65 Tage Hungerstreik- 65 Tage Kampf des revolutionären Gefangenen Dimitris Koufontinas

Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen Magdeburg

In Griechenland befand sich der revolutionäre Gefangene Dimitris Koufontinas, ehemaliger Militanter der revolututionären Organisation 17. November (17N), vom 8. Januar bis zum 14. März im Hunger-, später auch Durststreik, um sich gegen die massive Verschlechterung seiner Haftbedingungen zu wehren. Hintergrund ist eine Gesetzesverschärfung der rechtskonservativen Regierung, die im Dezember 2020 in Kraft trat und wonach als „TerroristInnen“ verurteilte oder angeklagten Gefangene in Hochsicherheitsknäste verlegt werden müssen.

Dimitris ist seit 2002 inhaftiert. Seit 2017, also nach 15 Jahren Haft, wurden ihm die Hafterleichterungen zugebilligt, die ihm nach dem Gesetz schon lange zustanden. Er war seitdem im Landwirtschaftsgefängnis bei Volos. Der Primieminister der heutigen Regierung Kyriakos Mitsotakis, Vorsitzender der Partei Nea Dimokrata (ND) und Verwandter des durch die Stadtguerilla 17N erschossenen Pavlos Bakoyannis, hat bereits vor seiner Wahl erklärt, dass er die Haftrealität von Dimitris Koufontinas verschärfen werde. Mit der Einführung des erwähnten Gesetzes erfüllte Mitsotakis, Angehöriger eines der einfussreichsten Herrschafts-Clans in Griechenland sein “Versprechen” der Rache. Anfang Januar diesen Jahres erfolgte dann die unangekündigte Verschleppung von Dimitris in den Hochsicherheitsknast von Domokos, ohne seine AnwältInnen und Familie zu informieren. Erwähnt werden muss, daß dies sogar gegen die Bestimmung des neuen Gesetzes verstößt, denn demnach hätte er ins Koydallos- Gefängnis in Athen verlegt werden müssen, wo er die ersten 16 Jahre seiner Haft eingesessen hat und welches sich in der Nähe des Wohnsitzes seiner Familie befindet.

Nachdem alle juristischen Mittel ausgeschöpft waren, begann Dimitris Koufontinas gegen dieses rachsüchtige Vorgehen der Regierung am 8. Januar diesen Jahres seinen Hungerstreik. Seine Forderungen waren die Verlegung in besagten Knast Korydallos in Athen und die Beendigung der willkürlichen Eingriffe und der systematisch diskriminierenden Behandlung gegen ihn. Der Hungerstreik bekam durch die gnadenlose Haltung des Staates in den folgenden Wochen eine ungeahnte Härte. Am 16. Februar musste Dimitris auf die Invensivstation des Krankenhause in Limia verlegt werden. Ende Februar begann er zusätzlich den Durststreik. Ab Anfang März häuften sich Aussetzer der Organe.

Die Repressionskräfte reagierte äußerst brutal auf die entstehende und wachsende Solidaritätsbewegungen. Bei so gut wie allen Initiativen für den Hungerstreik des Gefangenen kommt es zu (teils massiven) Übergriffen durch die Bullen. Hunderte Seiten von JournalistInnen, HistorikerInnen, kommunistischer und anarchischer Gruppen, aber auch Gruppen der Zivilgesellschaft mit Bezug zum Hungerstreik von Dimitris Koufontinas werden auf Facebook gesperrt. Und dennoch, mit zunehmender Länge und Härte setzte der Hungerstreik in Griechenland gesellschaftliche Kräfte frei, wie schon seit Jahren nicht mehr. Demonstrationen mit Tausenden, später Zehntausenden von TeilnehmerInnen im ganzen Land und in immer kürzerer Abfolge. Kundgebungen, Besetzungen und Blockaden, sowie über 400 militante Aktionen unterstützten den Kampf des Hungerstreikenden. Und auch international entfaltete sich mit über 100 Solidaritätsaktion der anarchistischen, kommunistischen und sozialrevolutionären Bewegungen die Klassensolidarität rund um den Globus.

Als für die griechische Gesellschaft erkennbar war, daß die Herrschenden den revolutionären Gefangenen sterben lassen und sein Leben schon am seidenen Faden hing, beendet Dimitris Koufontinas seinen Hungerstreik am 14. März, vorerst ohne seine Forderungen durchzusetzen. Doch das „was jetzt draußen auf den Straßen geschieht ist viel größer als das, wofür es begonnen wurde.“ formuliert Dimitris in seiner Erklärung zum Abbruch des Hungerstreiks richtig und fügt dem hinzu:“Mit meinem Herzen und in meinen Gedanken bin ich mit euch auf der Straße.“

Solidaritätsbewegung in Griechenland

Die Dynamik der Solidaritätsbewegung mit dem Hungerstreik von Dimitris Koufontinas war so umfangreich, daß es uns nicht möglich ist an dieser Stelle alle Initiativen zu dokumentieren. Der folgende Überblick soll verdeutlichen, welche gesellschaftlichen Kräfte in Griechenland durch den konsequenten Kampf des Hungerstreikenden freigesetzt wurden.
Mitte Januar treten die anarchistischen Gefangenen Vaggelis Stathopoulos und Polycarpos Geogiadis im Gefängnis von Larissa in einen fünftägigen Hungerstreik in Solidarität mit Dimitris. Giannis Dimitrakis und Nikos Maziotis, zwei Anarchisten inhaftiert in Domokos treten Anfang Februar ebenfalls in einen begrenzten Solihungerstreik.
Am 1. Februar belagern AktivistInnen den Sitz der Vereinigung der Staatsanwälte in Athen. Die Schaufenster von drei Banken gehen ebenfalls in Athen zu Bruch. In Patras wird für die Forderungen des Hungerstreikes demonstriert. Am 2. Februar kommt es zu einer Demonstation mit anschließender Besetzung des Parteibüros der Nea Dimokratia in Thessaloniki. Am 3. Februar findet in Athen eine anarchistische Motorraddemonstration statt. Auch in Athen wird das Gesundheitsministerium belagert. Außerdem wird der Sitz der Regierungspartei ND in Patras belagert. In Thessaloniki geht am 4. Februar ein Diplomatenfahrzeug in Flammen auf, in Athen wird ein Tag später das Gericht von Evelpidon flambiert. Am 6. Februar wird in Volos für die Forderungen des Hungerstreikenden demonstriert. Wieder in Thessaloniki wird am 9. Februar eine Zeitungsredaktion besetzt.

Als Dimitris am 16. Februar auf die Intensivstation des Krankenhauses in Limia verlegt wird bekommt die Solidaritätsbewegung eine neuen Dynamik, vermehrt sich in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen und auf allen Ebenen. Am besagten Tag demonstrieren erneut Menschen für die Forderungen des Hungerstreikenden in Thessaloniki. Außerdem kommt es zu Brandanschlägen auf die Wohnungen zweier hochrangiger Polizeioffiziere. Zu weiteren Solidaritätsdemonstrationen kommt es am 20. und 21. Februar in Veria, Xanthi, Chania und Evelpidon. In Moschato wird ein Parteibüro der ND besetzt. Kundgebungen, Demonstrationen und andere Soliaktionen finden in ganz Griechland ab diesem Zeitpunkt täglich statt. So führt eine davon am 22.2. vor die offizielle Residenz der griechischen Präsidentin Sakellaropoulou. Weitere Demostrationen finden in Karditsa, Patra und Korfu statt. Desweiteren wird ebenfalls am 22.2. der Hauptsitz des Fernsehsenders Action24 in Athen mit Steinen und Farbe angegriffen. Am folgenden Tag besetzen 60 Demonstranten wieder das Ministerium für Ernährung und Gesundheit. Darüberhinaus kommt es zu Demonstrationen in Chania (Kreta) und Athen. Am 24.2. finden Solidaritätsdemonstrationen in Giannina und Heraklion (Kreta) statt. In Athen kommt es wieder zu militanten Aktionen. Und auch am 25.2. wird demonstriert in Chania und Evelpidon. In Giannia werden die Studios von ITV besetzt und die Hauptnachrichten unterbrochen. Am Folgetag kommt es zu Demonstrationen in Volos, Patras, Livadeia und Giannina. In Athen werden drei Banken angegriffen, sowie ein Parteibüro der ND. In Heraklion (Kreta) trifft eine militante Aktion das Büro des Sportministers. Zu Kundgebungen kommt es in Karditsa und Agrinio am 27.2., außerdem an diesem Tag findet eine Demonstration vor dem Krankenhaus in Lamia statt, bei der es zu Zusammenstößen mit den Bullen und zu 15 Festnahmen kommt. Ebenfalls am 27.2.wird das Haus des Präsidenten der ND mit Farbe „verschönert“ und die Zweitwohnung des Primierministers mit Steinen attackiert.
Am 2. März demonstrieren über 5000 Menschen in Athen für die Forderungen des Hungerstreikes. Am folgenden Tag sind schon mehr als 10.000 Demonstranten auf den Straßen Athens. Zu weiteren Demonstrationen kommt es in Rethymno und Irakleion auf Kreta, sowie in Lamia, Giannena, Xanthi, Thessaloniki, Petra, Corfu und Karditas. Auch am 4. und 5. März sind tausende in ganz Griechenland auf der Straße, um Dimitris zu unterstützen. Teile der griechischen Gesellschaft sind im wahrsten Sinne des Wortes in Bewegung gekommen. Es bleiben Tausende auf den Straßen und es werden mehr bis zum Ende des Hungerstreiks am 14. März. Nacht für Nacht kommt es zu militanten Angriffen. Die meisten richten sich gegen die rechtskonservativen Regierungspartei ND. Das Zweithaus des ND- Abgeordneten Vassileos Spanakis wird geplündert. Am 8. März kommt es zu aufstandsähnlichen Szenen im Athener Stadtteil Nea Smyrni. DemonstrantInnen liefern sich (Nah-)Kämpfe mit den Bullen. Bei dieser Auseinandersetzung muss die Polizei schließlich die Flucht ergreifen. Die Demonstationen und Initiativen in Unterstützung der Forderungen von Dimitris Koufontinas verbinden sich mit anderen Anliegen, wie den Kampf gegen die Brutalität der Repressionsorgane, oder die Stationierung der neuen Bulleneinheiten in den Universitäten usw.
Auch wenn die Forderungen des Hungerstreiks vorerst nicht durch gesetzt werden konnten, so übertraf die Solidaritätsbewegung und die soziale Dynamik alle Erwartungungen. Die Mobilisierungen überwanden ideologische Trennlinien und stärkten die widerständige Bewegung insgesamt. Und auch international verbanden sich die Solidaritätsaktionen kommunistischer, anarchistischer und sozialrebellischer Gruppen.


Internationale Solidaritätsaktionen

Im folgenden werden wir einige exemplarische Aktionen internationaler Klassensolidarität aufzählen, um die Dynamik auf internationaler Ebene ein wenig zu beleuchten. Auch hier ist es uns auf Grund der schieren Masse an Initiativen nicht möglich alle zu berücksichtigen.

Am 1. Februar kommt es zu einer Solidaritätskundgebung in Mexico. Am 3. Februar werden Plakate vor die Vertretung Griechenlands bei der UNO in Genf aufgehängt. Am 8. Februar werden Soliplakate in Toulouse geklebt. Graffitis in Solidarität mit Dimitris tauchen am 10. Februar in Lille auf. In Berlin findet am 12. Februar eine Kundgebung vor dem griechischen Konsulat statt. Am selben Tag werden in Rom Plakate und Spruchbänder angebracht. Am 15. Februar wird das Konsulat in Frankfurt bemalt. Am 18. Februar gibt es in Berlin eine Kundgebung vor der griechischen Botschaft. Ebenfalls in Berlin flambieren Militante einen LKW der Autovermietung Hertz, weil diese in Griechenland ihre Fahrzeuge den Repressionskräfte zur Verfügung stellen. Am gleichen Tag hängen AktivistInnen Banner im schwedischen Malmö auf. Einen Tag später tauchen wieder in Berlin neue Graffitis und Plakate auf. Am 22.2. hängen AktivistInnen Plakat und Transparent in Solidarität mit Dimitris Kounfontinas in Magdeburg auf. In Berlin fackeln Militante einen Tag darauf ein Fahrzeug von Thyssen- Krupp ab, wegen deren Lieferung von U- Booten an das griechische Militär. Am 25. Februar kommt es zu Demonstrationen vor der griechischen Botschaft in Brüssel und vor dem griechischen Konsulat in Zürich. In Hamburg werden die Scheiben der griechischen Botschaft eingewurfen. In Stuttgart wird das griechische Konsulat besprüht. Am Folgetag verhält sich die ZAD Osterholz mit einer Kundgebung zum Hungerstreik. Am 27. Februar demonstrieren 400 SozialistInnen, AnarchistInnen und KommunistInnen in Berlin gemeinsam zum griechischen Konsulat. Ebenfalls an diesem Tag protestieren Menschen vor der griechischen Botschaft in Stockholm. Zu weiteren Protesten kommt es vor den griechischen Konsulaten in München und Toulouse. In Athen, Bristol und Berlin werden Banner aufgehängt. Auch in Berlin gibt es eine militante Aktion gegen Siemens- Bosch, wegen der Belieferung sowohl der griechischen, als auch der türkischen Armee. In Leipzig kommt es am 2. März zu einer Scherbendemo in Solidarität mit dem Hungerstreik. Der in Frankreich inhaftierte libanesische Revolutionär Georges Abdallah beginnt am 6. März einen begrenzten Solidaritätshungerstreik. Außerdem am besagten 6. März, dem zweiten internationalen Aktionstag zur Unterstützung des Hungerstreikes des revolutionären Gefangenen Dimitris Koufontinas, kommt es zu Kundgebungen vor den griechischen Botschaften in Zürich, Berlin und London, sowie vor dem griechischen Konsulat in Livorno und der Europäischen Kommission in Marseille, zu einer Demonstration ebenfalls zur griechischen Botschaft (die mit Farbe attackiert wird) in Wien, zur Besetzung einer Zeitungsredaktion in Genua und einer weiteren Kundgebung in Modena. In Den Haag, Tromso, Mailand, Bern und Freiburg werden Transparente aufgehängt, einige davon vor Konsulaten, in Zürich und Brüssel tauchen Graffitis auf. Außerdem kommt es zu militanten Aktionen gegen eine HSBC- Bank in Zürich, einem Fahrzeug der Firma Eiffage (Knasthersteller) in Montreuil und ein Parteibüro der CDU in Tübbingen. Am 9. März versammeln sich solidarische Menschen mit Transarent vor dem griechischen Konsulat in Düsseldorf. Wir könnten an dieser Stelle Dutzende weitere Initiativen zur Unterstützung des Hungerstreikes des revolutionären Gefangenen Dimitris Kounfontinas aufzuzählen.
Gemeinsam sind wir stark
Der Hungerstreik von Dimitris Koufontinas konnte seine Forderungen vorerst leider nicht durchsetzen. Dennoch ist der Kampf dieses revolutionären Gefangenen nicht als Niederlage zu bewerten. Ganz im Gegenteil ist er ein positives Beispiel, wie die Kämpfe von Gefangenen gesellschaftliche Prozesse und Dynamiken anstoßen und/oder fördern können. In dem 65 Tage andauernden Hungerstreik ist es gelungen die Kämpfe drinnen und draußen zu verbinden. Auf Grund der kämpferischen Haltung und Geschichte Dimitris Koufontinas hat es sein Kampf geschafft, die für erfolgreiche Gefangenenkämpfe so nötige Unterstützung und Resonance der (radikalen) gesellschaftlichen Kräfte außerhalb der Mauern zu aktivieren. Und die daraus entstehende Solidarität überwand ideologische, wie geografische Grenzen. AnarchistInnen, KommunistInnen und andere Sozialrevolutionäre unterstützten gemeinsam den Hungerstreik, konnten so gesellschaftliche Wirkungen entfalten und den Kampf des revolutionären Gefangenen Dimitris Koufontinas mit anderen sozialen Kämpfen verbinden. Lassen wir uns von diesem Kampf inspirieren.

Die politischen und sozialen Gefangenen im Prozess der Zerschlagung des kapitalistisch- imperialistischen Systems freikämpfen!
Für eine starke revolutionäre Bewegung!


 

Dimitris Koufontinas

Dimitris wurde 1958 im Tabakdorf Terpni bei Nigrita in Nordgriechland in eine widerständige Familie geboren. Vater, Onkel, Großvater und weitere Familienmitglieder waren Kommunisten. Sein Vater hatte Verbindungen mit dem Partisanenkampf der „ELAS“ (Nationale Volksbefreiungsarmee). Im Jahr 1972 zog seine Familie vom Land nach Athen. Aus Bauern wurden Industriearbeiter. Dimitris besuchte das Gymnasium im Athener Stadtteil Exarchia und studierte anschließend Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Athen. Sein politisches Bewußtsein erwachte im Aufstand des 17. November 1973. Politisch aktiv wurde er in den Klassenkämpfen nach dem Sturz der griechischen Obristendiktatur. Die Gewalt und Repression des Staates brachte ihn, wie viele andere, dazu über eine effektive Gegengewalt der Klasse nachzudenken. Nachhaltig beeindruckt von den Erschießungen des CIA- Representanten in Griechenland Welch am 23.12.1975 und des Juntapolizisten und Folterer Mallios am 13.12.1976 nährt er sich der bewaffneten Linken an. 1977 bekommt er Kontakt zur bewaffneten Organisation „ELA“ (Revolutionärer Volkskampf) und schließt sich ihr an. Im Jahr 1985 ging Dimitris als Mitglied der „Revolutionären Organisation 17. November“ in den Untergrund. Im Untergrund wird er im Jahr 1990 Vater eines Sohnes.
Nach der Festnahme mehrerer Mitglieder im Juni und Juli 2002 taucht er im September des selben Jahres bewußt aus der Illegalität auf, um die Geschichte seiner Organisation und deren revolutionären Ziele zu verteidigen. Seit dem ist er inhaftiert. In seiner jahrelangen Gefangenschaft hat er konsequent gekämpft und Widerstand geleistet. Er war vor diesem schon an vier Hungerstreiks beteiligt, nicht nur, um eigene Forderungen durchzusetzen, sondern auch in Solidarität mit anderen Gefangenen.


„Revolutionäre Organisation 17. November“ (17N)

Der 17N ist aus der revolutionären bewaffneten Organisation ELA (Revolutionärer Volkskampf) hervorgegangen. Die ELA entstand in der sehr kämpferischen Zeit der sogenannten „Metapolitefsi“, der Übergangszeit nach dem Fall der Diktatur. Ihre Gründer wollten den Antidiktaturkampf in einen antikapitalistischen und antiimperialistischen Kampf weiterentwickeln, mit der Perspektive von Volksmacht und Sozialismus. ELA ging davon aus, die Volksherrschaft wird von der organisierten und bewaffneten Volksbewegung in die Hände genommen, also dem bewaffneten Volk. Ein einheitlicher revolutionärer Akteur, eine politisch- militärische Leitung sollte aus dem Kampf der Volksmassen selbst entstehen. ELA ging von der Gleichwertigkeit der verschiedenen Aktionsformen, legalen wie illegalen, aus und kombinierte diese in ihrer Praxis. Entsprechend bestand diese breite illlegale Organisation aus zwei Teilen, einem verdeckten und bewaffneten Teil und einem (halb-)offenen Teil verbunden mit und verwurzelt in der Volksbewegung.
ELA war nach dem Zellenprinzip aufgebaut. Der 17N war eine dieser Zellen. Diese Zelle, die für ein höheres Aktionsniveau stand, verließ die Organisation und ging eigene organisatorische Wege. Die „Revolutionäre Organisation 17.Novenber“ war geboren.

17N entschied sich für eine geschlossene und engere Organisation, die sich ausschließlich auf den bewaffneten Kampf konzentrierte und auf einen offenen in den Massenbewegungen arbeitenden Teil verzichtete. Orientiert wurde sich dabei an der Trikontinentale und der Focus- Theorie (der kleine Motor- der bewaffnete Focus, setzt den großen Motor- die revolutionäre Massenbewegung in Gang). Entsprechend ging 17N davon aus, daß Bewußtsein und Organisation durch die Aktion entstehen. Dabei bilden bewaffnete Strukturen und militanter Massenkampf eine Einheit, die den revolutionären Prozess fördern.

Die Organisation umfasste in ihrer Geschichte mehrere Generationen an revolutionären Menschen und Erfahrungen, angefangen bei den Partisanen. Sie arbeitete Zellenbasiert mit einer zentralen Führung.
Die revolutionäre Organisation 17. November versuchte von Anfang an der Volksstimmung gerecht zu werden, die eine Bestrafung der Schuldigen für die Verbrechen der Diktatur verlangte. Dementsprechend waren die ersten drei Aktionen der Organisation die Erschießungen des CIA- Representanten in Griechenland Richard Welch im Dezember 1975, des Juntapolizisten und Folterer Evangelos Mallios ein Jahr später im Dezember 1976, sowie des Polizei- Vize und ehemaligen Junta- Geheimdienstler Pandelis Petrou und seinen Fahrer/ Leibwächter Sotiris Stamoulis im Jahr 1980. Ab Anfang der 1980er konzentrierte 17N sich auf die Erweiterung der Infrastruktur und der eigenen Fähigkeiten. Die bewaffneten Aktionen mit antiimperialistischer und antikapitalistischer Zielsetzung liefen ab 1983 wieder an und verstärkten sich im Laufe der 1980er kontinuierlich. 1990 vervielfachte die Organisation die Schlagzahl ihrer Aktionen erheblich, um im Jahr 1991 mit 17 bewaffneten Angriffen einen Höhepunkt zu erreichen.
Nach dieser sehr verdichteten Praxis und der sich international extrem veränderden Lage (Zusammenbruch der realsozialistischen Staaten) setzte eine Zeit der Reflexion und Überprüfung der eigenen Strategie ein. Einerseits gab es eine beeindruckende Akzeptanz der 17N- Aktionen innerhalb der griechischen Gesellschaft (Umfrage ergaben eine stabile Zustimmung von über 20%). Es entstand eine Art politischer Representanz der Unterklassen. Überall im Land wurde die Organisation und deren Praxis wahrgenommen. Andererseits entstanden daraus weder eine massenhafte Erweiterung der Organisation, noch eine Massenbewegung und autonome Unterstützerstrukturen. Die Organisation schrumpfte aber die Verankerung im Volk nahm zu. Aus der Akzetanz und stabilen Sympathie bei den Armen konnte also kein organisatorisches Kapital geschlagen werden. Erste Zweifel kamen auf an der zu starken Fixierung auf den bewaffneten Focus. Die fehlende langfristige politische Arbeit in den Masse machte sich bemerkbar. Dennoch entschied die Organisation die Fahne weiter hoch zu halten. Die bisherige Strategie wurde beibehalten und nur die Taktik geändert. Das Aktionsniveau wurde bewußt nicht weiter gesteigert und die Schlagzahl der Aktionen verringerte sich wieder.

Am 29.6.2002 explodiert während einer Aktion eine Bombe in den Händen von Savvas Xiros. Der Militante vom 17N wird schwerverletzt verhaftet und im Krankenhaus unter Medikamenteneinfluss gefoltert. In dieser Situation macht er Aussagen, die zu weiteren Verhaftungen führt. Viele der Festgenommenen zeigen Reue und machen weitreichende Aussagen. Die Organisation wird innerhalb weniger Wochen aufgerollt und zerschlagen. Im September taucht Dimitris Koufontinas aus dem Untergrund auf, übernimmt die Veranwortung für die Organisation und verteidigt deren Praxis.
Die Geschichte vom 17N endete an dieser Stelle nach 27 Jahren und über 70 bewaffneten Aktionen.