Brief von Rainer Loehnert, 12.März 2017

Rainer Loehnert, , März 2017

Lieber …, ich grüße dich hier aus der Klapsmühle und es ist so, dass mich langsam die Bedingungen hier unter die Erde bringen. Ich versuche hier zu überleben! Ich versuche hier klar zu kommen…
Ich habe viele (30) Jahre harten Knast hinter mir… Ich bin immer am Überlegen, was geht, nur der Arzt bringt mich unter die Erde, komme nicht klar mit ihm. Ich versuche halt, hier klar zu kommen, aber kann auch bald nicht mehr, weil die Beine nicht mehr tragen. Der Doktor mit seiner Arznei bringt mich unter die Erde. Nur es geht nicht, ich werde kaputt „therapiert“. Ich versuche andere Arznei zu bekommen. Nur es geht nicht. Jetzt hab ich mir einen Beruhigungstee gekocht und will hier eine ruhige Nacht verbringen, das muss gehen.
Bitte melde dich, falls es was Neues gibt. Versuch doch bitte mich anzurufen oder mir zu schreiben und komme mal zu Besuch hier vorbei.
Ich warte auf die Marken von dir, ich brauche Marken.
Ich hab schon wieder ein Buch gelesen. Charles Bukowski schreibt über seine Jugend und Kindheit. Gut gemacht. Jetzt beginne ich ein neues Buch.
Ich sitze hier nachts in der Zelle und will dir noch schreiben. Ich bin mit der derzeitigen Situation sehr unzufrieden und komm nicht klar, dass es keinen Aufstand von uns allen gibt. 2013 hatte ich gesagt, in zwei Jahren, jetzt zeigt sich, dass nichts passiert. Es tut sich wirklich nichts und es kann bald auch anders kommen, es kann und darf nicht sein, dass die Faschos uns alle bedrohen.
Geschichte zeigt, dass Geschichte sich wiederholen kann. Es ist schlecht, dass es nicht weitergeht mit der Bewegung. Ich hatte gehofft, den Sommer der Anarchie mitzuerleben, dass rückt nun in weite Ferne.
Dass Marco Camenisch jetzt rauskommt ist doch gut. Da kann er nochmal richtig in Freiheit leben.
Macht kaputt was euch kaputt macht, so geht das. Ich hoffe, dass die Rote Hilfe mir Geld zahlt und dass ich versuche, hier zu überleben.
Ja, ich hatte mir den Sommer der Anarchie gewünscht, er ist nicht gekommen. Wir haben den Imperialismus nicht besiegt und der Kapitalismus besteht fort und ich geh vor die Hunde.
Ihr müsst da draußen etwas tun und mich rausholen, das wäre gut.
Ich bin immer noch nicht weiter gekommen mit der Analyse. Ich versuche, klar zu kommen und auch straight zu sein, doch es fällt mir schwer, selber zu kämpfen und niemand oder nur ein paar machen was, irgendwie ist der Kapitalismus schwer zu besiegen. Ich kann mich auch nur noch wenig freuen. Ich mach den Brief jetzt fertig und schick den ab.

Anarchistische Grüße, Rainer

P.S. der Beruhigungstee wirkt.
Bitte grüß Manfred Peter in Eickelborn.