Zu den Protesten an der Boğaziçi-Universität in Istanbul

bogazici 2021
Protesten an der Boğaziçi-Universität in Istanbul

Freiheitskomitee Berlin

Seit mehr als einem Monat protestieren Studierende der Boğaziçi-Universität in Istanbul gegen den von der AKP-Regierung eingesetzten Universitätsrektor Melih Bulu

Seit dem Putschversuch 2016 und dem Ausnahmezustand, welcher damit einherging, wurden die Rechte der Universitäten eingeschränkt. Sie verloren damals schon das Recht ihren Direktor selbst wählen zu dürfen. Mit der Einführung des Präsidialsystems im Juli 2018 kann der Faschist Erdoğan nun allein die Direktoren der staatlichen Hochschulen bestimmen. So ernannte er am 1. Januar diesen Jahres den regierungsnahen Melih Bulu zum Direktor der Boğaziçi-Universität in Istanbul.

Bulu gehört zu den Mitbegründern des AKP-Bezirksverbands in Sarıyer und hatte sich bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Jahr 2015 in Istanbul für eine Direktkandidatur bei der AKP beworben. Von den Studierenden wird er als „Zwangsverwalter“ bezeichnet, in Anlehnung an die „Treuhänder der Rathäuser“, welche anstelle der abgesetzten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den kurdischen Städten eingesetzt wurden.
Die Protestierenden sind sowohl Lehrende als auch Studierende und berufen sich mit ihrer Forderung nach Rücktritt auf die universitäre Autonomie und die Freiheit der Wissenschaft. Es beteiligen sich sowohl zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen und Menschenrechtsgruppen an den Protesten als auch weitere Universitäten in Istanbul. Ebenso haben sich Menschen in den Städten Ankara und Izmir dem Widerstand angeschlossen.
Die Polizei der faschistischen AKP-Regierung geht mit massiver Gewalt vor und setzt zusätzlich Tränengas, Wasserwerfer und Plastikgeschosse gegen die Demonstrant*innen ein. Unzählige wurden während dieser Angriffe verletzt und bei den Verhaftungen misshandelt. Seit Beginn der Proteste wurden über 500 Leute verhaftet, die meisten wurden zwar mittlerweile wieder frei gelassen, jedoch stehen einige von ihnen unter Hausarrest, haben Meldeauflagen oder dürfen nicht Ausreisen. Zwei von ihnen sind derzeit weiter in Haft. Hintergrund ist eine Ausstellung der Kunstfakultät, welche Teil des Protestcamps auf dem Campus war. Dort war auf einem der Bilder eine Regenbogenflagge zu sehen, was erneut die menschenverachtende Politik der faschistischen AKP-Regierung deutlich macht.
Der Campus wird aktuell von Polizeigittern, Panzerfahrzeugen, Wasserwerfern und hunderten Sicherheitskräften belagert. Ein normaler Zugang wird für die Studierenden verhindert.
Doch trotz der massiven Repression gegen die Protestierenden nehmen die Proteste nicht ab!
Wir begrüßen den Widerstand, der von den Universitäten auf die Straßen Istanbuls, Izmirs und Ankaras und so vielen anderen Städten getragen wird. Wir grüßen die widerständigen Student*innen und die mutigen Menschen, die den Mörder-Polizisten des AKP-Faschismus trotzen und ihren gerechten Widerstand fortführen!
Boğaziçi ist nicht alleine!
Hoch die internationale Solidarität!

Anmerkung
Freiheitskomitee Berlin: wir führen jeden Samstag um 15 Uhr auf dem Berliner Oranienplatz eine Kundgebung für die Solidarität mit politische Gefangen durch. Wir haben das Ziel Öffentlichkeit für die progressiven Widerstandskämpfe auf der Welt zu schaffen und ihre Kämpfer*innen nicht alleine zu lassen.