Forensik-Gefangene zum Thema Forensik-Tod

An dieser Stelle veröffentlichen wir Beiträge von Gefangenen aus den forensischen Knästen in Bremen-Ost, Bedburg-Hau und Lippstadt, die sich mit Tod und Zuständen in der Forensik befassen. (Red.)

Gravierende Missstände im Klinikum Bremen-Ost

Anonym

Da der Zeuge der deutschen Sprache insbesondere im schriftlichen nicht mächtig ist, wurde die nachfolgende Aussage protokolliert.

Ich stamme aus Afrika und befinde mich seit 2018 im psychiatrischen MRV gem. § 126a StPO. Dies ist mein erster Psychiatrie/Forensikaufenthalt. Man hat mich in der JVA lediglich aufgrund von Sprachschwierigkeiten als minderbegabt deklariert und in die Forensik verlegt. Zu Anfang erhielt ich schwere Psychopharmaka. Diese wurden dann jedoch durch die gerichtlich bestellte Gutachterin abgesetzt. Diese konnte sich die Vergabe aus medizinischer Sicht nicht erklären. Ich habe sehr unter den Psychopharmaka gelitten.
Die ersten zwei Monate habe ich auf Station 15 A (Aufnahme- und „Krisenbereich“) verbracht. Am ersten Tag wurde ich direkt in einer BEO-Zelle abgesondert, dies ohne Grund; eine privatrechtliche Standardmaßnahme, die gesetzlich nicht gedeckt ist. Ich leide unter starkem Asthma. Asthmaspray und Kortisontabletten wurden mir seitens der Wärter direkt entzogen und dann vorenthalten. In den ersten Tagen erhielt ich weder Asthmaspray noch Kortisontabletten. Erst als ich schwere Atemnot bekam, wurden mir die Medikamente wieder vergeben. Auf St. 15 A herrscht meist Einschluss. Ich erhielt keine Bücher, noch nicht einmal den Koran, genauso wenig wie TV oder Radio. Spirituelle Betreuung durch einen Imam wurde nicht gestellt; existiert in dieser Anstalt generell nicht.
Ende September 2018 wurde ich dann auf St. 15 D verlegt, die Station, in der Ahmet zu Tode kam. Schon am ersten Tag bemerkte ich das negative Klima, welches auf besagter Station herrscht. Insbesondere fielen mir bestimmte Mitarbeiter negativ auf, darunter auch solche, wie ich mittlerweile weiß, die Ahmet zu Tode gebracht haben. Es herrschen auf dieser Station viele Schikanen. Am Anfang kein Leih-TV-Gerät gestellt. Wiederholt wurde mitten in der Nacht, teilweise 2:30 Uhr morgens, als ich schlief, unangekündigt meine Zelle gestürmt. Wiederholt wurde mir zum Vorwurf gemacht, Koransuren über die Musikanlage zu hören, dies finde ich diskriminierend. Dazu passt, dass u.a. der Stationsleiter Andre Mahlstedt mir gegenüber selbst einräumt, dass es sich bei dieser Anstalt „um einen Knast, kein Krankenhaus.“ handelt. Aktuell bedrohte Mahlstedt mich dahingehend. als dass man noch andere Saiten aufziehen werde, sollte ich tatsächlich zu einer geschlossenen Unterbringung verurteilt werden; dann würde man mich „richtig therapieren“. Diverse Wärter machen mir meinen Zwangsaufenthalt zum Vorwurf, da sie für mich Steuern zahlen müssen (als ob ich um eine Internierung gebeten hätte). Dies finde ich erschütternd. Die meisten Wärter sind unfreundlich und respektlos. Hier herrscht viel Willkür und Böswilligkeit. Gericht, Besuchskommission und Landesfachaufsicht unternehmen jedoch nichts.
Besuche meiner Familie und Freunde werden immer wieder verhindert, da das inkompetente Personal zwar die Anmeldung entgegennimmt, diese jedoch manchmal nicht an die Pforte weiterleitet, sodass meine Familie und Freunde dann nicht hereingelassen werden. Generell hat bei U-Haft (§ 126a StPO) die Staatsanwaltschaft und nicht die Anstalt über Besuche und Modalitäten zu entscheiden. Obwohl der Richter entschieden hat, mich ohne Fußfesseln vor Gericht vorzuführen, wird trotzdem jedes Mal Fesselung angelegt, Obwohl ich U-Häftling bin, so darf ich dennoch nur einmal wöchentlich bei einem Imbisslieferanten bestellen. Das Anstaltsessen ist minderwertig und es gibt keine Garantie für Halalzustand.
Dies sind meine Erfahrungen mit dieser Anstalt. Ich habe in diesem Rahmen auch die Wärter dieser und anderer Stationen bzw. Bereiche (Sicherheitsdienst) kennenlernen müssen, die an der Tötung Ahmets beteiligt waren. Ich wusste vorher nicht, was Psychiatrie oder Forensik ist, habe dies nur vom Hörensagen gekannt, und muss sagen, dass es sogar noch schlimmer ist als das, was die Leute draußen so darüber berichten.
Ich wünsche Ahmets Familie viel Kraft und hoffe, dass doch noch Gerechtigkeit hergestellt wird. Alle, die mir bisher über Ahmet erzählt haben, schilderten diesen als netten und gutherzigen Menschen. Er hat den Tod wahrlich nicht verdient. Möge er in Frieden ruhen und möge Allah seiner Seele gnädig sein.
Ich bitte alle darum, sich an dem Kampf gegen die Zwangspsychiatrie zu beteiligen. Was hier gemacht wird, geht gegen jede Menschlichkeit und jedes Menschenrecht.
Abschließend möchte ich an dieser Stelle, auch wenn dies mit dem Fall nichts zu tun hat, insbesondere auch den palästinensischen politischen Gefangenen bzw. all jenen, die für Palästina kämpfen in der BRD und überall auf der Welt, insbesondere in den seitens Israel besetzten Gebieten, meine Solidarität aussprechen – Freiheit für Palästina!

NIEDER MIT DER ZWANGSPSYCHIATRIE


Anonym

Hier in Bremen läuft einiges schief; wir bekommen keinerlei Unterstützung von den Ämtern. Hier wird sogar unser Trinkwasser eingeteilt. Pfleger belauschen uns wie bei der Stasi, es werden Dinge behauptet, die man so nicht gesagt hat. Die wöchentlichen Mittagessenszuteilungen werden falsch geliefert, obwohl man den Bestellschein dafür zuvor korrekt ausgefüllt hat, die Portionen fallen noch dazu zu gering aus. Einige Pfleger sind hier anscheinend überfordert mit der Arbeit. Die Station ist total verdreckt.
Zu Ahmets Tod bleibt zu sagen, dass hier alles weiterläuft als ob nichts geschehen wäre. Es kann nicht sein, dass man zum Opfer gemacht und dabei noch verarscht wird von den Behörden, die eigentlich dafür da sind, uns zu helfen. Das gilt besonders für die korrupte Staatsanwaltschaft, die generell alle Maßnahmen des KBO billigt. Ahmets Todesfall war meiner Meinung nach unterlassene Hilfeleistung, das KBO war für den Tod verantwortlich. Ich bin Zeuge.

AHMET AGIR UNVERGESSEN !


Ein Bekannter von Ahmet berichtet

Anonym

Ich bin bereits seit über zehn Jahren in dieser Forensik (KBO). Kenne Ahmet schon seit Jahren. Zu der Forensik und der Station 15 D muss ich sagen, dass wir unmenschlich behandelt werden; Zwangsmedikation, Schikanen und Demütigungen, Privatrecht etc.
Als der Vorfall passierte, war ich auch auf der Station 15 D. Ich bin immer noch in tiefer Trauer. Er ist viel zu früh von uns gegangen. Ich wünsche der Familie viel Kraft.
Das Problem ist, dass die verantwortlichen Stellen des Landes und der Anstalt weder die damaligen Missstände verhindert haben, noch etwas unternehmen, um die aktuellen Missstände zu beenden. Der Tod von Ahmet bleibt weiterhin ungeahndet; die dafür verantwortlichen Mitarbeiter sind immer noch auf Station und in der Anstalt, werden nicht zur Rechenschaft gezogen.

AHMET – R.I.P. !


Schikanen und Demütigungen im Maßregelvollzug Bremen/Ost

Anonym

Die Schikanen und Demütigungen hier in der Klinik nehmen nicht ab. Selbst nachdem vor fast zwei Jahren diese zu einem tödlichen Zwischenfall geführt haben. Patienten „werden immer noch grundlos abgesondert, ihnen werden immer noch wegen privaten Missfallens oder Neid verschiedener Pflegekräfte Gegenstände aus ihren Patientenzimmern entfernt und die Patienten werden immer noch unter Androhung von Konsequenzen (Lockerungssperre) dazu genötigt, am Patientenfrühstück, an der Morgenrunde bzw. an der Wochenabschlussrunde teilzunehmen. Ist es denn nicht genug, dass am 09.05.2017 – wie gerade schon erwähnt – ein freundlicher, zuvorkommender, gutherziger, junger Mensch wegen einer überforderten und mit sich selbst nicht zufriedenen Pflegekraft aus dem Leben gerissen wurde. Meines Erachtens grenzt es an ein Wunder, dass nach diesem Vorfall noch alle Patienten bis zum heutigen Tag überlebt haben. Eine weitere noch ganz bezeichnende Tatsache ist, dass die Pflegekräfte, welche an der Tötung beteiligt waren, zumindest aus Pietät den anderen Patienten gegenüber nicht auf eine andere Station versetzt oder nicht ganz entlassen wurden.


Wenn der Tod lauert

Manfred – Iceman – Peter, 18. März 2019 / 6. April 2019

Überall wird gestorben, auch in der Forensik. Der Tod lauert überall und er ist gemeingefährlich, schlägt immer und immer wieder gnadenlos zu.
Die forensische Psychiatrie ist nicht dazu gedacht, dass die Insassen sich hier erholen und entfalten könnten, sondern stellt knallhart einen Ort der Entbehrung, Erniedrigung und der Einschränkungen dar. Hier wird Freiheit entzogen und zwar unter den psychologisch unmenschlichsten Bedingungen.
Allgemein gesagt, stelle ich fest, dass die meisten Todesfälle durch Suizid durch eine medikamentöse, oder auch psychologische Fehlbehandlung eingetreten werden. Medikamente wurden früher durch die Anordnung der ärztlichen Bereichsleitung in Überdosierung verabreicht, so dass mehrere Insassen daran starben. In einem Fall ist das Psychiatrieopfer noch am gleichen Tag eingeäschert worden, damit verhindert werden sollte, dass es zu einer behördlichen Obduktion gekommen wäre. Denn dieser Insasse hatte durch die Überdosierungen, trotz bekannter Herzschwäche, einen Herzstillstand bzw. Herzinfarkt erlitten. Ist sowas Mord? In meinen Augen ganz bestimmt! Diese Todesfälle ziehen sich wie ein roter Faden durch die vergangenen 15-20 Jahre, bis in die jüngste Vergangenheit. Erst vor wenigen Wochen, Anfang 2019 verstarb ein Insasse auf Station 15/2 und unser Freund und Kollege „Opa Jupp“ verstarb mit ca. Ende 60 – und er hat so gerne Marihuana geraucht! Allerdings ist er eines natürlichen Todes gestorben, hier an dieser Stelle der kurze Nachruf.
Einige der Suizidopfer hätten vielleicht gerettet werden können, wenn es denn jemanden gegeben hätte, von dem der Suizid bemerkt worden wäre. Wie schon einmal geschrieben wurde, wenn Alarm gedrückt wird, sind die Pflegekräfte innerhalb von 30 Sekunden auf der Station, um einen Insassen auszusondern – wenn jemand bspw. Mit einem kaputten Knie an der Tür nicht drückt, um Hilfe einzufordern, kommt niemand. Der Mitgefangene hatte vier Stunden mit kaputtem Knie warten müssen, bis Hilfe kam. So ist es mit den suizidalen Insassen auch, wäre rechtzeitig regelmäßig ein Durchgang gemacht worden, wäre der Eine oder Andere noch am Leben. So oder so kann es auch in der Forensik keine Totalüberwachung der Insassen geben. Was auch nicht in unserem Interesse ist. Allerdings sollten die Pflegekräfte soviel psychologische Kenntnisse haben und so sensibel sein, dass ein bevorstehender Suizid abgewendet werden könnte. Man darf davon ausgehen, dass die Ärztin in der Forensik einen hippokratischen Eid geleistet haben, der besagt, dass man zum Wohle der Gesundheit der Menschen arbeitet. Man darf eigentlich voraussetzen, dass auch ein Arzt oder eine Ärztin das notwendige Einfühlungsvermögen aufweisen, mit Behinderten bzw. psychisch veränderten Personen adäquat umzugehen. Ein Arzt sollte seine Patienten nicht in den Suizid treiben, sondern sich bemühen, dem kranken Menschen das Leben so zu erleichtern und ihn zu stabilisieren, dass das Leben für den Patienten erträglich wird und eine Suizidrate in diesen Einrichtungen minimiert wird.
Auffallend ist, dass viele Todesopfer in der Psychiatrie früh ihr Leben verlieren. Ich bekomme Schaum vor dem Mund, wenn ich darüber nachdenke, dass die Verantwortlichen für diese vielen Psychiatrietoten nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Aber bekanntlich ist noch nicht aller Tage Abend. Sie werden ihre gerechte Strafe erhalten – früher oder später.

Der Kampf geht weiter!
Macht kaputt, was uns kaputt machen will!


Rainer Loehnert, 24. März 2019

Liebe Genossinnen und Genossen, Grüße aus Bedburghau, ich bin heute nach 17 Tagen Bunkerhaft aus dem Bunker wieder rausgekommen, in ein Doppelzimmer, ich habe ein etwas mulmiges Gefühl, weil ich nicht weiß, ob ich mich schon wieder auf jemanden einstellen muss. Jetzt sitze ich hier am späten Abend euch nochmal schreiben: Gut, dass ihr immer erscheint mit eurem Info! Hier sind während 2015 und 2019 gestorben Prof. Dr. Hohesianie Darr, Muaman Hamouti, Alexander Koch, Frank Till, Alex Hucko, Herr Meyer, Herr Schmidt und Papa Dietrich. Das alles innerhalb von 4 Jahren und aus unterschiedlichen Gründen! Von 2015 bis 2019 in 4 Jahren so viele Tote. Das ich nicht folge dafür sorge ich schon, ich guck genau, ob die Pillen so aussehen wie gewohnt und ich geh raus in den Hof. Der regelmäßige Kontakt und der „freie Himmel“ sind für einen Häftling der reinste Jungbrunnen. 1 Stunde Ausgang sind Gesetz, auf das ein Gefangener ein Recht hat!
Bald kommt ja das neue Info, worauf ich schon gespannt bin! Ich lese das Info seit 1989 als der kollektive Hungerstreik der Gefangenen aus RAF und Widerstand war und in Bonn 30000 Menschen die Freilassung von Günther Sonnenberg und die Zusammenlegung der Gefangenen forderten!
Es gab ja die 3er Gruppe in Celle von Knut Folkerts, Lutz Taufer und K.H. Dellwo und in Brackwede I die 3er Gruppe von Adelheid Schulz und Hanna Krabbe . Die 30.000 Menschen auf der Demo in Bonn forderten Freilassung der Haftunfähigen und zwei große Gruppen aus Guerilla und Widerstand, das war noch vor der Revolte zur Amnestie, wo DDR und BRD zusammengingen und eine Generalamnestie in Santa Fu, Rheinbach und Straubing 1990 gefordert wurde und die Knackis aufs Dach der JVAs gingen. Ja, ja mit 17 Jahren da hat man noch Träume.
Inzwischen sinds 32 Jahre Haft geworden! Leider!
Ich bin am 24.3.2019 nach 17 Tagen Arrest heute um 12:15 Uhr deisoliert worden und jetzt in der Krisenstation im Sicherheitsbereich im Doppelzimmer nun alleine. Morgen kommen Ärzte und Psychologen und dann wird sich vielleicht was tun!
Also nur Mut morgen, inzwischen steht ein Termin beim Landgericht an, am Mittwoch. Aber am Mittwoch werde ich da nicht erscheinen, weil meine Verteidigerin da nicht kann, also Genossen wisst ihr Bescheid!
Ich habe euch vor kurzem (letzte Woche) geschrieben und wollte euch neun, nein die besagten Todesfälle von 2015 bis 2018 hinzufügen!

PS: Wird Zeit das alle Türen offen stehen und alle gehen können und 4 Bulldozer den Bau hier plattwalzen

Also dann, let’s stand strong side by side
Knäste zu Baulücken

Vive l’anarchie!