geringste getan habe! Ich wurde durch die SEK-Leute in ein Fahrzeug gebracht und der Weg kam mir so lange vor und ich hatte durch die Fesselung Schwierigkeiten zu laufen. Alles lief in meinem Kopf wie in Zeitlupe ab und in meinem Kopf rauchte es!
Von meinen ganzen Sachen aus meiner Zelle bekam ich NICHTS und ich musste alles zurück lassen. Mit Autos und schwerst bewaffnet mit Pistolen und Maschinengewehren fuhren sie mit mir aus der Anstalt und kurz darauf auf die Autobahn.
Ich dachte zuerst, dass es nach Berlin geht und dass es genau die Strecke gewesen ist. Aber als man nach einer über einstündigen Fahrt abbog Richtung Burg, wusste ich Bescheid. Wir fuhren zur JVA Burg zur Torwache, wo sofort die Schleuse aufging und die Wagenkolonne mit mir rein fuhr. In der Anstalt angekommen lud man mich aus und erlöste mich von den Fesseln. Dann ging es zu einem Raum und es warteten schon unzählige Beamte auf mich! Sie wußten alle Bescheid, nur ich nicht!
Ich klemmte mir meine geschmuggelte Tablette zwischen meine Finger und dann stand ich erst mal vor allen diesen Menschen, die mich mit ihren Blicken musterten, so ungefähr: Das ist also dieses schwere Kaliber. Dann musste ich mich wieder nackt ausziehen und das gleiche Prozedere, Arschbacken auseinander, Intimbereich anheben, Fußsohlen zeigen, Mund öffnen und Handflächen zeigen.
Ich bekam Anstaltskleidung (Privatwäsche ist hier verboten) und wurde mit mehreren Beamten dem Anstaltsarzt vorgestellt. Auwaia, ich kenne diesen und da werde ich mich auf einiges gefasst machen müssen!
Ein schlimmeres Arschloch als der andere! Bei meiner Inhaftierung am 31.7 kam ich für eine Woche in die JVA Burg, wo ich ebenfalls diesem Arzt vorgestellt wurde, dem ich sofort erzählte, dass ich draußen ein Schmerzpatient bin und täglich 16 mg Subutex seit über 2 ½ Jahren nehme. Er lachte nur blöd und stellte mich als Lügner hin. Nichts bekam ich BIS HEUTE! Ich wurde also nach der Vorführung mit mehreren Beamten auf eine normale Station gebracht und bekam einen Haftraum zugewiesen.
Auf der Station kann ich mich ganz normal bewegen. Allerdings sobald ich außerhalb der Station irgendwohin muss, begleiten mich immer mehrere Beamte! Auch in meiner Zelle kommt nie ein Beamter allein! Erst seit kurzem kann ich wieder telefonieren und ich bekam auch erst alle meine Sachen aus Volkstedt nachgeschickt und bis auf Privatkleidung ausgehändigt. Ich hatte mehrere Wochen nichts, keine Schreibsachen, keine Hygieneartikel zum Waschen, keinen Tabak, einfach gar nichts! Ich konnte niemandem schreiben oder mal ganz kurz anrufen.
Nun sind einige Wochen vergangen und ich habe mich etwas eingelebt. Die Gefangenen sind hier genauso fast alle rechts eingestellt wie in Volkstedt.
Ich gebe mich also bis auf eine Person mit niemandem ab und selbst wenn Aufschluss ist, bleibe ich in meiner Zelle. Ich denke, dass es früher oder später sicher Ärger geben wird, wenn die Rechten erfahren, wer ich bin.
Es ist schlimm für mich, wenn man sich selber so isolieren muss und auch sonst keinen zum Reden hat! Einzig positiv ist, dass die Beamten mir meine Ruhe lassen. Soweit sind sie sehr höflich und einer kam vor Tagen auf mich zu und erzählte mir, als ich hier in Burg angekommen bin, waren alle in heller Aufregung und sie erzählten sich, dass da jemand von der RAF kommt. Vor einer Woche stellte meine Anwältin die JVA Volkstedt zur Rede, warum man so mit mir umspringt.
Daraufhin kam eine total verlogene Stellungnahme vom dortigen Anstaltsleiter, bei welcher meine Anwältin und ich sowie meine Partnerin und Freunde aus allen Wolken gefallen sind!
Nicht nur dass er einen Scheiß geschrieben hat, sondern er hielt mir auch meine Kontakte vor und dass er Hinweise hätte zu einer Gefangenenbefreiung.
Ich denke, dass war die Quittung, weil ich mich in jeder Hinsicht zu einer Zusammenarbeit mit LKA und Anstalt weigere! Und das wird sich auch NIE ändern!
Und dazu kommt noch durch meine letzten Zeilen und die Veröffentlichung, dass selbst Politiker hellhörig wurden, was das LKA mit mir abgezogen hat.
Psychisch geht es mir total beschissen und ich kann nicht mehr schlafen. Manchmal schlafe ich kurz im Sitzen ein, aber versuche dann mich zu zwingen wach zu bleiben. Ich habe Angst vor dem Schlafen, so verrückt das sich anhören mag für den ein oder anderen. Und ich muss gestehen mit allem was mir passiert ist, dass ich vierundzwanzig Stunden am Tag, ob Tag oder in der Nacht nun immer mit irgendeiner neuen Aktion rechne! Ich bin bei geringsten Geräuschen irre schreckhaft! Das alles ist ein reiner Psychoterror!
Und von meinem körperlichen Zustand ganz zu schweigen! Ich habe fast täglich Nierenschmerzen und ab und an fällt mir das Laufen und meine ganze Motorik schwer. Letzteres teile ich oft schon den Ärzten hier mit, aber immer vergebens und ich sag auch schon nichts mehr!
Es interessiert eh keinen!
So ist also mal wieder der Stand der Dinge.
Ich warte, dass die Zeit vergeht, ich warte auf eine nächste Aktion gegen mich und ich warte darauf, ob man mich nun nach Italien ausliefert.

Ein furchtbarer grausamer Zustand ist das!

Herzliche Grüße,
Andi., 30.12.17

Schreibt Andreas und zeigt ihm eure
Solidarität:

Andreas Krebs
JVA Burg
Madel 100
39288 Burg

Update: befindet zur zeit in der JVA Moabit (Alt-Moabit 12a,
10559 Berlin ) in Auslieferungshaft. Hintergrund Siehe: https://de.indymedia.org/node/13887


Wer ist Andreas Krebs

Andreas Krebs, ein rebellischer Gefangener, kam nach 16 Jahren Knast 2014 endlich raus. In seiner Knastzeit führte er diverse Hungerstreiks gegen die Knastbedingungen und beteiligte sich auch an einem Solidaritätshungerstreik für die Gefangenen in Griechenland.
Auch unsere Zeitschrift hat von ihm diverse Texte veröffentlicht.
Eine Zeit lang lebte er in der Rigaer Straße und zog dann mit seiner Freundin nach Süd-Italien..
Die Rigaer Straße schrieb zu ihm u.a.:
„Er kam zwar gut mit seiner Partnerin an und sie richteten sich in der Nähe einer Kleinstadt 50 Kilometer nördlich von Neapel häuslich ein. Doch ein Streit mit dem Besitzer einer Tankstelle, für den er gearbeitet hatte endete tödlich.
Seine Gefährtin beschreibt den Vorfall als Notwehr mit Todesfolge. Die Überwachungsvideos der Tankstelle scheinen das zu bestätigen. Denn nach dem er festgenommen und eingekerkert wurde hat ein italienisches Untersuchungsgericht ihn entlassen und unter Hausarrest gestellt.
Die Gerichtsentscheidung zum Hausarrest setzte dem ein vorläufiges Ende. Doch der Hausarrest war nur scheinbar eine Erleichterung. Zu permanenten unangekündigten – auch nächtlichen – Razzien der Polizei kam der Hass aus Teilen der Bevölkerung. Durch die Haftverschonung angestachelt mobilisierten die Feinde Andreas‘ zunehmend. Die Rede war von einem vollständigen Vertrauensverlust in die Justiz, die kriminelle Ausländer bevorzugen würde. Mit einem Lynchmob war zu rechnen. Mit der italienischen Polizei natürlich nicht.
So entschloss sich Andreas dazu, unterzutauchen.
Anfang August 2017 wurden die beiden in Sachsen-Anhalt vom MEK festgenommen.
Wir gehen aber nach wie vor davon aus, dass Andreas ausgeliefert werden soll. Es steht auch im Raum, das er „nur“ zum Verfahren nach Italien gebracht wird und die Haftstrafe in Deutschland absitzen muss. Die von der italienischen Staatsanwaltschaft geforderte Strafe beträgt wohl 21 Jahre. Und nicht zu vergessen: Verfahren sind in Italien oft eine langjährige Angelegenheit.“