Aus Briefen von Rainer Loehnert

Rainer Loehnert, Sept. und Okt. 2016

Zu Forensik in Bedburg-Hau vom 8. 9. :

wir sind hier  120 gefangene in drei häusern.  alles ist kamera-überwacht  und es ist ein neuer  knast. ich sage auch lager. es ist ein hochsicherheitstakt mit „gefährlichen patienten“.  ich bin im haus der krisen- und aufnahmestation.  seit 4 jahren bin ich im intensivbereich mit 2 bunkern, 4 isolierzimmer und einem doppelzimmer, wenn man matratze auf dem boden und plastik und schaumstoffteile bei karger weißer wand haben möchte.
um 7 uhr wird aufgeschlossen. da man nicht mehr im haus rauchen darf, geht es erst im hof oder campus. es gilt eine halbstündige regel: wer sich ausschließen lässt, kann erst nach einer halben stunde wieder rein.
um halb acht gibt es kaffee, ein brötchen mit marmelade oder käse. wurst gibt es nur abends.
dann heißt es für die gefangene zur arbeit ausrücken: entweder in der gartenkolonie oder industrie .
morgens kann man sich montags anmelden, ob man den stations- oder oberarzt sprechen will oder den sozialarbeiter oder psychologen. überhaupt ist hier im knast besser vor dem wecken wach zu sein. samstags und sonntags ist wecken um 7 uhr.
es arbeiten hier ehemalige mitarbeiter der streitkräfte, pflegerinnen, pfleger, krankenpflegehelfer und erzieher.  der alltag ist hauptsächlich gekennzeichnet durch die einnahme von medikamenten. ergänzt soll diese „therapie“ dann durch gespräche mit dem arzt, psychologin und durch die regelmässige arbeit werden.
ich fühle mich total überwacht, denn den ganzen tag wird man gefilmt und  vielleicht auch nachts im schlaf. ich sehe das auch alles als äußerst fragwürdig an, was ich nicht nur hier, sondern was ich in andern forensiken wie   in düren und eickelborn erlebt habe. klar, es sind  teilweise unberechenbare  und teilweise gefährliche patienten, aber es  darf nicht die sicherheit  über der behandlung stehen.
es gibt 2 möglichkeiten für mich, darauf zu reagieren: entweder zu kriechen oder abzuhauen. anfang des jahres habe ich die 2. variante gewählt und bin beim fluchtversuch gescheitert.

Zu meiner Geschichte:

in den achzigern war ich in der forensik eickelborn isoliert bis 1994. also wurde ich 11 jahre isoliert. jetzt wäre eine längere isolierung für mich schlecht. (Kürzlich war Rainer Mitte Oktober wieder in Isolation für 1 Woche, weil er sich weigerte, Medikamente einzunehmen. Sein Radio und seine Schreibmaschine wurden auch beschlagnahmt. red.)
in der psychiatrie geht es also nicht um heilung, sondern um verwahrung und verabreichung von medikamenten.
ich habe eh schon durch die psycho-drogen mit gesundheitlichen problemen zu kämpfen.
ich versuche klarzumachen, dass das system des massregelvollzugs nicht tauglich ist. die psychiatrie ist überflüssig wie aas. gefängnis, staat, gesetz und bullen sind dafür da, damit die herrschenden in ruhe kriege führen können und die eigentumsverhältnisse nicht angetastet werden, das proletariat  durch massenmedien und freizeit stillgehalten wird. die menschen durch lohnarbeit und später durch rente abgespeist werden.

8.10.16

ich bin krank auf beiden ohren (tinitus) und habe so einen lauten pfeifton. ich bin deswegen halb wahnsinnig. der pfeifton ist den schließern scheissegal. auch das herz  macht kasper.
es geht mir gesundheitlich nicht gut, aber ich passe mich trotzdem nicht an und sage nicht zu allem ja und amen und zusätzlich „dankeschön“ für die 30 jahre in der forensik!
der besuch von dir tat mir gut und hat mir kraft gegeben. auch die briefe von den genossInnen bringen mir viel.
ich finde es gut, dass das „gefangenen info“ was von mir veröffentlicht.
die verfolgung der (mutmasslichen) gefährten aus der (aufgelösten) raf ist nicht gut. freiwillig wollen sie nicht in die betonlöcher gehen und deswegen rauben sie (vermutlich) banken aus.

weg mit knast, staat, psychiatrie und klassenjustiz!
ende der unterdrückung des menschen durch den menschen!
für eine freie solidarische gesellschaft unter dem zeichen der freiheit und der anarchie!

Rainer Loehnert
Haus F1, Station 1
Südlicher Rundweg 20 A
47551 Bedburg-Hau

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