Aus einem Brief von Rainer Loehnert

Aus einem Brief von Rainer Loehnert

Ich bin schon gespannt auf das nächste Gefangenen Info (GI)! Gut, dass die migrantischen Gefangenen, die wegen §129 b inhaftiert sind, auch im GI zu Wort kommen. Ich kann mich noch an das Info in den frühen Neunzigern mit Christiane Schneider von der damaligen PDS erinnern, mit der ich sogar telefonierte nach Hamburg, wo sich damals die Redaktion befand.
Ich kann mich auch noch an die Worte der Gefangenen aus der Guerilla erinnern, Christian Klar und Eva Haule, das war 2001 zu Zeiten des Todesfastens in der Türkei, da war ich noch in Eickelborn. Meine Haft ist eng verbunden mit dem GI und dem Verein Freiabonnement in Berlin.
Die RAF hat mit neun kollektiven Hungerstreiks echt Gegenmacht aufgebaut, zweimal hab ich mich im Hungerstreik (HS) befunden. Auch zu Jose Manuell Sevillano von der GRAPO1, da hab ich neun Tage nichts gefressen aus Solidarität, das würde ich heute nicht mehr schaffen. Dann das zweite Mal beim Solidaritätshungerstreik mit den Gefangenen in der Türkei gegen die Einführung der F-Typ Gefängnisse habe ich 11 Tage nix gefressen, dass brachte mir viel Vertrauen bei den türkischen Patienten ein.
So vergehen die Knastjahre und der eine und andere kommt frei und andere müssen weiter sitzen. Wegen Gesetzen, die teilweise noch aus der Nazizeit stammen und Gesetzen von heute, die alle nicht meine sind! Von solch einer Justiz lasse ich mich auch nicht beugen!!!
Ich lese gerade von Martin Guevara, dem Bruder von Che, über Haft während der Diktatur in Argentinien.
Leonard Peltier hat gesagt: „Ich habe eine Vergangenheit und ich habe eine Zukunft, die Gegenwart wird mir entzogen.“ Das finde ich auch für mich zutreffend, denn das ist so, wie die RAF bei der Auflösung sagte, die Revolution sagt, ich war, ich bin, ich werde sein.
1998 versuchte ich auch klar zu bekommen wo ich stehe. Ich bin Anarchist und Antiimperialist und Kommandoaktionen sind richtig!
Wir kennen uns jetzt auch (persönlich) schon seit zwei Jahren.
In Laufe meiner Haftzeit von bald 32 Jahren sind endlich Marco Camenisch und Gabriel Pomba da Silva aus der Haft entlassen worden. Sie haben trotz aller Folter und Repression ihre revolutionäre Geschichte verteidigt.
Ich möchte den Brief beenden und dir Dank sagen für deine solidarische Haltung!
In meiner Sache, mal sehen, wohin mich der Weg noch bringt.
Ich hoffe den hier kalten Winter gut zu überstehen.

Anarchistische Grüße
Rainer

Rainer Loehnert
Bahnstraße 6
47551 Bedburg Hau

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[1] Jose Manuell Sevillano wurde 1990 nach 177 Tagen HS vom spanischen Staat ermordet. Gefangene aus der GRAPO (Bewaffnete Revolutionäre Gruppen des 1. Oktober) und PCE(r) (Kommunistische Partei Spaniens [wiederaufgebaut]) kämpften 1989/1990 in einem lang andauernden HS vergeblich gegen die Zerschlagung ihrer Kollektive.