Brief von Rainer Löhnert vom 23.06.2021

Lieber … ,

mit letzter Kraft schreibe ich an Dich.
Dieses Tempo werde ich nicht mehr lange gehen können. Darum ein Update ans Info.
Der Knast hier und die Spritzen töten mich auf Dauer. Ich finde kein Rezept als auf Knast und Staat zu scheißen und als lawless Typ Anarchist zu sein.
Klar bin ich gegen Faschismus, nur in der Form mit blanker Fratze, das bin ich nicht gewohnt. Da zeigt der Niederrhein seine Sache.
Blut und Boden … Ich sehe mich als Täter, aber auch daraus folgend als Opfer. Heute habe ich das heraus geschrien und wurde ins Zimmer geschickt. Entschuldige mein Verhalten am Telefon.
Jetzt ist es Nacht, die anderen gucken Fußball, ich nicht. Gestern erhielt ich wieder eine Spritze und bin von daher jetzt mit lautem Tinnitus eingesperrt. Ich schaffe das. ACAB
Revolutionäre Geschichte verteidigen. Da gibt es bei mir den Charakter, der rein politisch ist, zu verteidigen.
Mir läuft der Sabber am Kinn herunter, so zugedröhnt bin ich von der Risperdal Injektion.
Meine Rechtsanwältin will an die Anstalt schreiben, wegen der Durchsuchungen.
Sie meint, das wäre nicht täglich nötig. Die Durchsuchungen treffen alle. Ich kann dieses Tempo nicht mehr gehen.
Der Fraß wird immer schlimmer. Man kann es oft nicht fressen, was die bieten. Wurst mit Brei, halbgare Nudeln mit Schinken „Carbonara“. Ha, ha!
Echt total scheiße. Darum habe ich heute auch voll herumgerufen, „alles scheiße hier“.
Ich wurde dann geordert, auf mein Zimmer zu gehen.
Jetzt ist Nachtruhe und ich bin allein in der alten Zelle.
Die Schweine dröhnen mich so zu.
Ich bin und bleibe Anarchist. Jetzt habe ich Nebenwirkungen von der Arznei. Heute Mittag habe ich die Arznei verweigert und erst abends Fisch und Brot mit Salami gegessen.
Schlecht ist mir nicht das male habe ich morgen früh (??) dann durchsuchen sie, während ich weg bin.
Ich muss dringend waschen. Auch müsste ich mir mal Bart und Haare schneiden lassen.
Ich denke, dass Widerstand wichtig ist, aber ich bin irgendwie zu sehr Einzelgänger, als dass ich viele Kontakte habe.
Das Haus, wo ich war, da sitzen Leute, die abgeschoben werden. Da ich aber nicht weiß, wer und wann, bin ich dem Info ein white sheet of paper.
Ich weiß nicht, wer weg ist oder noch geht.
Ich weiß nur, dass R.M. versucht, Leute wegen Bares abzuziehen.
Was mit A., dem Marokkaner ist, weiß ich nicht.
Morgen habe ich (???), ich darf nicht krank werden.
Ich bin noch nicht geimpft. Ich habe eine Spritze in den oberen Arm bekommen.
Ich werde auch stark provoziert; das gefällt mir gar nicht.
Ich tue schon was, kümmere mich um meine Füße und den Pilz oder fege ab und zu die Zelle aus.
Ich tue was, auch dusche ich.
Ich mache keinen Sport mehr und fühle mich ohne Kraft. Gerade mal ein paar Beinübungen mache ich.
Ich habe lange, weiße Haare und einen langen, grauen Bart.
Ich scheiße auf Knast und Staat. Ich hasse das Strafgesetzbuch wegen des für mich willkürlichen Spektakels.
Die Maschine braucht dringend ein neues Farbband.
Wer das wechseln kann, weiß ich nicht. Computer habe ich nirgendwo entdeckt.
Das Putzfrauen – Roulette ist echt Faschingsreif, ich könnte kotzen.
Ist mir echt zu blöd.
Ich zähle weiter auf Dich und das Info. Antifaschistisch und antiimperialistisch. Hoffentlich baut U. mit dem Wissen über mich keinen Scheiß.

Herzliche Grüße, Rainer Löhnert, 23.06.2021