Dokumentiert: bericht zu isolation, unterdrückung und sexismus im knast

Waltraud Liewald war von 1976 bis 1987 in Wien eingesperrt. Sie ist eine ehemalige Militane der RAF.

Wien, 12.2.1980 Waltraud Liewald

nachdem die frau, mit der ich monatelang tennis gespielt hatte, (auch sie war deshalb repressionen ausgesetzt, die sich aber im vergleich zu den letzten erfahrungen wie „harmlose“ sticheleien ausnehmen) kurz vor weihnachten entlassen worden·war und da ich mir den zu weihnachten und silvester allgemein üblichen zusammenschluß mit ner anderen frau, -für die gefangenen die in einzelhaft sind – nicht entgehen lassen wollte, habe ich bei der direktion klar machen lassen, dass ich mit einer frau, die auch in der wöchentlichen gesprächsgruppe war, zu weihnachten zusammengeschlossen werden will. außerdem·wollte ich mit derselben frau tennis spielen.

dazu muß gesagt werden, dass die frau als „eingefleischt lesbisch“ und unter entsprechenden bedingungen auch als militant bekannt ist.

das tennis spielen mit ihr wurde von vornherein verweigert (es war das erste mal, dass sie hier ne gezielte kontaktsperre ohne vordergründigen anlaß durchsetzen wollten) und auch mit dem zusammenschluß war zunächst nichts drin. begründung gab‘s natürlich keine. aber die wachtel, die mir das mitteilte, meinte mit der sprichwörtlichen und hinterhältigen scheißfreundlichkeit, die die justizb. mitunter hier so drauf haben, ich könne mich mit jeder anderen frau zusammenschließen lassen bzw. tennis spielen, eben nur nicht mit dieser. weil ich es aber genau wissen wollte, habe ich die wachtel deshalb nochmal angemacht und ihr erklärt, dass unter der bedingung, dass die frau zu mir in die zelle kommen kann ruhig noch weitere frauen 8zusammen mit ihr) kommen könnten, weil es ja wohl klar sei, dass die kontaktsperre deshalb laufen würde, weil die frau lesbisch ist. darauf sind sie nicht eingestiegen und ich bekam die entlarvende antwort: „das hat nichts mit ihnen oder lesbisch zu tun sondern mit der …“ (gemeint war die frau). gleichzeitig wurden andere frauen angesprochen, ob sie bereit seien sich zu weihnachten mit mir zusammenschließen zu lassen, was sie auch waren. während versucht wurde mich dazu zu überreden darauf einzugehen. da ich allerdings der alibifunktion, die meine spärlichen kontakte zu gefangenen haben sollen, keinen vorschub leiste und grundsätzlich meine kontaktpersonen, soweit als möglich, selbst bestimme und nicht zuletzt auch deshalb, weil ich mich nicht für die besondere unterdrückung von lesben, bei gleichzeitiger tabuisierung von sexualität, hergebe, habe ich es rundweg abgelehnt mich mit einer oder mehrerer anderen frauen zusammenschließen zu lassen und erklärt, dass ich unter diesen bedingungen auch zu weihnachten total isoliert bleibe.
am nächsten tag (24.12.) gegen 11°° kam dann ne unerwartete taktische wendung. henkel (anstaltsleiter) und böhm vom kommando stellten sich bei mir in der zelle ein. und meinten, sie hätten mit der frau gerade gesprochen und ich könnte den zusammenschluß haben. aber nicht nur das, sondern wenn wir wollen, könnte sie, soweit es mit ihrer arbeit zu vereinbaren ist, auch nach weihnachten mit mir zusammengeschlossen werden. sie käme gleich hoch und würde während der feiertage (also auch über nacht) in meiner zelle bleiben. am 31.12. könnte dann das gleiche laufen. und henkel wörtlich „wenn sie sie brauchen“ sagen sie bescheid. er war nicht in der lage mich anzusehen, als er das sagte, schaute auf den boden, weil dieser spruch eindeutig eine anspielung auf ne sexuelle beziehung war, was ja durch die situation hier noch ne besondere doppelbödigkeit zum ausdruck bringt. ich war allerdings momentan unfähig dementsprechend darauf zu reagieren.
es war wohlgemerkt zuvor nie die rede davon gewesen, dass die frau in meiner zelle auch übernachtet bzw. ich länger als ein paar stunden zusammenschluß mit ihr bekommen könnte, weil wir davon ausgehen mußten, dass diese möglichkeit nicht besteht, denn derartiges war bisher noch nie bewilligt worden und selbst stundenweiser wöchentlicher zusammenschluß mit ner anderen frau war bisher nicht drin. die initiative kam also von der justiz. der zweck dieser plötzlichen „sinneswandlung“ wird allerdings durch den weiteren ablauf klar. zwischen dem 24.12.79 und dem 3.2.80 war ich insgesamt 17 tage mit der frau zusammengeschlossen (nach den feiertagen jeweils an den wochenenden) wobei sie vormittags von 7°° bis 11°° arbeiten gehen mußte. in der ersten januarwoche hatte ich (über die bereits mündliche bewilligung zum zusammenschluß hinaus) beantragt die frau mit mir zusammenzulegen, was ich damit begründet habe, dass ich jetzt bereits seit mehr als einem jahr täglich 23 std. totalisoliert bin, bzw. ging es dabei um den zusammenschluß an den wochenenden. vordergründig ist die zusammenlegung deshalb nicht bewilligt worden, weil die frau arbeiten mußte. die einzige mehrbelastung für die schließerinnen wäre allerdings gewesen, meine zellentür einmal täglich mehr als üblich aufzuschließen, um die frau zur arbeit zu holen, was an den wochenenden sowieso laufen mußte. da hier alle frauen arbeiten, ist dadurch noch mal offen geworden, dass es anteil des zerstörungs- und gehirnwäscheprogramms ist, mich (illegal) in einzelhaft zu halten.
bereits nach den ersten tagen zusammenschluß wurde ich verschärft beobachtet. teilweise liefen die sichtkontrollen ab 16°° ungefähr alle 60 minuten. nachts wurde das licht oft sekundenlang angemacht. in der ersten januarwoche hatte ich mal wieder einzelduschen. neu ist seitdem, dass sich ne wachtel während des duschens direkt vor dem duschraum postiert. während sie gegenüber der frau und auch am anfang gegenüber anderen gefangenen den terror voll aufgedreht haben.
die justizb. gingen allgemein ihr gegenüber auf distanz. sowie irgendwas im zusammenhang mit mir war, fiel die klappe.
die frau war in ner gemeinschaftszelle mit 9 (!) weiteren frauen zusammengepfercht. zunächst gab‘s nen „rundschlag“ in der zelle. die b. rissen bilder von den wänden, stellten schränke und betten um. so, dass ihr bett direkt vor dem spion war. auch hier wurde also die kontrolle verschärft und sexuelle beziehungen sollten verstärkt unterdrückt werden. die frauen wurden ziemlich mies angemacht, weil sie angeblich zu laut wären, nachts nicht schlafen würden etc., dazu kam mehrfach die drohung, dass verlegungen (in einen anderen knast) unmittelbar bevorstünden und dass „unbequeme“ gefangene verlegt würden. verlegungsbedrohungen wurden gegenüber der frau während der ganzen zeit von unterschiedlichen wachteln gebracht. und zwar so, dass es unklar blieb, ob sie verlegt werden sollte. es war für alle frauen offen, dass der terror direkt mit dem zusammenschluß zusammenhing. aber die beabsichtigte wirkung, aggressionen der anderen gefangenen gegen die frau und auch mich zu lenken, zu spalten bzw. die frauen wesentlich einzuschüchtern, blieb aus. nachdem ihnen diese taktik nichts gebracht hatte, im gegenteil, konzentrierten sie ihre provokationen im wesentlichen auf die frau, die zu mir in die zelle kam, während sie mir gegenüber ihre schleimscheißereien fortsetzten. plötzlich kontrollierten sie vor und nach jedem besuch und vor dem weg zur oder von der arbeit die taschen. sog. „erleichterungen“ wie z.b. der besitz von nagelfeile und hautschere wurden ihr begründungslos gestrichen. es wurde versucht sie zu verunsichern und unter druck zu setzen, indem sie von ner wachtel davor „gewarnt“ wurde, dass „freunde“ von mir an sie herantreten könnten, wenn sie rauskommt. eine schließerin versuchte sie auf die betont lockere tour in ein gespräch über politik zu verwickeln. besonders dann, wenn sie aus meiner zelle kam wurden im zusammenhang mit ihrem aussehen (müdigkeit etc.) sexistische anspielungen gemacht. z.b. sie würde doch nicht etwa „von der … schwanger werden“. sie waren sehr scharf darauf herauszubekommen, ob zwischen der frau und mir sexuell etwas lief. so ist es 2-3 mal passiert, dass ne schließerin morgens, nachdem sie die frau zur arbeit geholt hatten, die bereits schon wieder geschlossene zellentür nochmal kurz danach aufgemacht hat, um festzustellen, wer in welchem bett geschlafen hatte. (es gibt 3 betten in der zelle. 2 stehen dicht nebeneinander und ein weiteres ein ganzes stück entfernt).
als das alles nicht fruchtete haben sie‘s zwischendurch auch auf die weiche tour versucht, und nen kleinen test gestartet. eine frau, die auch ihr kind hier bei sich hat, hatte starke depressionen und wollte sich und ihr kind umbringen. sie liegt im spitalstrakt in dem noch weitere frauen sind, war also nicht alleine. ausgerechnet die frau, die den zusammenschluß mit mir hat, wurde angesprochen, ob sie nicht „aus humanitären gründen“ zunächst für eine nacht bereit sei bei der selbstmordgefährdeten frau zu verbringen, das war donnerstags. wegen der gefangenen und aus anderen gründen, allerdings nicht um der justiz einen gefallen zu tun, ging die frau darauf ein. am nachmittag, noch während die gesprächsgruppe lief, wurde sie vor ende aus der gruppe geholt. die wachtel behauptete, sie müsse jetzt sofort zu ihrem „rendezvouz“, was eindeutig ne gezielte maßnahme war, da es dafür keinen realistischen grund gab. am nächsten tag war dann endgültig klar, dass es sich bei diesen scheinbar „humanitären“ erwägungen um ne falle handelte, die miese situation ner gefangenen dazu benutzt werden sollte, um abzuchecken, wie ich auf ne (zumindest) reduzierung des kontaktes mit der frau reagieren würde und ob es drin ist, das über mein solidarisches verhältnis zu den gefangenen durchzusetzen, mich damit auszutricksen. am nächsten tag (freitag/18.1.) kam böhm (kommandant) zu mir in die zelle und fragte an, ob ich „verständnis“ dafür hätte, wenn die frau am kommenden wochenende nicht zu mir hochkäme. es sei ja noch nicht sicher, ob sie noch ein paar tage wegen der anderen frau im spital bleiben müsse. aber sie hätte „ihre sache so gut gemacht“. ich würde ja sicherlich begreifen, dass der frau mit dem kind geholfen werden müsse und man könne ja vielleicht die frau während der woche ein paar stunden mit mir zusammenschließen. ich habe ihn ziemlich sauer und aggressiv angemacht, dass ich derartiges natürlich ganz eindeutig auf mich beziehe und es doch sehr merkwürdig wäre, dass ausgerechnet die frau … im spital gebraucht würde, wo die frau mit dem kind sowieso nicht alleine in der zelle sei und es hier noch 20 andere gefangene gäbe, die theoretisch die funktion von der frau … übernehmen könnten. ich hätte zwar verständnis für die unterstützung von gefangenen, aber nicht dafür, dass darüber meine isolation wieder verschärft werden soll. ich sei schließlich seit mehr als einem jahr 23 std. am tag in totalisolation und dafür hätte ich überhaupt kein verständnis. im übrigen hätte ich ja ohnehin berücksichtigt, dass die frau wegen ihrem job nicht ganz zu mir hochgelegt werden könnte und deshalb könne ich mir auch nicht ohne weiteres vorstellen, dass es möglich sei, die frau an den wochentagen einige stunden mit mir zusammenzuschließen. wie er sich das konkret vorstellen würde? daraufhin konnte er natürlich keinen vorschlag machen. und laberte mich an, dass ich das alles falsch sehen würde, wenn ich das auf mich beziehe. ich solle das „von der menschlichen warte her“ betrachten. außerdem drohte er damit, dass es ja ein entgegenkommen der anstalt sei, dass ich den zusammenschluß hätte „wir brauchen das ja nicht zu machen“. die drohung habe ich völlig ignoriert, auch den spruch, dass die frau „sowieso bald entlassen“ wird, neben einigem bla bla kam dann noch ein köder. er hätte angeblich die sache „mit dem chef“ (henkel) besprochen und der hätte sogar den vorschlag gemacht mich zu fragen, ob ich mich um die frau mit dem kind kümmern will. daran könnte ich sehen, was für „eine gute meinung“ man von mir habe. aber er (böhm) hätte davon abgeraten, weil ich ja „zu lesen und zu schreiben“ hätte, mir die zeit dazu fehlen würde. ich könnte ihm glauben, dass mein eindruck falsch sei. auch darauf bin ich nicht eingestiegen (außerdem war das völlig unrealistisch, weil sie das bei ihren besonderen „sicherheitsvorkehrungen“ gegen mich garnicht hätten machen können). ich habe dann nochmal im prinzip das gleiche gebracht wie schon zuvor, auf meinen standpunkt bestanden und erklärt, dass ich „meine einschätzungen selbst leiste“. er brachte dann nochmal nen halbherzigen spruch, dass er mich nicht belügen würde (erfahrungsgemäß ein schlechter witz) und ja alles noch nicht sicher sei. dann war er draußen. die auseinandersetzung war am morgen gelaufen. mittags kurz nach 13°° kam er wieder und meinte ich könnte den zusammenschluß wie bisher haben. „damit sie nicht denken, dass ich sie nicht mag“. er hätte sich quasi die beine ausgerissen, damit er ne andere frau findet die zum wochenende ins spital geht. und „die … hat uns sehr geholfen.“ von der auseinandersetzung habe ich jetzt hier nur das wichtigste wiedergegeben, sie lief insgesamt ca. 15 bis 20 min.
in der folgenden woche ging‘s dann „lustig“ auf die alte weise weiter. bzw. es war sogar ne weitere verschärfung festzustellen. nachdem am 20.1. in wien ein anschlag auf ein magistratsgebäude gelaufen war (bei dem auch geld und stempel abhanden gekommen seien sollen) und bei dem u.a. „freiheit für waltraud …“ auf ne wand gesprüht worden war (waltraud mit dt geschrieben) schwenkte die weiche welle (mir gegenüber) bei einigen b. in aggressive ablehnung um und auch die frau bekam die auswirkung direkt zu spüren. am 21.1. mittags gebe ich ner schließerin (volaschin) eine plastiktüte mit einigen sachen (verteidigerpost, amtlichen papieren, geschirr, gekochten eiern, zigaretten etc.) mit dem auftrag sie der frau zu geben, weil das ihre sachen wären. nach einer weile kommt ne schließerin (fürbacher), bringt mir den leeren plastikbeutel zurück und legt mir einen briefumschlag auf den tisch. meint ich hätte mich „geirrt“, das da würde mir gehören und war auch schon wieder draußen. bevor ich was sagen konnte. in dem umschlag war ne packung zigaretten aus der plastiktüte. später beim hofgang erzählt mir b. sobotka (das ist die sog. „stockchefin“, die oberwachtel, die die schließerinnen befehligt) hätte sie äußerst mies und aggressiv angemacht, (so, dass sich b. am tisch festhalten mußte, um nicht die kontrolle zu verlieren) sämtliche sachen aus der tüte ausgeräumt. ihr die verteidigerpost einschließlich kopie, die sie bei mir in der zelle geschrieben hatte, weggenommen „das muß erst abgezeichnet werden“ (was natürlich illegal war). und sie könne sich keine zigaretten von mir geben lassen. außerdem wären die eier auch von meiner zusatznahrung (was nicht gestimmt hat). im übrigen könnte sie ab jetzt nichts mehr mit in meine zelle nehmen. in den nächsten tagen gab‘s dann nochmal ne besondere erniedrigung und demütigung. sobotka wollte irgendwas von ihr. wußte, dass sich die frau gerade in der gemeinschaftszelle auf dem klo befand. ging in die zelle, schob den klovorhang beiseite, so dass auch die anderen gefangenen, die gerade im raum waren, b. gut auf dem klo sitzen sehen konnten, und laberte sie an. auf b‘s aufforderung, sie solle gefälligst den vorhang zumachen etc. reagierte sie mit dem spruch „ihr geht ja auch zusammen duschen und da macht das ja auch nichts“. (oder klarer: ein tier hat keinen anspruch auf menschenwürde!)
b. hatte anfang januar 3 tage sog. „ausgang“ beantragt. (das ist hier ab 6 wochen vor der entlassung zwecks job- und wohnungssuche möglich) normalerweise erfahren die gefangenen ein paar tage vor dem ausgang den termin, um sich darauf einstellen zu können. b. nicht. die wachteln machten lediglich widersprüchliche aussagen darüber, ob sie den „ausgang“ überhaupt bekommt oder nicht, bemühten sich, die situation möglichst undurchsichtig zu gestalten. Am 28. und 29.1. wurde sie unter verschiedenen vorwänden von mir isoliert d.h. konnte den hofgang nicht mit mir zusammen machen. am 30.1. morgens sagte ihr sobotka, sie solle ihre gesamten sachen zusammenpacken. gab ihr aber zunächst keine auskunft darüber, ob sie den ausgang hat, oder zwangsweise verlegt werden soll. (wir mußten während der ganzen zeit davon ausgehen, dass ne zwangsverlegung theoretisch jederzeit drin ist). unter dem vorwand, sie solle sich plastiktüten für ihre sachen suchen wurde sie von sobotka in den sog. freizeitraum gelockt, der am selben stock liegt. sowie sie drin war knallte die wachtel die tür schnell zu und sperrte sie ein. ohne, dass sie wußte was die b. jetzt vorhaben, mußte sie länger als eine stunde in dem loch verbringen. während die b. genauestens ihre sachen durchsuchten, wobei sie anscheindend besonders auf schriftmaterial scharf waren, ihre gesamte post zumindest überlesen haben müssen. denn als sie aus der zelle wieder herausgelassen wurde und ihre sachen zurückbekam, fehlten einige ihrer briefe. dabei auch ein leerer briefumschlag der lediglich mit ner adresse beschriftet war. (die fehlende post hat sie möglicherweise bis heute teilweise nicht zurück bekommen.) erst dann haben sie ihr gesagt, dass sie jetzt den ausgang hätte. ab 2.2. mittags, 2 std. nachdem sie vom ausgang zurück war, hatten wir dann noch mal zusammenschluß über‘s wochenende. bis einschließlich 4.2. lief die weiche welle, alles schien „normal“ zu sein. und es gab keine besonderen schwierigkeiten.
auch am 5.2. war zunächst alles ok. als sie kurz nach 14°° von der arbeit zurückkam, mußten alle anderen gefangenen die zelle verlassen und in einen anderen raum bzw. auf den hof gehen, wobei der hofgang für die frauen aus ihrer zelle, die normalerweise mit mir den hofgang haben, vorgezogen wurde, so dass ich an dem tag keine kontaktmöglichkeit zu ihnen hatte. sobotka tauchte bei b. in der zelle mit 2 männlichen b. als verstärkung auf und forderte b. auf ihre sachen zu packen und sich umzuziehen. sie würde „ins 2-er (das ist der andere frauenknast im landesgericht II/wien) verlegt“. b. weigerte sich. es gab ne heftige verbale auseinandersetzung zwischen den b., wechselnden wachteln und ihr. ich konnte die frau (und auch die b.) bis in meine zelle (die einen stock höher liegt) und bei geschlossenem fenster schreien hören. angeblich soll sie verlangt haben mit jemandem aus der direktion zu sprechen, denn es war klar, dass die direktion um diese zeit noch besetzt war. das wurde ihr ohne begründung verweigert. auch behaupteten die b., den grund für die zwangsverlegung nicht zu wissen. als b. sie anmachte, dass die zwangsverlegung wegen mir sei, haben sie das natürlich entschieden bestritten. sie muss dann noch gebracht haben, dass man das auch mit gefangenen nicht machen könne, erst ne freundschaft fördern, um dann sowas durchzuziehen. und dass sie das und alles andere, was noch so gelaufen ist, an die öffentlichkeit bringen wird. während die b. ihr zwischendurch immer wieder einzureden versuchten, dass die zwangsverlegung ja überhaupt nichts mit mir zu tun hätte und die beiden männlichen b.macker ja nicht wegen ihr da wären, sondern nur „zufällig“, weil ich ne vorführung hätte (was nicht stimmte). außerdem war den b. klar, dass es mit der frau möglicherweise auch zu ner körperlichen auseinandersetzung kommen konnte und sie in dem fall nicht gerade schwächlich gewesen wäre. deshalb haben sie während der auseinandersetzung weitere verstärkung vom kommando angefordert. b. muß dann ihre klamotten doch alleine angezogen haben. und wahrscheinlich ist‘s dann so gelaufen, dass ne wachtel ihre sachen zusammen gepackt hat. ne andere gefangene mußte die sachen zum transportwagen tragen. sie ist dann wohl mit den beiden b. und ner wachtel (fürbacher) in den innenhof gegangen in dem der wagen stand. auf dem hof hat sie sich dann geweigert auch nur einen schritt weiter zu gehen und die b.verstärkung (2 mann) kam noch zusätzlich. das waren dann im ganzen 4 männliche b. und die wachtel. die b. haben sie dann am arm gefasst und in den wagen gezogen. neben der üblichen wachtel fuhr 1 bulle (männlich) mit, was ne sondermaßnahme war. die zwangsverlegung lief 9 tage vor ihrer voraussichtlichen entlassung. als nach der scheinbaren lockerung der folter, der terror gegen die frau anfing war klar, dass es sich um provokationen handelte, die eine äußere legitimation für die rücknahme der kontaktgenehmigung hergeben sollten. darüber hinaus sollte damit die verhinderung von kommunikation und sozialer interaktion mit anderen gefangenen abgesichert werden. unter der prämisse, man hätte ja „guten willen“ gezeigt, aber die situation sei von den gefangenen „selbst verschuldet“ sollte die propagandistische lüge, dass die politischen gefangenen integriert werden sollen oder sind, gestützt werden.
abgesehen davon, dass der zusammenschluß so lange wie möglich aufrecht erhalten werden sollte, ging es darum, konkret festzumachen, dass tatsächlich keine verbesserung sondern eine verschärfung der bedingungen eingetreten ist, d.h. dass gezielte kontaktsperren mit mir nicht erst dann angewendet werden, wenn gefangene beginnen sich zu politisieren oder ihr bisheriges verhalten zu verändern, sondern bereits dann, wenn es sich um gefangene handelt bei denen diese möglichkeit nach einschätzung von b. und justiz bestehen könnte. die tatsache, dass es für die zwangsverlegung keinen vorwand gab, trotzdem sie keine möglichkeit ausgelassen haben um einen vorwand zu provozieren und bei der frau davon ausgehen mußten, dass dies hier besonders leicht ist, hat das offen gemacht.
allerdings hätte die taktik, keinen vorwand zu geben, angesichts des terrors, der unterdrückung und demütigung nicht länger aufrecht erhalten werden können und sie wäre auch nicht länger vertretbar gewesen.
dem verschärften vorgehen gegen die gefangenen – der immer weitergehenden durchsetzung von „modell deutschland“ – entspricht es auch, dass der anschlag vom 20.1. dazu benutzt wurde um hier ne folterverschärfung durchzusetzen.
am 19.1. gegen mittag ging das radio plötzlich nicht mehr (zellenlautsprecher). es stellte sich heraus, dass das radio im gesamten spitalstrakt nicht ging. die b. behaupteten, dass es nicht möglich sei über‘s wochenende ne reparatur zu machen. angeblich würde der defekt am 21.1. behoben.
am 20.1. um 21°° kam dann die erste meldung über den anschlag durch den äther. die nachrichten wurden im gesamten knast abgedreht. am 21.1. ab 16°° funktionierte der radioempfang in den anderen zellen wieder. mir tischte ne schließerin (fürbacher) die lüge auf, dass eine elektrofirma installationen vornehme und der hauselektriker nicht in der lage sei, die zellenlautsprecher zu reparieren. angeblich könne man im gesamten frauentrakt kein radio empfangen, wann dieser zustand behoben wird – wäre nicht abzusehen. es war allerdings keine schwierigkeit festzustellen, dass die lautsprecher in den anderen zellen wieder funktionierten und der lautsprecher bei mir nur abgeschaltet war. das ist durch die vibration des lautsprechers und akustisch durch die zellenfenster mit sicherheit möglich. ich hab ne beschwerde gemacht und am 22.1. mich bei sobotka mündlich beschwert. sie tischte mir ebenfalls die elektrikerstory auf. als ich ihr sage, sie solle mich nicht anlügen, ich könne beweisen, dass die anderen lautsprecher funktionieren, außerdem hätte ich mit den anderen gefangenen gesprochen, die mir das bestätigt haben, lügt sie permanent weiter und meint u.a., dass sie davon nichts wüßte, mich nicht belügen würde. wenn das so wäre, dann sei sie belogen worden. sie versucht mir noch einzureden, dass ich mich irre und falsche informationen bekommen hätte. ich sage ihr noch u.a., ich hätte sowieso schon ne beschwerde gemacht. ne halbe std. später 16°° funktioniert der lautsprecher plötzlich. und am nächsten morgen kommt mazi und erkundigt sich, ob jetzt alles in ordnung wäre, die beschwerde gegenstandslos ist. seit dem 20.1. und in den folgenden tagen war auch ne verstärkung der sichtkontrollen zu beobachten.
seit der kontaktsperre, die unmittelbar nachdem ich hochgegangen war 2 monate lief, hatten sie mir das radio das erste mal wieder abgestellt. selbst während der aktionen der RAF 1977 war das nicht gelaufen, was darauf hindeutet, dass sie auch hier äußere anlässe vermehrt dazu benutzen, um gegen uns vorzugehen.
die kontrollen meiner besucher werden auch immer repressiver. so ist eine frau vom INTER-RUK der besuch bei mir verweigert worden, weil sie sich geweigert hat, bei der obligatorischen abfummelei vorm besuch, ihre mütze abzusetzen und die stiefel auszuziehen.

gegen die potenzierung der vernichtungsstrategie gegen die politischen gefangenen kann es nur unseren kollektiven widerstand geben!