Geschichte des Netzwerks | Teil 2

Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen

Wie im ersten Teil zur Geschichte des Netzwerke Freiheit für alle politischen Gefangenen dargelegt, sehen wir unsere Antirepressionsarbeit als integralen Bestandteil der Klassenkämpfe. Für uns war und ist ein wichtiger Ansatzpunkt, dass das Netzwerk nicht nur ein Sammelbecken all derer werden sollte, die sich aktiv in die Antirepressionsarbeit mit einbringen wollten. Viel mehr bestand unser Anspruch darin, eine gemeinsame politische Linie und Standpunkte zu entwickeln – sprich einen Organisierungsansatz zu entwickeln, der ebenfalls die Überwindung des Kapitalismus und das erkämpfen einer klassenlosen Gesellschaft zum Ziel hatte. Dazu gehörten auch Themenbereiche, die über das Feld der klassischen Antirepressionsarbeit hinaus gingen. Die Situation in den einzelnen Städten hätte dazu kaum unterschiedlicher sein können. Einige waren bereits seit den 1970/80er fest in der Solidaritätsarbeit verankert, für andere wiederum war es Neuland. Andere AktivistInnen wiederum waren in antifaschistischen und antirassistischen Klassenkämpfen aktiv, für weitere GenossInnen war die Organisierung im Netzwerk ihre erste politische Struktur. Eine zusätzliche Hürde bestand für uns auch darin, dass wir alle viele hundert Kilometer auseinander lagen und es schwierig war, für einen kontinuierlichen Diskussionsprozess zu sorgen. Doch trotz dieser unterschiedlichen Ausgangsbedingungen konnten wir eine bundesweite Praxis entwickeln, uns gemeinsame Standpunkte erarbeiten und die Solidaritätsarbeit zu politischen Gefangenen stärken.
Dazu gehörte eben auch, den direkten Austausch mit anderen Soli-Strukturen zu suchen, eine gemeinsame Praxis zu finden und einen kollektiven Diskussionsprozess anzustoßen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt war für uns von Beginn an die Zusammenarbeit mit anderen politischen Gruppen und Strukturen, sowohl auf bundesweiter als auch auf internationaler Ebene. Das bedeutete für uns die regelmäßige Teilnahme an den Symposien der Internationalen Plattform gegen Isoaltion, den verschiedenen Konferenzen im Rahmen des 18. März und an einer intensiven und kontinuierlichen Zusammenarbeit mit der Roten Hilfe International, woraus sich wiederum weitere praktische Ansatzpunkte ergeben haben die in internationalen Kampagnen ihren Ausdruck fanden. Darüber hinaus gab es eigene bundesweite Veranstaltungsrundreisen und bundesweite Demonstrationen, Knastkundgebungen und auch Delegationsreisen zu internationalen Prozessen.

Die Geschichte lebt – das Gefangenen Info

Das Gefangenen Info (GI) existiert seit dem Hungerstreik der politischen Gefangenen im Jahre 1989 (zuerst als Hungerstreik Info, dann Angehörigen Info und später dann als Gefangenen Info) und sollte zum Ende des Jahres 2008 von der Bildfläche verschwinden. Der GNN-Verlag, welcher bis dato das GI herausgegeben hat, hat die Herausgabe des Infos im Dezember 2008 eingestellt.
Wir als Netzwerk standen vor der Notwendigkeit, das GI weiterzuführen. Das aus vielen guten Gründen. In der Ausgabe Nr. 344 hielten wir fest:
„Unser Beitrag ist es, die Verbindung von Gefangenen und der Bewegung draußen zu stärken und uns nicht spalten zu lassen… Menschen, die weggesperrt werden, muss die Möglichkeit gegeben werden, am Leben draußen teilzunehmen und auch wir müssen uns die Möglichkeit schaffen an ihrem Leben teilzunehmen…“.
Bereits vor der Weiterführung des Gefangenen Infos 2009 gab es seit Entstehung des GI´s, damals noch Hungerstreik bzw. Angehörigen Info, eine Mitarbeit einzelner Aktivisten an der Zeitschrift. Ebenso beteiligte die ATS am GI.
Mit der Weiterführung des Gefangenen Infos im Jahr 2009 haben wir für uns einen sehr wichtigen Bezugspunkt dazu gewonnen. Nicht allein deshalb, weil das Gefangenen Info mittlerweile eine fast 30-jährige Geschichte inne hat, sondern gerade deshalb weil das Gefangenen Info ein Spiegelbild vieler Auseinandersetzungen zwischen revolutionärer Bewegung und dem kapitalistischen Staat darstellt. Aus dem Hungerstreik der Gefangenen der Roten Armee Fraktion (RAF) und aus dem antiimperialistischen Widerstand im Februar 1989 hervorgegangen, informiert es seitdem über Widerstand, Repression und Solidarität. „Damals wie heute hat das Gefangenen Info das Ziel eine effektive Öffentlichkeitsarbeit gegen Repression und Desinformation zu leisten und den politischen Gefangenen, dem Inhalt und dem Hintergrund ihrer Kämpfe eine Plattform zu bieten.
Dabei ist unser erklärtes Ziel die staatlich verordnet Isolation zu durchbrechen, den gefangenen GenossInnen den Rücken zu stärken und die notwendige Kommunikation zwischen den Inhaftierten und der Bewegung draußen aufrecht zu erhalten.
Mit aktuellen Artikeln zu Widerstand, Repression und Solidarität in der BRD, wie international versuchen wir die Bedingungen für eine Verbindung von den Kämpfen in den Knästen mit den Kämpfen draußen zu entwickeln und auszubauen.“

Eine gemeinsame Verteidigungsfront aufbauen- die Vernetzungungskongresse

Im Jahr 2013 organisierten wir mit verschiedenen Antirepressionsgruppen einen Vernetzungskongress, um den anhaltenden Angriffen eine stärkere Solidarität entgegensetzen zu können. Damals schrieben wir dazu in der Einladung zum ersten Kongress u.a.:
„ … Dem Staatsapparat ist es egal, ob es um Autonome, AnarchistInnen, KommunistInnen oder die Tierrechtsbewegung geht. Wer sich effektiv gegen Unterdrückung, Ausbeutung und die andere Scheiße wehrt, gerät ins Fadenkreuz. Was setzt die Linke dagegen? Kleine und vereinzelte Soligruppen, die oft nicht miteinander vernetzt sind. Jeder arbeitet zu „den eigenen Gefangenen“ bzw. zu den Gefangenen in der eigenen Stadt. Die Linke ist an Hand von hunderter Spaltungslinien getrennt und Solidarität hört anhand ideologischer Grenzen auf. … Mit dem Kongress soll angestrebt werden eine Vernetzung zwischen den vereinzelten Soligruppen herzustellen, damit wir uns gegen die laufenden Angriffe gemeinsam wehren können. Gemeinsam wollen wir besprechen wie wir es schaffen können uns nicht länger durch ideologische Grenzen zu spalten sondern gemeinsam und konsequent in der Frage der Solidarität zu handeln. … “
Auf den Kongressen wurde sich nicht nur ausgetauscht und diskutiert, sondern es wurden konkrete praktische Schritte erarbeitet. Diese beinhaltete vor allem den sog. „Bündnisfall“. Sollte eine der beteiligten Gruppen von Repression betroffen sein, reagieren alle Gruppen/Strukturen mit Solidaritätsaktionen in ihren Städten. Der Bündnisfall sollte auch von den beteiligten Gruppen autonom ausgerufen werden können, wenn ein Repressionsfall aus Sicht der ausrufenden Gruppe für relevant erachtet wird. Die inhaltliche Klammer in diesem Projekt bestand für uns aus einer gemeinsam formulierten Plattform, auf die wir im  3. Teil dieser Serie (Interview) in der nächsten Ausgabe eingehen werden.
Nach einer regen Beteiligung von über 10 Gruppen zum ersten Kongress, ist das Projekt leider nach vier Treffen wieder eingeschlafen. Dennoch sind nachhaltige Verbindungen aus diesem Prozess entstanden, die bis heute Bestand haben. Daher halten wir nach wie vor an der Wichtigkeit einer Organisierung im Antirepressionsbereich und darüber hinaus fest.

Einblick – Ausblick

Nach einem längeren Diskussionsprozess innerhalb des Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen haben wir uns im Jahr 2016 von einer bundesweiten Gruppe zu einem Bündnis entwickelt. Hintergrund dieser Entwicklung war, dass sich in verschiedenen Punkten der Diskussionen unterschiedliche Standpunkte heraus kristalisierten. Um mit dieser Situation konstruktiv umzugehen haben wir uns darauf geeinigt, auf Grundlager der erwähnten Eckpunkte (uns ist dabei klar, dass diese weiter entwickelt werden müssen) der Plattform der Verteidigungsfront als Netzwerk weiter zu arbeiten. Aus dem Netzwerk Stuttgart entwickelte sich der „Arbeitskreis Solidarität – Für den Aufbau der Roten Hilfe International“, welcher Bestandteil von Zusammen Kämpfen Stuttgart ist. Weiterhin existiert das Netzwerk Hamburg, welches sich in Zusammenarbeit mit verschiedenen Antirepressionsgruppen befindet, das Netzwerk Magdeburg, organisiert mit der Proletarischen Autonomie Magdeburg, sowie das Netzwerk Berlin, welches sich wiederum versucht, in Klassenkämpfen vor Ort zu verankern.
Es bleiben also weiter unsere Ansprüche uns gemeinsam zu organisieren, als auch Antirepressionsarbeit in antifaschistischen, antirassistischen, antipatriachalen und Klassenkämpfen zu verankern. Weiterhin ist es ein grundlegendes Ziel unser Netzwerk zu erweitern und politischen Gruppen die Möglichkeit zu geben, sich auf Basis des Plattformgedankens mit uns zu organisieren. In diesem Sinne seit ihr gefordert. Sollten euch unsere Überlegungen ansprechen, seid ihr egal ob Einzelperson oder Gruppenzusammenhang, herzlich eingeladen Kontakt mit uns aufzunehmen.

Fortsetzung folgt…