Alltag im Maßregelvollzug – Ein Vergleich

Zum 18. März 2017 wurde vom Arbeitskreis Solidarität eine Veranstaltung zum Thema Alltag im Knast organisiert. Dafür haben verschiedene Gefangene einen Beitrag verfasst. An dieser Stelle veröffentlichen wir den Text von Manfred Peter.

[Manfred Peter]

Ich möchte den interessierten Lesern einen Vergleich zwischen der Unterbringung in Ekelborn und dem offenen Vollzug in Dortmund zur Kenntnis geben. Hierzu kommt ein Einblick in die Vollzugsbedingungen in Dortmund und ein Einblick in den Lebens- und Tagesablauf in der offenen allgemeinpsychiatrischen, forensischen Unterbringung gemäß §63 StGB/NRW.
Ob geschlossener Vollzug oder offener Vollzug, die rechtliche Grundlage stellt der freiheitsentziehende §63 StGB dar. Im Maßregelvollzug in einer Zwangsanstalt wie z.Bsp. Ekelborn, werden Lockerungen nur nach langer Wartezeit und entsprechend des Wohlverhaltens des Insassen gewährt. Einen rechtlichen Anspruch auf Lockerungen hat der Insasse nicht. Die Lockerungen erfolgen in kleinsten Schritten – so macht es nur Sinn, alle halbe Jahr bei den gesetzlich vorgeschriebenen „Behandlungsplan – Konferenzen“ entsprechende Anträge zu stellen. Ob diesen Anträgen entsprochen wird, liegt im Ermessen der behandelnden Ärzte und der StVK & StA, die den §63 bei den betreffenden ausgesprochen hatte.
Hier in Dortmund, in der allgemeinpsychiatrischen/forensischen Station, werden Lockerungen zügig und ohne nennenswerte Verzögerung gewährt. Jedoch staffelt man die Lockerungen in verschiedene Erprobungsphasen, d.h.: Der Insasse fängt mit 1:1 begleiteten Ausgang an, danach folgt der 1:3 Gruppenausgang und dann der Einzelausgang. Lockerungsanträge können einmal im Monat, jeden ersten Mittwoch des Kalendermonats gestellt werden. Der Einzelausgang wird desweiteren in Erprobungsphasen aufgeteilt. Zuerst erhält man Einzelausgang zu den Sporttherapien und zur Cafeteria, also im gesamten Klinikgelände, erst hiernach erhält man Einzelausgang außerhalb der Klinik, zuerst in Aplerbeck und im Stadtgebiet. Die letzte Stufe ist der Einzelausgang mit Fahrten in die Heimatregion zur Familie oder die Gewährung von Tagesurlaub, egal wohin.
Das Personal bietet den Insassen regelmässig an, Sehenswürdigkeiten, Museen oder zum Wandern, Ausflüge in andere Regionen von NRW (z.Bsp. ins Münsterland oder ins Sauerland, etc.) mitzumachen. Diese Angebote sind kostenfrei und können von den Insassen wahrgenommen werden, die Gruppenausgang haben. Dies ist ein deutlicher Unterschied gegenüber Ekelborn. Dort gibt es solche Angebote überhaupt nicht.
Desweiteren ist der Insasse mit einem Mitgefangenen auf einem Doppelzimmer untergebracht. Einzelunterbringungen gibt es nur aus wichtigen therapeutischen Gründen. So ist es in Ekelborn, wie auch in Dortmund. Man darf eine Musikanlage und TV & Video/DVD-Player auf dem Zimmer nutzen. Erlaubt sind TV-Geräte bis zu 80cm Bildschirmdiagonale. Weitere Geräte, wie eine Kaffeemaschine oder ein Kühlschrank sind nicht gestattet.
Im Grunde ist die Unterbringung in der allgemeinpsychiatrisch-forensischen Station näher an einem Wohnheimaufenthalt dran, als an einer Unterbringung in einer Zwangsanstalt wie Ekelborn, Rheine, usw…
Die Zimmergröße variiert aus baulichen Gründen, ca. 12-20 m^2 für zwei Personen ist Standard.
Die Nutzung des Internet ist mit 3 PCs gewährleistet, Mobiltelefone können von Jedem genutzt werden. Dies wird sogar erwartet.
Die Nahrungsmittelqualität ist in Ekelborn ähnlich wie im Knast, also schlecht bis mittelmäßig. In Dortmund hingegen ist das Essen mittelmässig bis gut. Die Versorgung mit leckeren Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Es gibt auch solche Extras, wie verschiedene Sojamilch Sorten oder Marken Nachtisch. Die Portionen beim Mittagessen sind gut bemessen.
Im Gegensatz zu Ekelborn, gibt sich das Personal richtige Mühe ein gutes Verhältnis zu den Insassen zu halten und sind allgemein recht freundlich. Bei Einigen jedoch kommt mir die Freundlichkeit lediglich aufgesetzt vor. Hier in Dortmund werden nur handverlesene Patienten auf dieser experimentellen Versuchsstation aufgenommen. Die Station mit den ganzen Vorteilen und Extras ist in NRW einzigartig. Das natürlich auch in Dortmund auf dieser Station eine Stationsordnung vorhanden ist und sich beide Seiten daran halten sollen, ist selbstverständlich klar.
In Ekelborn wie in Dortmund finden die ärztlichen Visiten alle 14 Tage statt. Es werden die behandlungsrelevanten Dinge besprochen und der allgemeine psychische Zustand überprüft.
In den Zwangsanstalten ist man mehr auf sich gestellt und gammelt so in den Tag hinein. Das ist ein deutlicher Unterschied zu Dortmund.
Es findet morgens eine Morgenrunde statt; sie dauert ungefähr 10 Min. Abends gibt es eine gleichlange Abendrunde. Mittwochs um 15:30 Uhr ist man verpflichtet an dem Stationsplenum teilzunehmen. Bei dem Plenum werden alle wichtigen Sachverhalte, z.Bsp. terminliche Neuerungen oder Veränderungen irgendwelcher Abläufe, wie geplanter Aktivitäten besprochen.
Durch die Behandlungskonzeption ergibt sich die Strukturierung des Lebensablaufs im offenen Vollzug, auf dem die Entlassung auf Bewährung folgen wird. Alle Insassen hier auf der St.18/3 befinden sich am Ende ihrer Unterbringungszeit und werden auf die Entlassung auf Bewährung vorbereitet. Fakt ist, daß natürlich der §63 immer als Damoklesschwert über den Köpfen von uns Insassen schwebt. Es besteht immer bei späterem Fehlverhalten die Gefahr, wieder in die Geschlossene zurückverlegt zu werden. Daher passen sich auch alle einigermassen im Rahmen und machen keinen Stunk.
Trotz, dass ich diese Station relativ positiv darstelle, ist meine Antipathie und Ablehnung gegen das Knast- und Psychiatriesystem genauso ausgeprägt wie auch schon in Ekelborn.
Der Tagesablauf auf der St.18/3 in Dortmund verläuft wie folgt: Morgens um 7:50 Uhr findet die Morgenrunde statt. Danach um 8:00 Uhr gibt es Frühstück; Kaffee kann ab 6:00 Uhr gekocht werden, die Klinik stellt für jeden Tag eine Packung Kaffee zur Verfügung – man braucht somit keinen eigenen zu kaufen. Nach dem Frühstück hat man Freizeit, oder man nimmt an der Sport- und Schwimmtherapie teil.
Manche Insassen erledigen morgens ihre Einkäufe in Aplerbeck. Um 12:00 Uhr gibt es Mittagessen. Danach ist wieder Freizeit bis 17:50 Uhr, um diese Zeit trifft sich die Gemeinschaft zur Abendrunde, das Abendbrot schließt sich an. Änderungen an diesem Tagesablauf ergeben sich aus den Visiten, oder Therapiegruppen, oder anderer wie externer Termine.
Den größten Teil des Tages, kann man allerdings rauchend, lesend, TV schauend, oder wie auch immer verbringen.
Also, Ihr seht – wir Insassen lassen das Leben lau vor sich hinplätschern. Es wird keinesfalls gefordert, daß man arbeiten gehen müßte, allerdings erhält jeder volle Unterstützung, wenn er auf 450 Basis über das Jobcenter arbeiten gehen will.

Das sind die Infos, die ich Euch über den Lebensablauf im Alltag in dem offenen Vollzug mitteilen kann.

Solidarische Grüße an alle Knackis