Aufruf: Die Verteidigung verteidigen

Internationale Plattform gegen Isolation

Weitere Prozesstage zwischen dem 3.-7. Dezember 2018 in Istanbul gegen die AnwältInnen vom „Halkin Hukuk Bürosu“ (Anwaltskanzlei des Volkes)

Nach einer einjährigen Haftzeit standen in einem Komplottverfahren 18 linke AnwältInnen der Anwaltskanzlei „Kanzlei des Volkes“ zwischen dem 10. – 14. September vor Gericht. Vier Tage lang waren sie mehr Ankläger als Angeklagte. Die AnwältInnen waren kämpferisch und standen zu 100% hinter den Prozessen und MandantInnen, die sie verteidigt haben. Sie standen ausschließlich aufgrund ihrer anwaltlichen Tätigkeiten vor Gericht. Was folglich zum Urteil der Haftentlassung führte.
Allerdings wurde dieses Urteil nach nicht mal 8 Stunden wieder aufgehoben, gegen 12 der entlassenen AnwältInnen wurde erneut Haftbefehl erlassen. Aber nicht genug damit. Das gesamte Personal, allen voran die Richter, wurde aus dem Dienst entlassen. Selbst der Gerichtsdiener wurde ausgewechselt.
Am 03. Dezember wird der Prozess unter dem Vorsitz neuer Richter geführt. Ihre Aufgabe besteht offensichtlich darin, den AnwältInnen hohe Haftstrafen zu verpassen.
Wir rufen darum dringendst zu einer Prozessbeobachtung auf. Allein das wache Interesse der internationalen Öffentlichkeit und Solidarität mit den AnwältInnen, kann die Pläne der AKP-Richter und Staatsanwälte durchkreuzen.
Es geht hier vor allem darum, das Recht auf die Verteidigung zu verteidigen. Der AKP geht es vor allem darum, dass es keine kritischen, ihre Pläne durchkreuzenden Fälle mehr gibt.
Denn die Anwälte der „Halkin Hukuk Bürosu“ setzen sich für die unterdrückten, ausgebeuteten, armen Massen ein. Sie setzen sich für die Revolutionäre ein, die gegen den Faschismus und Rechte und Freiheiten kämpfen. Mit diesem Prozess möchte die AKP ein Exempel statuieren.
Es soll keine Anwälte mehr geben, die sich gegen das faschistische System in der Türkei richten.
Sie sollen entweder im Dienste von Drogenbaronen, die im Namen von Großanlegern wie Agoglu arbeiten, stehen. Oder sich um unpolitische Prozesse wie Scheidungsfälle kümmern.

Hier einige Beispiele der Prozesse, für die sich die AnwältInnen eingesetzt haben:

  • Sie setzen sich für die Rechte der Zeitarbeiter ein, die beispielsweise fristlos gekündigt wurden und meistens nicht mal die ihnen zustehende Abfindung bekommen haben.
  • Sie sind Nebenkläger der Familien, deren Angehörige von staatlicher Seite (Polizei/Gendarmerie) ermordet wurden (z.B. Dilek Dogan, Berkin Elvan).
  • Verteidigung der Angehörigen der in Soma und Ermenek zugeschütteten Bergarbeiter. Grund für die Verschüttung war die Vernachlässigung der Aufsichtspflicht des Staates. Die betreibende Bergbaufirma hat sämtliche Sicherheitsvorschriften systematisch unterlaufen, um Kosten zu sparen. Es handelt sich dabei größtenteils um Zeitleiharbeiter von AKP-nahen Firmen. Auch die Bergbaufirma ist eng mit der AKP verbunden.
  • Verteidigung von Widerstand leistenden, vom Dienst suspendierten AKP-kritischen, linken, oppositionellen Beamten, unter anderen Nuriye Gülmen und Semih Özakca.
    Nach dem missglückten Putschversuch 2015 wurden 130.000 Beamte aus dem Dienst suspendiert.
  • Die HHB setzt sich überall für Rechte ein, wo es Ungerechtigkeit gibt.
    Sie haben sich u.a. für die Erdbebenopfer von Van eingesetzt.
  • Verteidigung von Revolutionär*innen, die aufgrund ihres Kampfes gegen Imperialismus und Faschismus inhaftiert wurden.
  • Verteidigung von Student*innen, die wegen ihrer Forderung nach einer kostenlosen, wissenschaftlichen und demokratischen Universität verhaftet wurden.
  • Verteidigung von TAYAD-Mitgliedern (Verein der Angehörigen von Inhaftierten) und KünstlerInnen der Bevölkerung.
  • Sie sind die Anwälte der linken, revolutionären Musikgruppe Grup Yorum, die ein Millionenpublikum erreichen.
  • Vertretung von Angehörigen, die im Kampf gegen die staatlich unterstützten und beschützen Drogenbarone ermordet wurden, z.B. Hasan Ferit Gedik.
  • Sie verteidigen die Bevölkerung der Armenviertel, die im Rahmen der Gentrifizierung ihrer Wohnungen beraubt werden sollen.

Damit das Recht auf Verteidigung, was ein fundamentales Menschenrecht ist, nicht ausgeschaltet werden kann, ist es enorm wichtig eine Prozessbeobachtung zu machen.
Es geht darum, dem AKP-Faschismus auf die Finger zu schauen und Öffentlichkeit herzustellen.
Für Unterkunft kann gesorgt werden. Die ProzessbeobachterInnen werden von den noch wenigen freien oder neu hinzu gestoßenen Anwälten betreut.