Der Mord an Alexandros Grigoropolus und seine Folgen

Der nachfolgende Text erhebt absolut keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sowohl in seiner Analyse des Aufstandes, als auch über die Fakten und Folgen. Vielmehr soll er einen kurzen Überblick über die Ereignisse von 2008 geben, sowie eine subjektive Einschätzung über die Dezember Tage 2016.

Am 06. Dezember 2008 wurde der 15-jährige Jugendliche Alexandros Grigoropolus von dem Cop Epaminodas Korkoneas, im Athener Stadtteil Exarchia, ermordet.
Innerhalb einer Stunde sammelten sich Menschen auf den Straßen des Viertels und im Polytechnikum und begannen Auseinandersetzungen mit der Aufstandsbekämpfungspolizei MAT.
Die Ausschreitungen weiteten sich in dieser Nacht auch auf andere Stadtteile aus. Allein in dieser Nacht wurden 70 Luxusgeschäfte bis auf die Grundmauern niedergebrannt.
Mehrere Universitäten wurden besetzt und verschiedene Polizeistationen angegriffen.
Die Nachricht der Ermordung verbreitet sich innerhalb mehrerer Stunden in ganz Griechenland. In über 20 Städten kam es zu Demonstrationen, Angriffen auf die Polizei und Sachbeschädigungen.
Am nächsten Tag, einem Sonntag, schlägt eine Demonstration mit über 10.000 Teilnehmern im Athener Zentrum unmittelbar in Ausschreitungen um und verursacht enormen Sachschaden.
Am Montag dem 8. Dezember gehen zehntausende Schüler auf die Straßen oder besetzen ihre Schulen. Allein in Athen demonstrieren tausende Schüler und attackieren überall in der Stadt Polizeistationen. Über die ganze Stadt verteilt, werden über 200 Brandstiftungen verübt. Rund um das Polytechnikum bekämpfen AnarchistInnen stundenlang die MAT.  An diesem Tag benutzt die Polizei scharfe Munition gegen Aufständische.
Allein in den 3 Tagen, vom 6. bis 8. Dezember, wurden 100 Millionen Euro Sachschaden verursacht und 500 Geschäfte, Banken, Autohäuser, Regierungsgebäude und so weiter niedergebrannt.
Der Aufstand dauert noch mehrere Wochen an, verschiedene Quellen sprechen davon, dass dieser bis Ende Februar / Mitte März andauerte.
Hunderte direkte Aktionen gegen Symbole der kapitalistischen Ordnung, mehrere  bewaffnete Aktionen verschiedener Guerillagruppen waren nur einige der offensichtlicheren Folgen des Aufstandes. Die weniger offensichtlichen Folgen waren die aufgebaute Kommunikation zwischen kämpfenden Menschen, die Selbstermächtigung von Menschen ohne Papiere innerhalb der Kämpfe, die Festigung von informellen und formellen Organisationen, die Verbreitung und das direkte Leben von anarchistischen Prinzipien und Theorien, die Verbindung  von verschiedenen selbstorganisierten Kämpfen und das Erstellen von diverser Gegeninformation.
Jedes Jahr, seit der Ermordung, finden anarchistische Gedenkdemonstrationen statt. Bei diesen oder spätestens bei ihrem Eintreffen in Exarchia kommt es zu Straßenschlachten in verschiedenen Intensitäten. Die Ausschreitungen im Jahr 2016 waren von der reinen Anzahl der Menschen, die an ihnen teilnahmen, im Gegensatz zum Jahr 2015 geringer, aber der Grad der Organisation/Koordination zwischen den einzelnen Aktionsgruppen war größer. Außerdem muss dazu gesagt werden, dass im Jahr 2015 die Kampagne für einen „Schwarzen Dezember“ durchgeführt wurde, in welcher es zu einer enormen Intensität an Aktionen der verschiedensten Formen kam.
Im Jahr 2016 war der Plan der koordinierten Gruppen, die Verteidigung des Viertels Excharia. Einerseits um zu verhindern, dass die Cops nach der Demonstration in das Viertel eindringen und andererseits die Erstellung eines geschützten Raumes für alle aktiv an den Kämpfen Teilnehmenden.
Dafür wurden Barrikaden an wichtigen Kreuzungen des Stadtteils gebaut, welche von den koordinierten Gruppen gegen die Angriffe der MAT verteidigt wurden. Das hört sich einfacher an als getan. Allein die Organisation der Materialien für die Barrikaden stellt einen hohen logistischen Aufwand dar, der im Vorfeld gestemmt werden muss. Lagerung an einem geschützten Ort und der koordinierte Aufbau derselben muss abgestimmt sein.
Das Vorbereiten der Brandflaschen, Organisieren von Filtern und Gasmasken sind nur einige Teilaspekte der Vorbereitung. Jede Barrikade  wurde von einem spezifischen Team gehalten und aufgebaut. Natürlich wurden die Teams von nicht an die jeweilige Barrikade gebundenen Menschen und anderen, auf die Auseinandersetzungen vorbereiteten Gruppen, unterstützt.
Innerhalb der Zeit der Auseinandersetzungen wurde ein Supermarkt geplündert und sämtliche Güter enteignet. Von Lebensmitteln bis zum Toilettenpapier wurde alles rausgeholt, was ging. Es wurde zum persönlichen Überleben, aber auch für verschiedene Kollektive geplündert. Zu einem Teil wurden die erbeuteten Waren innerhalb der Nachbarschaft verteilt. Um diesen Supermarkt herum währten die Krawalle am längsten.
Bis zu dem Zeitpunkt des koordinierten Rückzuges von den Barrikaden gab es in Excharia keine Verhaftung. Nach dem Rückzug kam es zu ungefähr 15 Festnahmen, von denen drei in Untersuchungshaft gebracht wurden (Stand 16.12.16). Auch nach dem Rückzug gab es bis spät in die Nacht Scharmützel.
Die logische Schlussfolgerung aus den gemachten Erfahrungen ist die, dass selbst mit einer relativ geringen Anzahl von Mitkämpfenden, bei einer Organisierung und Koordination untereinander (egal ob formell oder informell) große Erfolge erzielt werden können. Die Organisierung  untereinander ist wichtig und nicht deren Form.
Die Dezembertage sind wichtige Experimentierfelder für die Widerstandsbewegung, um Formen des kollektiven Kampfes zu erproben und zu trainieren. Das Gedenken an Alexis als vereinender Moment, geeint im Hass auf die Kettenhunde des Staates und Kapitals, wird uns auch das Jahr 2017 die Möglichkeit geben, zusammen zu kommen, uns auszutauschen, zu streiten, zu diskutieren und direkt zu handeln.

Vergessen wir die gefangenen
KämpferInnen nicht!
Klassenkämpfe Organisieren –
Proletarische Autonomie erkämpfen!